Das Zeichen Des Dunklen Gottes
sich fieberhaft an die Szene auf dem Teppich zu erinnern.
»So?«
»In etwa.«
»Und dann?«
Das Kitz war genau vor ihm. Oder? »Dann, Hoher Herr, betätigt den Abzug. Wie bei einer Armbrust. Aber erschreckt nicht. Es ist laut.«
Stoikos presste sich an die Wand des Teezimmers, die Lider geschlossen, der Körper völlig verkrampft.
Es krachte ohrenbetäubend. Etwas durchschlug fast gleichzeitig knapp neben seiner rechten Schulter die Fasern des Teppichs, kleine Steinsplitter flogen ihm ins Gesicht und ritzten die Haut. Mühsam unterdrückte er einen Schreckens und Schmerzensschrei. Sein Herz schlug wie wild in seiner Brust. Der Geruch von etwas Verbranntem lag beißend in der Luft. Durch das fingerdicke Loch fiel ein Lichtstrahl.
»Knapp vorbei«, bemerkte sein Vetter belustigt. »Ihr werdet den Umgang üben müssen.«
»Das war beeindruckend«, sagte Lodrik nach einer Weile. »Und sehr laut. Es hat die gleiche Durchschlagskraft wie eine Armbrust?«
»Die hier auf große Entfernung nicht. Nur im Nahkampf«, verneinte Nesreca, entzückt, dass seine Präsentation ihre Wirkung nicht verfehlt hatte. »Aber wir haben auch andere Modelle davon, die vom Prinzip her gleich arbeiten.«
»Das ist wirklich praktisch. Man kann es in den Gürtel stecken.« Es klickte. »Es geht nicht mehr. Ist es kaputt?«
»Nein, Hoher Herr. Ihr müsst nach jedem Schuss nachladen.« Wieder verstummten die beiden Männer eine lange Zeit. Blut sickerte von der Stirn Stoikos, aber er wagte nicht, sich zu bewegen. »Jetzt geht sie wieder.«
»Das ist aber wiederum umständlich«, kritisierte der Kabcar. »Was ist das für ein Pulver? Und wie funktioniert das alles überhaupt?«
Nesreca lachte leise. »Fragen über Fragen, Hoher Herr. Kommt mit, wir machen einen Ausflug, und ich zeige Euch die Werkstätten. Sie liegen an einem versteckten Ort. Es soll keiner Kenntnis davon haben, um die Überraschung so groß wie möglich zu machen. Ihr wisst, Ilfaris hat seine Augen und Ohren überall.«
»Ihr sagtet, Ihr hättet die Pläne aus der Universität von Berfor«, meinte Lodrik. »Sollten wir die nicht sofort vernichten lassen, bevor ein anderer auf die Idee kommt?«
»Es wird sofort geschehen, Hoher Herr. Meine Leute kümmern sich darum.«
Schritte bewegten sich zur Tür, der Kabcar und sein Konsultant verließen den Raum. Von draußen hörte Stoiko die Stimmen der aufgeregten Leibwache, die von Nesreca und Lodrik beruhigt wurde.
Eilig verließ er sein Versteck, legte die Blätter ab, klopfte sich den Schmutz aus der Kleidung und tupfte sich das Blut von der Stirn. Eine dicke, stinkende Qualmwolke war gerade im Begriff, sich aufzulösen.
Stoiko wandte sich dem Gobelin zu. »Ulldrael sei Dank und Lob«, murmelte er. Unvermittelt wurde ihm schwummrig: das Kitz stand dort, wo ungefähr sein Kopf gewesen war.
Die Waffen lagen nicht herum, nur die Reste eines schwarzen Pulvers fanden sich auf dem kleinen Schachtisch. Vorsichtig kratzte er sie zusammen und wischte sie mit der Hand auf ein Stück Papier, das er zu einem kleinen Briefchen zusammenfaltete, um die feinkörnige Substanz transportieren zu können. Er wollte die Probe nach Ilfaris schicken, auch wenn er keine Ahnung hatte, was die beiden Männer vorhin hier getrieben hatten oder wie diese Waffe aussah. Nur eine ungefähre Vorstellung davon, hervorgerufen durch die gehörten Worte. Und es gab anscheinend verschiedene Größen. Der Lärm jagte einem eine Höllenangst ein.
Aber zunächst musste Schlimmeres verhindert werden.
Stoiko zog versuchsweise das Schubfach des Schachtisches auf und nickte. Dort lag das Amulett, mit dem sein einstiger Schützling, der so viele gute Ansätze zu einem guten Herrscher gezeigt hatte, heimtückisch Tod und Verderben bringen wollte.
Rasch nahm er es heraus und legte es sich um den Hals, die Kleidung verbarg es vollständig. In seinem Zweitquartier würde er es sich in aller Ruhe betrachten und danach in Stücke schlagen. Zumal er damit Waljakov und Norina zusätzlich den Rücken freihielt.
Als er vor der Tür stand, um hinauszugehen, schwang sie auf.
Stoiko sah in das überraschte Gesicht des Konsultanten. Die unterschiedlich farbigen Augen verengten sich misstrauisch.
»Wo kommt Ihr denn her, Gijuschka?«, wollte Nesreca wissen.
»Eine reichlich einfältige Frage für einen schlauen Menschen wie Euch«, entgegnete Stoiko schlagfertig. »Ich komme natürlich aus dem Zimmer, wie Ihr erkennen könnt.«
»Aber wie seid Ihr hineingelangt?«,
Weitere Kostenlose Bücher