Das Zeichen Des Dunklen Gottes
er wollte nicht aufgeben.
Seine Vermutung bestätigte sich. Zunächst rutschte der Nagel ab, danach verbog er sich, irgendwann war das Ende abgestumpft. Das geheimnisvolle und widerspenstige Kleinod trotzte weiterhin allen Gewalteinwirkungen.
»Schöne Bescherung«, seufzte Stoiko. »Säure vielleicht? Aber woher nehme ich die?«
Die Tür flog auf. Der Riegel, mit dem er den Eingang gesichert hatte, zersplitterte unter der Wucht des Tritts, der gegen das Holz geführt worden war.
Soldaten der Leibwache drängten in den Raum, gefolgt von dem Konsultanten und dem Kabcar.
Stumm schüttelte Lodrik den Kopf, als er seinen einstigen Vertrauten vor dem Amulett am Boden sitzen sah. Die maßlose Enttäuschung in Lodriks meeresblauen Augen brachte Stoiko die Erkenntnis, dass, egal was er nun sagen würde, der junge Herrscher ihm nicht glauben würde.
»Kannst du mir erklären, was du da tust, Stoiko?«, fragte Lodrik leise.
Langsam stellte sich der Mann auf die Beine, das Schmuckstück in der Rechten haltend. »Ich versuchte, Euch vor einem großen Fehler zu bewahren. Ich würdet Euch und Tarpol damit unglücklich machen.«
»Seitdem mich meine engsten Freunde hintergehen, bin ich unglücklich.« Der Kabcar streckte die Hand aus. »Gib mir mein Eigentum zurück, das du mir wie ein gewöhnlicher Dieb gestohlen hast. Du wolltest verhindern, dass ich mein Land vor dem Ansturm der anderen bewahre. Das ist Hochverrat, Stoiko. Und du hast mich verraten, hintergangen, betrogen. Nach Waljakov und Norina nun auch du. Habe ich denn jahrelang auf den falschen Menschen gehört?« Sein Mund verzog sich. »Gib es mir.«
Mit Schwung beförderte es Stoiko aus dem Fenster. »Wenn die Götter mit uns sind, werdet Ihr es nicht finden, Herr. Ihr dürft Euch nicht von Nesreca ins Verderben leiten lassen. Das Geeinte Heer wird nicht in Tarpol einmarschieren. Niemand plant, Euch anzugreifen. Das Heer dient einzig und allein dazu, Sinured im Notfall abzuwehren, solltet Ihr ihn nicht beherrschen können.«
»Seht Ihr, Hoher Herr«, meinte Nesreca triumphierend, »er war im Teezimmer und hat gelauscht.«
»Als mir Mortva das sagte, wollte ich ihm nicht glauben. Auch nicht, dass du mein Amulett gestohlen hättest.« Der Kabcar atmete tief ein. »Nun bist du überführt. Vor meinem Angesicht. Und du denkst, ich schenke noch einem einzigen Wort aus deinem Mund Glauben? Ich werde das Amulett finden, und wenn alle Ulsarer auf Knien dort herumrutschen und suchen müssen.«
»Merkt Ihr denn nicht, was um Euch herum vorgeht, Herr? Diese Schlange, diese Ausgeburt an Bosheit, zieht Euch in ihren Bann. Dabei ist dieser Mann nicht einmal Euer Vetter!«, sagte Stoiko inständig. »Überprüft die Papiere in Berfor. Er war niemals an der Universität, niemand kennt ihn dort. Er kann auch die Pläne für die Waffen nicht von dort haben.«
Gleichgültig erwiderte der junge Mann seinen Blick. »Was soll’s? Er steht mir, im Gegensatz zu anderen, treu zur Seite. An ihm habe ich nicht die Spur von Verrat entdecken können. Aber du, Stoiko, ausgerechnet du. Ich wurde eines Besseren belehrt, obwohl es mein Verstand nicht begreifen will.«
»Dann hört auf Euer Herz«, bat sein früherer Vertrauter. »Norina, Waljakov, ich, wir alle möchten Euch von diesem silberhaarigen Dämon, den Tzulan höchstpersönlich geschickt haben könnte«, ein Lächeln huschte über das Gesicht des Konsultanten, »befreien. Seine Ratschläge werden die Dunkle Zeit zurückbringen. Mehr will er doch nicht. Seht das, bei Ulldrael dem Gerechten!«
Eine der Leibwachen, die offenbar vor dem Haus Stellung bezogen hatten, kam herein und reichte dem Kabcar eine zerrissene Kette. Das Amulett fehlte.
»Die Götter sind mit uns«, murmelte Stoiko. Er wusste, dass er Lodrik nicht mehr überzeugen konnte. Also musste er wenigstens die anderen warnen. Bis das Schmuckstück gefunden worden war, war nur eine Frage der Zeit. Der Mann lief zum Tisch und öffnete den Käfig mit der letzten Taube darin.
Einer der Soldaten verpasste ihm einen Hieb mit dem Stiel seiner Hellebarde, dass Stoiko polternd zu Boden ging und das kleine Gefängnis mit sich riss.
Das Bastgeflecht zerbrach, der Vogel hüpfte aufgeregt über die Dielen und schlug mit den Flügeln. Gurrend landete er auf dem Tisch und hackte nach ein paar Körnern.
»Die Brieftaube«, zischte Nesreca und schaute zu dem geöffneten Fenster. »Keine schnellen Bewegung, sonst fliegt sie davon. Wer weiß, welche Geheimnisse sie mit sich
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