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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Mittelfinger. Es war ein Dreikant, der zur Spitze hin scharf geschliffen war. Widerhaken gab es keine. Die Ahlspitze war schwerer als die meisten anderen Pfeilköpfe. Wenn sie aus geringer Entfernung mit einem der großen Kriegsbögen verschossen wurde, die nur ein Mann mit den Kräften eines Herkules spannen konnte, bohrte sie sich auch in die beste Panzerrüstung. Dieser Pfeilkopf war ein Rittertöter, und Hook ruckte daran herum, bis der Leim in dem Holzschaft nachgab und sich die Ahlspitze löste.
    «Nein.»
    Wilkinson saß über den Pfeilschaft gebeugt Er benutzte eine kleine Säge, deren Blatt kaum länger als sein kleiner Finger war, um in die abgeschnittene Seite des Pfeils eine keilförmige Kerbe zu schneiden. «Weißt du, wie sie diese Spitzen härten?», fragte er. «Sie machen es so», sagte Wilkinson und hielt beim Sprechen die Augen auf seine Arbeit gerichtet, «sie werfen Knochen ins Feuer, wenn sie das Eisen machen. Knochen, Junge, Knochen. Trockene Knochen, tote Knochen. Und? Warum sollten tote Knochen in der brennenden Kohle Eisen in Stahl verwandeln?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Und ich genauso wenig, aber es geschieht. Knochen und Kohle», sagte Wilkinson. Er hielt den eingekerbten Pfeil hoch, blies ein bisschen Sägestaub von der Schnittfläche und nickte zufrieden. «Ich kannte einen Burschen in Kent, der Menschenknochen benutzt hat. Er glaubte, dass man mit einem Kinderschädel den besten Stahl machen kann, und vielleicht hatte er ja recht. Der Bastard hat sie immer auf den Friedhöfen ausgegraben, in Stücke gehauen und sie in seinem Schmiedefeuer verbrannt. Kinderschädel und Kohle! Dieser Kerl war wirklich durch und durch verkommen, aber seine Pfeile konnten töten. Und wie sie töten konnten! Sie haben die Rüstungen nicht durchschlagen, sie sind hineingefahren wie in Schweineschmalz!» Wilkinson hatte einen kurzen Holzschaft aus Eiche herausgesucht, während er sprach. Ein Ende war schon keilförmig beschnitzt und passte in die Kerbe, die er in den abgeschnittenen Eschenschaft gesägt hatte. «Sieh dir das an», sagte er stolz, «es passt haargenau. Ich mache diese Arbeit wirklich schon zu lange!» Er ließ sich von Hook die Ahlspitze reichen und stülpte ihre Aufsatztülle über das andere Ende des Eichenschaftes. «Ich leime alles zusammen», sagte er, «und dann kannst du jemanden damit töten.» Er drehte den Pfeil bewundernd in der Hand. «Glaub mir, Junge», fuhr der alte Mann grimmig fort, «bald wirst du mit dem Töten anfangen.»
    «Werde ich das?»
    Wilkinson lachte kurz und ohne jede Belustigung auf. «Der König von Frankreich mag vielleicht nicht ganz richtig im Kopf sein, aber er wird dem Herzog von Burgund bestimmt nicht Soissons überlassen. Dafür sind wir viel zu nahe bei Paris! Die Männer des Königs werden schon bald hier sein, und wenn sie in die Festung kommen, bringst du dich am besten um. Die Franzosen mögen die Engländer nicht, und englische Bogenschützen hassen sie, und wenn sie dich gefangen nehmen, mein Junge, dann gnade dir Gott, bis du endlich tot bist.» Er sah Hook an. «Ich meine es ernst, Hook. Besser, man schneidet sich die Kehle durch, als sich von einem Franzosen erwischen zu lassen.»
    «Wenn sie kommen, werden wir sie zurückschlagen», sagte Hook.
    «Ja, mit Sicherheit, oder etwa doch nicht?», fragte Wilkinson mit einem rauen Lachen. «Bete, dass die Armee des Herzogs zuerst ankommt, denn wenn die Franzosen kommen, mein Junge, sitzen wir in Soissons in der Falle wie die Ratten im Butterfass.»
    Also stand Hook jeden Morgen über dem Tor auf der Stadtmauer und ließ seinen Blick über die Straße schweifen, die entlang der Aisne Richtung Compiégne führte. Und noch mehr Zeit verbrachte er damit, in einen Innenhof hinunterzuschauen, der zu einem der vielen Häuser gehörte, die außerhalb der Stadtmauer errichtet worden waren. Es war das Haus eines Färbers, und es stand nahe am Stadtgraben, und jeden Morgen hängte ein rothaariges Mädchen frischgefärbte Stoffe zum Trocknen auf eine lange Leine. Manchmal blickte das Mädchen auf und winkte Hook oder den anderen Bogenschützen zu, die ihr mit Pfiffen antworteten. Eines Tages sah eine ältere Frau das Mädchen winken und schlug es zur Strafe dafür, dass es zu den verhassten fremden Soldaten freundlich gewesen war, hart ins Gesicht. Doch am nächsten Tag schwang der Rotkopf zur Freude seines Publikums erneut den Hintern beim Gehen. Und wenn das Mädchen nicht in Sicht war, hielt Hook auf der

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