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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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einem treuen alten Diener, der inzwischen gestorben ist, hat kein Mensch je darum gewußt. Plötzlich erfahrt Small, daß der Major auf dem Totenbett liegt. Von wilder Angst gepackt, der Major möchte das Geheimnis des Schatzes mit sich ins Grab nehmen, setzt er sich der Gefahr aus, von den Wächtern ertappt zu werden, schlägt sich bis unter das Fenster des Sterbenden durch, und nur die Anwesenheit der beiden Söhne hält ihn davon ab, ins Zimmer einzudringen. Von einem wahnsinnigen Haß gegen den inzwischen gestorbenen Mann getrieben, steigt er indessen in der darauffolgenden Nacht in dessen Zimmer ein, durchwühlt seine Privatpapiere, in der Hoffnung, irgendeine Notiz im Zusammenhang mit dem Schatz zu entdecken, und hinterläßt schließlich als Zeugnis seines Besuches jenen Zettel mit der lakonischen Inschrift. Zweifellos hatte er schon im voraus geplant, für den Fall, daß er den Major erschlagen sollte, ein Dokument dieser Art auf der Leiche zu hinterlassen, zum Zeichen, daß es sich nicht um einen gewöhnlichen Mord handle, sondern, vom Standpunkt der vier Genossen aus, um etwas wie einen Akt der Gerechtigkeit. In den Annalen des Verbrechens finden sich genug Beispiele von verworrenen und abwegigen Ideen dieser Art, und in den meisten Fällen liefern sie wertvolle Hinweise auf den Verbrecher. Können Sie mir soweit folgen?«
    »Aber gewiß.«
    »Nun, was sollte Jonathan Small tun? Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Anstrengungen der Erben, den Schatz zu finden, weiterhin von sicherer Warte aus zu verfolgen. Vermutlich verließ er England und kehrte lediglich von Zeit zu Zeit hierher zurück. Dann folgt die Entdeckung der Dachkammer, von der er unverzüglich Kenntnis erhält. Das deutet erneut auf die Existenz eines Helfershelfers im Hause hin. Mit seinem Holzbein ist Jonathan völlig außerstande, in die hochgelegene Kammer Bartholomew Sholtos zu gelangen. Er nimmt indessen einen recht sonderbaren Verbündeten mit, der diese Schwierigkeit wohl überwindet, jedoch mit dem Fuß in das Kreosot tritt, und das Ganze läuft schließlich auf Toby und einen Sechs-Meilen-Humpelmarsch für einen Offizier auf halbem Sold mit ramponierter
tendo Achillis
26 hinaus.«
    »Aber es war der Verbündete, nicht Jonathan, der das Verbrechen begangen hat.«
    »Ganz recht. Und zwar sehr zu Jonathans Mißfallen, der Art nach zu urteilen, wie er im Zimmer herumgestapft ist, nachdem er einmal drin war. Er hegte keinen Groll gegenüber Bartholomew Sholto, und es wäre ihm lieber gewesen, ihn lediglich zu fesseln und zu knebeln. Er hatte kein Verlangen danach, sich seinen eigenen Strick zu drehen. Aber es ließ sich nun einmal nichts mehr ändern; die wilden Instinkte seines Komplizen waren mit ihm durchgegangen, und das Gift hatte bereits seine Wirkung getan. Small hinterlegte also seine Visitenkarte, ließ die Schatztruhe in den Garten hinunter und folgte ihr dann selbst. So muß die Abfolge der Ereignisse gewesen sein, soweit ich sie entschlüsseln kann. Was nun Smalls äußere Erscheinung betrifft, so muß er doch wohl von mittlerem Alter und sonnenverbrannt sein, wenn er jahrelang in der Gluthitze der Andamanen interniert war. Seine Größe habe ich überschlagsmäßig errechnet, anhand seiner Schrittlänge, und daß er einen Bart trägt, wissen wir von Thaddeus Sholto. Das zugewachsene Gesicht war das einzige Merkmal, das sich ihm eingeprägt hat, als er ihn damals am Fenster erblickte. Ich glaube, damit hätten wir alles.«
    »Der Komplize?«
    »Nun, da steckt ebenfalls kein großes Geheimnis dahinter. Aber Sie werden bald genug über all das Bescheid wissen. Wie süß doch die Morgenluft ist! Sehen Sie jene einzelne kleine Wolke dort, wie sie dahinschwebt, gleichsam wie die rosa Feder eines riesigen Flamingos. Nun schiebt sich der rote Rand der Sonne aus dem Wolkenmeer über London empor. Ihr Schein fällt auf eine Menge Menschen, und doch möchte ich wetten, daß keiner davon in einer seltsameren Mission unterwegs ist als Sie und ich. Wie klein wir uns doch fühlen, mit all unserem nichtigen Eifern und Streben, im Angesicht des großen, ursprünglichen Waltens der Natur. Sind Sie gut beschlagen in Jean Paul 27 ?«
    »Ja, einigermaßen. Ich habe über Carlyle zu ihm gefunden.«
    »Das ist, als wären Sie dem Bachlauf gefolgt, um den See, der ihn speist, zu finden. Er macht an einer Stelle eine seltsame, aber tiefsinnige Bemerkung. Sie besagt, die wahre Größe des Menschen liege darin, daß er seine eigene Kleinheit zu

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