Das Zeichen Des Dunklen Gottes
»Im Auftrag des Kaufmarmsrates enthebe ich Euch Eures Amtes als Diplomat«, das geschliffene Ende des Degens trennte die Insignien von der Kleidung, »und Eures Kommandos als Commodore. Ihr seid ebenso des Meineids überführt wie des Verstoßes gegen geltendes Marinerecht, indem Ihr Euren Vorgesetzten an den Feind verraten habt.« Mit der freien Hand nahm er ein Stück Papier heraus. »Gial Scalida hat ein Schreiben aus seiner Gefangenschaft in Kensustria nach Palestan senden dürfen, in dem er Euch schwer belastet. Und da Ihr in Gegenwart von Alana der Zweiten auch mit Eurer Tat prahltet, musste der Kaufmannsrat handeln.« Tezza schlug dem Verhafteten die Waffe aus der Hand. »Darauf habe ich lange warten müssen. Mit dem Gedanken, Euch meine Finger ins Gesicht zu schlagen, hielt ich mich in Tersion über Wasser. Und bei allem Gold Ulldarts, das Warten hat sich gelohnt. Auch wenn es nun etwas schmerzt.« Er schüttelte seine Hand aus, mit der er vorhin zugeschlagen hatte.
Baraldino war zu überrumpelt, als dass er irgendetwas sagen konnte. »Wie …?«
»Eine Erklärung für meine Anwesenheit sollt Ihr auch haben. Ich gelangte durch einen glücklichen Zufall zurück nach Palestan und brachte alles vor. Von der Regentin, die ich hier traf, bekam ich gnädigerweise die Unterschrift zu der Euch belastenden Aussage. Alana macht Euch dafür verantwortlich, dass sich Tersion zum verlustreichen Krieg mit Kensustria verleiten ließ und das mächtige Kaiserreich Angor Schmach erleiden musste. Somit ist Euer Stern endgültig erloschen.« Der einstige Adjutant tippte sich auf die Schulter. »Ach, und von nun an bin ich der Commodore. Ihr seid nur noch der Gefangene Parai Baraldino.« Die Männer der Wache traten sichtlich vergnügt heran und banden dem Gefangenen mit Eisenschellen die Hände auf dem Rücken zusammen, dass er aufstöhnte. »Wir bringen Euch vor den Rat, damit Ihr Euch verantworten könnt.« Tezza beugte sich vor. »Und Ihr werdet den ganzen langen Weg nach Hause Aborte reinigen, Dreck kehren und den Fußboden jeder einzelnen Wirtschaft mit Eurer lügnerischen Zunge wischen, darauf könnt Ihr Euch verlassen. Freut Euch schon einmal auf Eure künftigen Aufgaben.« Mit einem triumphalen und zufriedenen Grinsen richtete sich der jüngere der beiden Männer wieder auf. »Seid Ihr auch so unendlich froh, mich wiederzusehen?«
»Fahrt zur Hölle!«, kreischte Baraldino los, machte einen Satz nach vorne, versuchte den Commodore zu treten und sammelte Speichel, um ihn zu bespucken. Wie ein groteskes Fabelwesen hüpfte er auf und ab, das Gesicht krebsrot, die Adern standen dick aus dem Hals hervor. »Ihr seid ein …«
»Aber, aber. Ihr verliert die Beherrschung, Baraldino.« Tezza schüttelte das Haupt. »Ihr müsstet Euch sehen.«
Mit einer schnellen Bewegung schnappte der Hauptmann das Taschentuch, mit dem er vor kurzem malträtiert worden war, und zwängte es dem Verhafteten in den Mund, noch bevor er spucken konnte.
»Wie praktisch«, meinte der Commodore. »Nun ist ihm nicht nur das Maul gestopft, er wird auch nie wieder schlecht riechen, wenn er etwas sagt.« Tezza setzte sich an die Spitze des Zuges. »Auf nach Palestan.« Er blieb plötzlich stehen und schaute zu Boden, als habe er etwas entdeckt. »Na sowas. Da, seht. Ein wenig Staub. Baraldino, das ist Eure Aufgabe, wenn ich bitten dürfte.«
Kontinent Ulldart, Königreich Aldoreel, fünfzig Meilen nördlich von Telmaran, Winter 443 n.S.
Das Geeinte Heer lagerte an beiden Ufern eines Seitenarms des Repol, ein Geflecht von Zelten in allen möglichen Formen, Farben und Größen, die von weitem aussahen, als würden merkwürdige Pilze aus dem Boden des kleinen Tals schießen.
Dazwischen schlängelten sich Wege, die durch den feinen Nieselregen, der seit Tagen andauerte, aufgeweicht und matschig wurden. Zur Feuchtigkeit aus den grauen Morgenwolken trugen die Gischtwolken der mächtigen Repolfälle bei, herübergetrieben von einem kühlen, unbeständigen Wind. Ihr ständiges Tosen und Donnern, wo sich der breite Strom mehr als vierhundert Schritt in die Tiefe stürzte, klang wie ferne Meeresbrandung. Niemand, der nicht dringend etwas im Freien tun musste, hielt sich außerhalb der Leinenwände auf.
Die zusammengestellte Schar aus Freiwilligen und Entsandten verzichtete darauf, ihr Lager zu befestigen, was auf Grund der weitläufigen Ausdehnung ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre. Der Kriegsrat, wie sich das Führungsgremium nannte, beschloss
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