Das Zeichen Des Dunklen Gottes
Branntwein.
»Ahoi! Ein kleiner Willkommenstrunk gefällig?« Der Freibeuter ging weiter. »Ich dachte mir, die Freunde aus Tersion sollte man schon persönlich begrüßen. Ihr seid doch aus Tersion, oder?«
Die beiden Männer sahen sich unschlüssig an, dann deutete einer mehrfach auf die Mole. Offenbar wollte er, dass der Rogogarder verschwand. Aber Torben missachtete die Geste.
»Ihr versteht mich nicht, was?« Forschend schweiften seine grüngrauen Augen über das Deck, um so viele Eindrücke wie möglich aufzunehmen. Katapulte konnte er keine entdecken, aber Halterungen verrieten ihm, dass es möglich war, jederzeit Waffen zu montieren. Nun kamen auch einige Matrosen neugierig herbei.
»Das ist ein schönes Schiff«, lobte der Kapitän in langsamen Worten und wagte einen weiteren Schritt. »Mit was handelt ihr denn?«
Die Wache wedelte nun mit den Armen, als wollte sie eine Horde Mücken verjagen, und sagte etwas in einer unbekannten Sprache.
»Es freut mich auch, euch kennen zu lernen«, antwortete Torben und hielt dem Mann die Flasche entgegen. Als die Wache zögernd danach greifen wollte, herrschte ihn sein Kumpan an. Die ausgestreckte Hand zuckte zurück.
»Runter von meinen Schiff«, sagte eine Frauenstimme böse in Torbens Rücken. Als er über die Schulter blickte, sah er die Unbekannte an der Mole stehen, die Hände in die Seiten gestemmt.
»Also seid Ihr der Kapitän? Das ist aber ungewöhnlich. Darf ich Euch wenigstens einladen? Zu einem Schluck feinsten Branntweins?« Der Freibeuter wandte sich um. »Ihr könnt mir Euer Schiff zeigen. Es sieht sehr gut aus. Was sind das für Segel?«
»Bastmatten«, gab die Frau Auskunft. »Und nun schaff dich weg.«
»Noch bin ich nur auf dem Steg. Um Eurer Bitte nachzukommen, müsste ich erst an Bord, oder?«
Sie rief einen unverständlichen Befehl.
Der Rogogarder spürte, wie die Planke unter seinen Füßen in Bewegung geriet. Die beiden Schiffswachen machten sich daran zu schaffen und kippten das breite Brett zur Seite. Torben sprang hoch und balancierte wie ein Seiltänzer auf der schmalen Kante. Die Frau sagte wieder etwas in der unbekannten Sprache, und ihre Leute lachten.
»Holla! Das könnt Ihr nicht machen«, beschwerte er sich. »Das ist reine Seide, was ich an meinem Körper trage. Und das Wasser ist so kalt, dreckig und …« Die Wachen rüttelten an dem Holz.
Verzweifelt ruderte der Freibeuter mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten, aber die Schwingungen wurden zu stark.
Seufzend ergab er sich in sein Schicksal und fiel unter dem Gelächter der Besatzung in das trübe Meerwasser. Im Sturz presste er die Hand auf die Flaschenöffnung, um den Alkohol vor dem Verdünntwerden zu retten.
Spuckend tauchte er wieder auf und schwamm auf dem Rücken zu den nächsten Steinstufen.
Nass von oben bis unten, erklomm er die Treppe, leerte grinsend die Flasche und winkte der Frau zu. »Wir sehen uns wieder!«, versprach er lautstark und lief in lockerem Trab zurück zur Grazie, um sich trockene Sachen anzuziehen.
Einige der Hafenarbeiter sahen dem triefenden Mann kopfschüttelnd hinterher, dem das Bad im Hafenbecken die Laune keineswegs ruiniert hatte. Eine schöne Dame und ein unbekanntes Schiff. Doppelte Beute. Sein Ehrgeiz als Freibeuter und als Mann war geweckt.
Eines kam Torben nach zwei Tagen seltsam an dem unbekannten Schiff vor, das keine Anstalten machte, seine geladenen Waren von Bord zu bringen. Beim Einlaufen hätte er geschworen, dass der Kiel recht tief im Wasser gelegen hatte. Allein deshalb machte er sich zunächst Hoffnung auf fette Beute.
Doch nun zeigte sich, dass das Schiff auf merkwürdige Art und Weise an Gewicht verlor.
Da der Rogogarder die Neuankömmlinge genauestens observierte, entging ihm nicht, dass der Bug nun geschätzte zwei Fingerbreit höher über der Wasserlinie stand, erkennbar an der dunkleren Färbung der Holzplanken und dem Algenbewuchs, der sich deutlich von dem dünnen, grünen Pflanzenfilm darüber unterschied.
Für den erfahrenen Seemann ergaben sich daraus gleich mehrere Schlussfolgerungen. Das Schiff hatte eine lange Fahrt hinter sich, die es durch fremde Gewässer geführt hatte, wie er an den unbekannten Algen am Rumpf erkannte. Ein Heimathafen irgendwo auf Ulldart schied somit aus. Ein Umstand, der Torbens Neugier zusätzlich weckte.
Was den Rogogarder indirekt erboste: Die Besatzung löschte heimlich Ladung und schmälerte somit die Aussicht auf eine ordentliche Prise. Nur so ließ sich
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