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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Beziehungen zu ihnen aufzunehmen, gescheitert sind. Bis zum heutigen Tage sind sie der Schrecken aller Schiffbrüchigen geblieben, da sie den Überlebenden entweder mit ihren mit Steinköpfen versehenen Keulen den Schädel einschlagen oder sie mit ihren vergifteten Pfeilen niedermachen. Abschluß und Höhepunkt eines derartigen Massakers bildet regelmäßig ein kannibalisches Gelage.‹ Nettes, liebenswürdiges Völkchen, was, Watson? Wäre dieser Bursche ganz auf sich gestellt gewesen und hätte seinen Neigungen nachgeben können, hätte diese Angelegenheit wohl einen noch gräßlicheren Ausgang genommen! Wie die Dinge liegen, kann ich mir vorstellen, daß Jonathan Small viel darum geben würde, ihn nie in seine Dienste genommen zu haben.«
    »Aber wie ist er zu einem so eigenartigen Gefährten gekommen?«
    »Nun, das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Da jedoch Small, wie wir bereits früher festgestellt haben, von den Andamanen gekommen sein muß, kann ich nichts so über alle Maßen Wunderliches darin erblicken, daß er diesen Insulaner bei sich hat. Zweifellos werden wir schon in Bälde all das wissen. Aber hören Sie, Watson, Sie sehen total erledigt aus. Legen Sie sich doch da drüben aufs Sofa; mal sehen, ob es mir nicht gelingt, Sie einzuschläfern.«
    Er holte seine Geige aus der Ecke hervor, und während ich mich auf dem Sofa ausstreckte, begann er, eine leise, verträumte, einschmeichelnde Melodie zu spielen – zweifellos eine selbsterfundene, denn er hatte ein beachtliches Talent zur Improvisation. Die Hagerkeit seiner Gliedmaßen, der Ernst seines Gesichtes und das Auf und Ab seines Geigenbogens sind das letzte, dessen ich mich noch vage erinnere. Dann schien mich eine sanfte Flut von Tönen zu umfangen und behutsam ins Land der Träume hinüberzutragen, wo das liebliche Antlitz von Mary Morstan auf mich herabblickte.
9. Die Kette reißt ab
    Der Nachmittag war schon fortgeschritten, als ich, gekräftigt und erquickt, erwachte. Sherlock Holmes saß noch genau so da wie zuvor, außer daß er seine Geige beiseitegelegt hatte und in ein Buch vertieft war. Sobald ich mich regte, blickte er zu mir herüber, und mir fiel auf, daß seine Miene finster und besorgt war.
    »Sie haben einen gesunden Schlaf«, sagte er. »Ich fürchtete schon, daß unser Gespräch Sie wecken könnte.«
    »Ich habe nichts gehört«, erwiderte ich. »Haben Sie etwas Neues erfahren?«
    »Leider nein. Ich muß gestehen, daß ich überrascht und enttäuscht bin. Ich hatte erwartet, um diese Zeit etwas Konkretes in der Hand zu haben. Wiggins war eben hier, um zu rapportieren. Er sagt, von dem Boot sei keine Spur zu finden. Das ist ein ärgerlicher Rückschlag, denn jetzt ist jede Stunde kostbar.«
    »Kann ich irgend etwas tun? Ich bin vollkommen ausgeruht und einem weiteren nächtlichen Ausflug gar nicht abgeneigt.«
    »Nein, wir können nichts anderes tun als warten. Wenn wir hier weggehen, besteht die Gefahr, daß die Nachricht während unserer Abwesenheit eintrifft und die ganze Sache sich dadurch verzögert. Sie können tun, was Ihnen beliebt, aber ich muß hier auf dem Posten bleiben.«
    »In diesem Fall werde ich auf einen Sprung zu Mrs. Cecil Forrester nach Camberwell hinübergehen. Sie hat mich gestern darum gebeten.«
    »So, zu Mrs. Cecil Forrester?« versetzte Holmes, und ein Lächeln blitzte in seinen Augen auf.
    »Nun, selbstverständlich auch zu Miss Morstan. Sie beide waren sehr gespannt zu erfahren, was weiter vorgefallen ist.«
    »Ich würde ihnen nicht zuviel erzählen«, sagte Holmes. »Frauen kann man nie ganz trauen – nicht einmal den allerbesten.«
    Auf einen Streit über diese abscheuliche Geisteshaltung ließ ich mich gar nicht erst ein.
    »Ich bin in ein, zwei Stunden wieder da«, sagte ich.
    »In Ordnung. Und viel Glück! Ach, da fallt mir gerade ein, wenn Sie sowieso auf die andere Flußseite fahren, könnten Sie eigentlich Toby zurückbringen, denn ich halte es jetzt für äußerst unwahrscheinlich, daß wir ihn nochmals brauchen werden.«
    Ich nahm also den Bastard mit und lieferte ihn, zusammen mit einem halben Sovereign, bei dem alten Tierpräparator in der Pinchin Lane ab. In Camberwell fand ich Miss Morstan zwar noch von den Ereignissen der vergangenen Nacht gezeichnet, jedoch sehr begierig, die letzten Neuigkeiten von mir zu erfahren, und auch Mrs. Forrester war voller Neugierde. Ich erzählte ihnen alles, was wir erlebt hatten, verschwieg allerdings die besonders gräßlichen Aspekte der Tragödie. So

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