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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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zurück in seine Wälder, sondern lungerte die ganze Zeit bei meiner Hütte herum. Ich lernte ein wenig von seinem Kauderwelsch von ihm, und das ließ ihn nur noch anhänglicher werden.
    Tonga – so hieß er nämlich – war ein ausgezeichneter Ruderer und besaß ein eigenes Kanu, das recht groß und geräumig war. Als ich bemerkte, wie ergeben er mir war und daß er alles für mich tun würde, sah ich, wie ich doch noch fliehen könnte. Ich sprach die Sache mit ihm durch. Er sollte mich mit seinem Boot in einer bestimmten Nacht an einem alten Landeplatz, der nie bewacht wurde, abholen kommen. Zudem wies ich ihn an, mehrere Kürbisflaschen voll Wasser und einen Haufen Yamwurzeln, Kokosnüsse und Süßkartoffeln mitzunehmen.
    Treu und zuverlässig, ja das war er, der kleine Tonga. Niemand hat je einen ergebeneren Freund besessen. In der festgesetzten Nacht erschien er mit seinem Boot bei dem Landeplatz. Es traf sich jedoch, daß einer von der Wachmannschaft dort unten Posten stand, ein mieser Paschtun 45 , der nie eine Gelegenheit ausgelassen hatte, mir Schimpf und Schaden zuzufügen. Ich hatte ihm seit jeher Rache geschworen, und das war die Gelegenheit dazu. Es war, als hätte ihn das Schicksal mir in den Weg gestellt, damit ich die alte Rechnung begleichen konnte, bevor ich die Insel verließ. Er stand, den Karabiner über die Schulter gehängt, am Ufer und wandte mir den Rücken zu. Ich blickte mich nach einem Stein um, um ihm den Schädel einzuschlagen, konnte aber nirgends einen entdecken.
    Da fiel mir was Komisches ein, wie ich zu einer Waffe kommen könnte. Ich setzte mich im Dunkeln nieder und schnallte mein Holzbein ab. Mit drei mächtigen Hopsern war ich bei ihm. Er riß den Karabiner an die Schulter, aber da schlug ich schon mit voller Wucht zu und zerschmetterte ihm gleich die Stirn. Man kann jetzt noch einen Riß im Holz sehen, da, wo ich ihn getroffen habe. Wir gingen beide zu Boden, denn ich konnte das Gleichgewicht nicht halten; doch als ich mich aufgerappelt hatte, sah ich, daß er keinen Mucks mehr machte. Ich ging zum Boot, und eine Stunde später waren wir schon ganz schön weit draußen. Tonga hatte all seine irdischen Güter mitgebracht, seine Waffen ebenso wie seine Götter. Unter anderem waren da ein langer Bambusspeer und einige Kokosmatten, wie sie die Andamaner weben, so daß ich eine Art Segel konstruieren konnte. Zehn Tage lang kreuzten wir so auf gut Glück herum; am elften nahm uns ein Frachtschiff auf, das mit einer Ladung malaiischer Pilger von Singapur nach Dschidda unterwegs war. Das war eine recht seltsame Gesellschaft, und Tonga und ich lebten uns rasch bei ihnen ein. Die Leute hatten einen großen Vorzug: sie ließen uns in Frieden und stellten keine Fragen.
    Nun, Sie würden mir wohl keinen Dank wissen, wenn ich Ihnen all die Abenteuer erzählen wollte, die mein kleiner Kamerad und ich miteinander erlebt haben, denn dann säßen Sie bei Sonnenaufgang immer noch hier. Wir sind ganz schön rumgekommen in der Welt, da-und dorthin hat es uns verschlagen, nur nicht nach London. All die Zeit hindurch hab ich mein Ziel jedoch nie aus den Augen verloren. Nachts träumte ich oft von Sholto. Wohl hundertmal hab ich ihn im Schlaf ermordet. Endlich, vor drei oder vier Jahren, sind wir in England eingetroffen. Ich hatte keine großen Schwierigkeiten herauszufinden, wo Sholto lebte, und machte mich daran zu erkunden, ob er den Schatz zu Geld gemacht hatte oder ob dieser noch in seinem Besitz war. Ich freundete mich mit jemandem an, der mir dabei behilflich sein konnte – ich nenne keinen Namen, denn ich will nicht noch einen andern hineinreiten –, und brachte bald in Erfahrung, daß er die Juwelen noch hatte. Dann versuchte ich auf alle möglichen Arten, an ihn heranzukommen, aber er war ganz schön raffiniert und hatte nicht nur seine Söhne und den
Khitmutgar,
sondern stets auch zwei Preisboxer um sich, die ihn bewachten.
    Eines Tages kam mir indessen zu Ohren, daß er im Sterben lag. Der Gedanke, er könnte sich meinem Zugriff auf diese Weise entziehen, machte mich rasend; ich hetzte also zu dem Garten, und als ich durchs Fenster blickte, sah ich ihn im Bett liegen und seine Söhne zu beiden Seiten neben ihm stehen. Ich hätte mich nicht gescheut, durchs Fenster zu steigen und es mit allen dreien aufzunehmen, aber in dem Augenblick, als ich ihn ansah, sackte ihm das Kinn herab, und ich wußte, daß er hinüber war. Noch in derselben Nacht jedoch stieg ich in sein Zimmer ein und suchte

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