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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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herrschte Schweigen. Einer der großen Hunde wimmerte im Schlaf, und der Garnisonsführer beugte sich vor, um ihm beruhigend auf den Rücken zu klopfen. Der Mann war massig und trug einen schwarzen Bart. Mit einer ungeduldigen Geste deutete er auf Hook. «Fragt ihn nach Soissons, Pater», befahl er.
    «Darauf wollte ich noch kommen, Sir William», sagte der Priester.
    «Dann kommt schnell darauf», sagte die Frau kühl.
    «Bist du geächtet?», fragte der Priester stattdessen, und als der Bogenschütze nicht antwortete, wiederholte er die Frage mit erhobener Stimme. Hook antwortete auch dieses Mal nicht.
    «Antworte ihm», knurrte Sir William.
    «Ich würde meinen, sein Schweigen ist Erklärung genug», sagte die Dame. «Fragt ihn nach Soissons.»
    Der Priester zog bei ihrem Befehlston eine unwillige Miene, gehorchte aber. «Berichte uns, was in Soissons geschehen ist», verlangte er, und Hook erzählte die Geschichte noch einmal. Wie die Franzosen durch das südliche Tor in die Stadt gekommen waren, wie sie geschändet und gemordet hatten und wie die englischen Bogenschützen von Sir Roger Pallaire verraten worden waren.
    «Und nur du allein bist entkommen?», fragte der Priester säuerlich.
    «Sankt Crispinian hat mir geholfen», sagte Hook.
    «Oho! Das hat Sankt Crispinian also für dich getan?», fragte der Priester mit hochgezogenen Augenbrauen. «Wie außerordentlich zuvorkommend von ihm.» Von einem der Bewaffneten kam ein Schnauben, als ob er sein Lachen unterdrückte, die anderen starrten einfach nur verachtungsvoll auf den knienden Bogenschützen hinunter. Die Zweifel hingen im großen Saal der Festung wie der Rauch des Holzfeuers, der dem Abzug der weiten Feuerstelle entschlüpft war. Einer der Bewaffneten hielt seinen Blick unentwegt auf Melisande gerichtet. Nun beugte er sich zu seinem Nachbarn und flüsterte ihm etwas zu, was ihn zum Lachen brachte. «Oder haben dich die Franzosen gehen lassen?», fragte der Priester scharf.
    «Nein, Herr!», sagte Hook.
    «Vielleicht hatten sie ja einen Grund, dich gehen zu lassen!»
    «Nein!»
    «Sogar ein einfacher Bogenschütze kann Männer zählen», sagte der Priester, «und wenn unser Herr König eine Armee zusammenstellt, dann wollen die Franzosen wissen, wie viele Männer darin kämpfen.»
    «Nein, Herr!», wiederholte Hook.
    «Also haben sie dich gehen lassen und dich mit einer Hure bestochen, was?»
    «Sie ist keine Hure!», widersprach Hook, und die Bewaffneten kicherten.
    Melisande hatte geschwiegen. Die hochgewachsenen Männer in den Kettenhemden, der herablassende Priester und die träge Frau, die halb auf der Polsterbank lag, hatten sie eingeschüchtert, doch nun fand Melisande ihre Sprache wieder. Auch wenn sie die Beleidigungen des Priesters nicht verstanden hatte, so hatte sie doch an seinem Tonfall erkannt, was er sagen wollte, und mit einem Mal straffte sie den Rücken und begann schnell und herausfordernd zu sprechen. Sie sprach französisch, und die Worte kamen so schnell aus ihrem Mund, dass Hook nur jedes hundertste davon verstand. Doch alle anderen im Raum verstanden sie, und alle hörten ihr zu. Sie redete voll leidenschaftlicher Entrüstung, und weder der Garnisonsführer noch der Priester unterbrachen sie. Hook wusste, dass sie vom Fall Soissons' erzählte, und nach einer Weile traten ihr Tränen in die Augen und rollten über ihre Wangen, und ihre Stimme wurde laut, als sie dem Priester ihre Geschichte entgegenschleuderte. Dann fehlten ihr die Worte zum Weitersprechen, sie deutete auf Hook, senkte den Kopf und begann zu schluchzen.
    Stille machte sich breit. Ein Sergeant in einem Kettenhemd öffnete geräuschvoll die Tür des Saales, sah, dass der Raum nicht leer war, und warf die Tür genauso geräuschvoll wieder zu. Sir William sah Hook an. «Du hast Sir Roger Pallaire ermordet?», fragte er mit rauer Stimme.
    «Ich habe ihn getötet, Herr.»
    «Eine gute Tat von einem Geächteten», sagte Sir Williams Frau nachdrücklich, «wenn es stimmt, was das Mädchen sagt.»
    «Wenn», sagte der Priester.
    «Ich glaube ihr», sagte die Frau. Dann erhob sie sich, legte den kleinen Hund in ihre Armbeuge und ging zum Rand des Teppichs, wo sie sich niederbeugte und Melisande am Ellbogen emporzog. Sanft sagte sie etwas auf Französisch zu ihr, dann führte sie Melisande zum Ende des Saales, schob einen Vorhang beiseite und verschwand mit ihr.
    Sir William wartete, bis seine Frau den Saal verlassen hatte. Dann stand er auf. «Ich glaube, er sagt die

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