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Das Zeichen Des Dunklen Gottes

Das Zeichen Des Dunklen Gottes

Titel: Das Zeichen Des Dunklen Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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beiden mächtigen Flügeltüren. Nur ein Wimpernschlag der Konzentration war notwendig, und schon bildete sich in der Mitte der Schnitzerei ein dunkler Punkt. Rauch stieg von dort auf, der Brandfleck wuchs, dehnte sich aus, bis er das Zeichen Ulldraels zur Unkenntlichkeit versengt hatte.
    Lodrik warf sich den Mantel über und schritt zum Ausgang. »Ich will, dass jede Einzelne dieser Gravuren aus dieser Stadt entfernt wird«, befahl er im Gehen. »Dieser Gott hat nichts dazu beigetragen, dass ich noch auf dem Thron sitze. Ich bin ihm nichts schuldig.«
    Mortva stand auf und verneigte sich. Irgendwann fiel das große Portal rumpelnd ins Schloss.
    Er hatte sich die Mühe umsonst gemacht. Der Kabcar vertraute ihm vollkommen und mehr, als er es jemals zu hoffen gewagt hätte.
    Dabei hatte er alles vorbereitet, die Verhandlungsdelegation erst gar nicht in das feindliche Lager geschickt, sondern die eigenen Männer außerhalb der Sichtweite töten lassen. Das Wagnis, der Kriegsrat könnte in letzter Sekunde während eines Treffens Einigungsgespräche annehmen, wollte er nicht eingehen.
    Vier serusische Soldaten des Geeinten Heeres hatte er in aller Heimlichkeit entführen lassen, die nun als vermeintliche Grenzfälscher in einem Erdloch saßen, das als Gefängnis diente. Sie hätten alles bestätigt, wenn sie nur ihr Leben behalten durften.
    Der Konsultant stand regungslos, bemerkte die immense Vorfreude auf den Triumph und wollte ihr doch keinen freien Lauf lassen. Er atmete gleichmäßig und versuchte, sie zu unterdrücken.
    Doch es wollte ihm nicht gelingen.
    Er breitete die Arme aus, legte den Kopf in den Nacken und lachte laut. Es war ein Ton, wie man ihn dem eher schmächtigen Mann niemals zugetraut hätte: ein dunkles, grausames Lachen, beinahe polyphon, das durch Mark und Bein ging. »Hoher Herr, mein Hoher Herr!«, jauchzte Mortva. Die Haut seines Gesichts geriet in Bewegung.
    Die Statur des Beraters wuchs, wurde breiter, und die Kleider an seinem Leib begannen sich zu dehnen und zu reißen. Zu spät bemerkte der verzückte Konsultant, dass etwas anderes die Kontrolle über ihn gewann. Oder er sie über sich verlor.
    Knirschend und krachend schoss der Mann in die Höhe, ein Schmerzensschrei kam über seine geplatzten Lippen, Teile der Körperhülle baumelten wie zerfetztes Papier herab. Das grüne und das graue Auge glühten auf, vergrößerten sich und steigerten ihre Intensität.
    »Nein«, keuchte Mortva und taumelte vorwärts, direkt in die Flammen der Feuerstelle. »Nicht jetzt.«
    Mit einem Schmatzen brach die Haut auf dem Rücken, schwarzgelbes Sekret troff zu Boden, und eine gewaltige, gläsern anmutende Schwinge entfaltete sich, in deren Adern die gleiche Flüssigkeit pulsierte, wie sie sich auf der gestampften Erde der Halle sammelte.
    Dann schlug das Feuer fauchend über ihm zusammen und hüllte seine deformierte, völlig unproportionierte Gestalt ein.
    Lodriks Weg führte ihn direkt zu der Galeere Sinureds, die am westlichen Stadtrand lag. Der wiederauferstandene Kriegsfürst residierte hier, weil kein Haus seinen Ausmaßen gerecht wurde. Umgeben von seiner Leibwache ritt der Kabcar auf das Schiff zu und lenkte sein Pferd die breiten Planken hinauf.
    Noch immer haftete dem uralten Holz der Seegeruch an, durch den Nieselregen der letzten Tage wurde der Gestank aus Moder, Salz und Algen sogar noch verstärkt.
    Die bewaffneten Krieger mit den merkwürdig bleichen Gesichtern würdigten Lodrik keines Blicks. Ohne dass sie jemand aufhielt, überquerten der Herrscher und seine Leibwache das riesige Deck und stiegen in den Bauch der Galeere.
    Der Laderaum glich einem Thronsaal, an dessen hinterer Wand ein kostbarer geschnitzter Sessel aus dem Holz von Ulldraeleichen stand. Dort saß Sinured und beobachtete die Ankömmlinge mit seinen roten Augen. Sofort erhob er sich und ging auf die Knie, als er Lodrik erkannte.
    »Es ist mir eine Ehre, den Hohen Herrn an Bord zu begrüßen«, tönte seine laute Stimme durch den Raum. Der Kabcar fragte sich, ob er nicht eben eine Spur Hohn herausgehört hatte.
    »Womit kann ich Euch dienen, Hoher Herr?«
    Scheinbar gleichgültig ging der junge Mann zu der monströsen und legendären Gestalt, die im Knien immer noch größer war als er. Schwarze, verbrannte Haut, lange weiße Haare, Hände wie Pranken, klauenartige Fingernägel und die muskelbepackten Extremitäten des Kriegsfürsten machten nach wie vor Eindruck auf den Kabcar. Die patinabesetzte Panzerung und die erstarrte

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