Das Zeichen Des Dunklen Gottes
trägt.«
Wie auf rohen Eiern gehend, pirschten sich die Männer an das aufmerksame Tier heran. Der Kopf der Taube ruckte hin und her. Eine Wache streckte langsam die Hände aus, um nach ihr zu greifen.
Stoiko wälzte sich ächzend auf den Rücken und trat gegen ein Tischbein.
Von der Erschütterung erschrocken, schlug der Vogel mit den Schwingen und flüchtete sich hinaus. Selbst der beherzte Sprung des Soldaten kam zu spät. Die Taube machte sich auf die Reise.
Ein furchtbarer Knall ertönte aus der Richtung des Kabcar, eine kleine Flamme zuckte aus der Mündung der neuen Waffe, die der Konsultant in der rechten Hand hielt, und eine stinkende Dampfwolke stieg auf. Getroffen geriet der Vogel ins Trudeln und stürzte ab.
Lächelnd reichte Nesreca die Waffe an Lodrik zurück. »Verzeiht, dass ich mich selbst bediente, Hoher Herr, aber die Zeit drängte.«
»Guter Schuss«, lobte der Kabcar anerkennend.
Es roch in der Kammer nach Schwefel. Die Soldaten standen da mit kreidebleichen Gesichtern und starrten auf das kleine Ding in der Hand des Herrschers, das den infernalischen Lärm verursacht hatte und scheinbar mit einem Blitz tötete. Die Dunstwolken lichteten sich.
»Geht und findet die Taube.« Der Herrscher wandte sich Stoiko zu. »Du hast für die anderen Spionage betrieben. Dafür könnte ich dich hier und jetzt töten lassen. Aber ich schulde dir immer noch meinen Dank für die vielen Jahre, in denen du dich um mich gekümmert hast. Auch die Zeit in Granburg sei dir wohlwollend angerechnet.« Ein verächtlicher Blick fiel auf seinen alten Mentor. »Eine Gefängniszelle im Palast wird für dich frei sein. Du wirst gut behandelt werden, aber niemals mehr das Licht der Sonnen sehen dürfen.«
»Wozu auch, Herr?«, entgegnete Stoiko niedergeschlagen. »Wenn die Dunkle Zeit dank Euch und dem Dämon an Eurer Seite schon bald zurückkehrt, wird es ohnehin Nacht auf Ulldart werden.« Wachen führten ihn hinaus. »Im Vergleich zu den vielen Menschen auf dem Kontinent werde ich es in meiner Zelle noch gut haben«, rief er von draußen.
Lodrik wurde die erschossene Taube gebracht. Die Bleikugel hatte ihren Leib zerfetzt. Das Blut, das ihm an den Fingern herablief, als er die kleine Tasche entfernte, störte ihn nicht.
Vorsichtig nahm er den Zettel heraus und warf einen Blick darauf. Dann reichte er ihn seinem Vetter. »Lasst das entschlüsseln und berichtet mir. Sperrt die Umgebung rund um das Haus und dreht jeden Stein um. Ich brauche dieses Amulett.«
Abrupt wandte er sich um und verließ das Haus, in dem seinem scheinbar besten Freund die Maske vom Gesicht gerissen worden war. Er hasste das Gebäude dafür, die enttäuschende Wahrheit ans Licht gebracht zu haben.
Vor seiner Kutsche blieb er stehen. »Wenn die Suche erfolgreich abgeschlossen ist, reißt dieses Haus hier ein«, befahl er seinem Kommandanten. »Von ihm soll nichts mehr zu sehen sein.« Er reinigte sich die Hände an der Pferdedecke. Beim nächsten Verrat, ganz gleich, von wem er begangen worden war, würde er nicht die Spur von Milde zeigen.
In einer seltsamen Stimmung zwischen Niedergeschlagenheit und Hass stieg er in das Gefährt.
Sobald er im Palast angekommen war, würde er das Hauptkontingent der Tzulandrier anhalten und nach Süden schwenken lassen. Wenn er sich richtig erinnerte, war Telmaran nicht allzu weit von der südlichsten Ecke der Großbaronie entfernt.
Ulldart, Königreich Rundopâl, vierzehn Warst vor der Hauptstadt Tularky, Spätherbst 443 n.S.
Treskor schnaubte unwirsch, setzte einen Huf vor den anderen und trottete die aufgeweichte Straße entlang. Das, was ihm sein Herr angelegt hatte, war ihm fremd, und er empfand es als äußerst unbequem. Es schränkte ihn in seiner Bewegungsfreiheit sehr ein, und das machte den schwarzen Hengst leicht gereizt.
»Er wirkt nicht sehr glücklich«, merkte Norina an, und als habe das Streitross sie verstanden, peitschte der Schweif hin und her.
»Es bleibt ihm nichts anderes übrig«, meinte Waljakov freundlich. »Er ist das Ziehen eines Karrens nicht gewohnt. Vermutlich verwünscht er mich, weil ich ihm das angetan habe.«
Die Brojakin sah den Kämpfer an und musste einmal mehr grinsen.
Waljakovs Schädel zierte eine schwarze Perücke. Unter einer weiten Bauerntracht, die er reichlich ausgestopft hatte, um seinen Körper unförmig und dick erscheinen zu lassen, trug er den Brustharnisch. Sein Säbel klemmte verborgen unter dem Kutschbock, vier Armbrüste lagen versteckt unter
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