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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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lassen. Dieser neue Bogen war stärker, tödlicher, aber genauso schnell. Er dachte nicht nach, ließ einfach den Pfeil abfliegen, nahm den nächsten, legte ihn über den Bogenschaft, hob den Bogen, zog die Sehne zurück und ließ ihn los. Ein Dutzend Pfeile zischten über die Wiese und schlugen einer nach dem anderen ins Ziel. Wenn ein Mann seine Hand über die Markierung in der Mitte gelegt hätte, dann hätte jeder einzelne Pfeil diese Hand getroffen.
    «Zwölf», sagte eine fröhliche Stimme hinter ihm, «ein Pfeil für jeden Jünger.» Hook wandte sich um und stand einem Priester gegenüber, der ihm zugesehen hatte. Der Mann hatte ein rundliches, fröhliches Gesicht, das von feinem weißem Haar umrahmt wurde. In einer Hand trug er eine große Ledertasche, und mit der anderen umfasste er Melisandes Ellbogen. «Ihr müsst Master Hook sein!», sagte der Priester. «Natürlich seid Ihr es! Ich bin Pater Ralph. Darf ich es einmal versuchen?» Er legte die Tasche auf den Boden, ließ Melisande los und streckte die Hand nach Hooks Bogen aus. «Erlaubt es mir», bat er, «ich habe oft mit dem Bogen gejagt, als ich jung war.»
    Hook überließ ihm den Bogen und sah zu, wie Pater Ralph versuchte, die Sehne zu spannen. Der Priester war kräftig, doch das Wohlleben hatte ihn beleibt werden lassen, und der Bogenschaft begann unter seiner Anstrengung zu zittern, noch bevor er die Sehne eine Handbreit nach hinten gezogen hatte. Pater Ralph schüttelte den Kopf. «Ich bin nicht mehr, was ich einmal war!», sagte er. Dann gab er Hook den Bogen zurück und sah zu, wie dieser augenscheinlich ohne jede Mühe den Bogen krümmte, um die Sehne auszuhängen. «Es ist Zeit, dass wir uns einmal alle miteinander unterhalten», sagte Pater Ralph gutgelaunt. «Euch wünsche ich einen vortrefflichen Tag, Sergeant Venables. Wie geht es Euch?»
    «Gut, Pater, sehr gut!», gab Venables grinsend zurück, verbeugte sich leicht und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. «Das Bein schmerzt nicht sehr, Pater, jedenfalls nicht, solange wir keinen Ostwind haben.»
    «Dann werde ich Gott darum bitten, Euch nichts als Westwind zu schicken!», sagte Pater Ralph heiter. «Nur eine Brise aus dem Westen! Kommt, Master Hook! Erleuchtet das Dunkel meiner Unwissenheit! Klärt mich auf!»
    Der Priester nahm seine Tasche wieder auf und führte Hook und Melisande in einen der Räume, die an die Umfassungsmauer des Towers angebaut waren. In der kleinen Kammer, die mit gehobelten Brettern getäfelt war, standen zwei Stühle und ein Tisch. Pater Ralph beharrte darauf, dass Hook und Melisande die Stühle nahmen. «Setzt euch», sagte er, «setzt euch!» Er selbst fand einen weiteren Stuhl im Nebenraum.
    Er wollte den gesamten Verlauf der Schlacht von Soissons hören, und so erzählten Hook und Melisande in einer Mischung aus Englisch und Französisch ihre Geschichte noch einmal. Sie beschrieben den Angriff, die Schändungen und Morde. In seiner Tasche hatte Pater Ralph Pergamentblätter, ein Tintenfass und Federn mitgebracht, und er schrieb, ohne auszusetzen, nur manchmal warf er eine Frage ein. Melisande sprach am meisten, und aus ihrer Stimme klang wilde Empörung, als sie die Nacht der Schrecken von Soissons schilderte. «Berichtet mir von den Nonnen», sagte Pater Ralph, dann ließ er eine wegwerfende Geste folgen, als ob er ein Narr gewesen wäre, und wiederholte die Frage auf Französisch. Melisandes Stimme klang immer aufgebrachter, und sie starrte Pater Ralph bei ihrer Erzählung mit weit aufgerissenen Augen an, bis er sie mit einer Handbewegung um eine Pause bat, damit er ihrem Redeschwall mit seiner Feder folgen konnte.
    Draußen wurde Hufschlag laut. Ein paar Augenblicke später hörte man das Geräusch sich kreuzender Schwertklingen. Hook sah während Melisandes Bericht zum Fenster hinaus. Auf dem Platz, an dem er zuvor seine Pfeile verschossen hatte, übten sich Feldkämpfer. Alle trugen volle Rüstungen, von denen jeder Schwerthieb dumpf widerhallte. Ein Mann, der durch seine schwarze Rüstung auffiel, wurde von zwei anderen angegriffen und verteidigte sich mit großem Geschick, wenn Hook auch den Eindruck hatte, dass die beiden Männer nicht alle ihre Kräfte einsetzten. Eine Gruppe anderer Männer sah zu und spendete Beifall. «Et gladius diaboli» , las Pater Ralph langsam vor, während er einen Satz zu Ende schrieb, «repletus est sanguine. Gut! Oh, das ist sehr gut!»
    «Ist das Latein, Pater?», fragte Hook.
    «So ist es. In der Tat!

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