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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hubbard
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angenommen, Sophie würde mich lediglich am Bahnhof absetzen, aber stattdessen parkte sie den Wagen und kam mit mir ins Gebäude. Ich war gezwungen, mich in die Schlange vor dem Fahrkartenschalter einzureihen und mich für einen Zielort zu entscheiden. »Wie viel kostet ein Ticket nach Florida?«, fragte ich.
    »Wo in Florida wollen Sie denn hin?«, wollte der Mann hinter dem Schalter wissen.
    »Ähm, Sarasota«, antwortete ich.
    »Der Zug hält in Tampa und Orlando«, sagte er. »Von dort aus fährt ein Bus nach Sarasota. Die einfache Fahrt kostet jeweils zweiundachtzig Dollar.«

    Er fügte noch hinzu, Tampa würde etwas südlicher liegen. Ich legte das Geld auf die Theke. »Und wann geht der nächste Zug?«
    »Morgen früh um sechs Uhr fünfzig«, antwortete er.
    Und so musste ich eine weitere Nacht in dem harten, schmalen Bett in Tante Sophies Gästezimmer verbringen und ein weiteres Abendessen mit fade schmeckendem Geflügelsalat über mich ergehen lassen. Ich fragte mich, ob sie auch noch etwas anderes aß. Am liebsten hätte ich Mr Winters angerufen und wäre mit ihm essen gegangen, statt gezwungen zu sein, mir Sophies Jammerarie anzuhören. Thema des Abends waren ihre lauten Nachbarn, der ewige Ärger mit Hunden, weitere Anspielungen auf den verwöhnten, selbstsüchtigen Charakter meiner Mutter und Tante Sophies Verdauungsprobleme.
    Ich hörte nur dann wirklich zu, wenn sie von meiner Mutter erzählte (»Sie musste ja unbedingt Reitstunden nehmen, obwohl die ein Vermögen gekostet haben und sie danach immer verdreckt nach Hause kam. Der Gestank war unerträglich.«), aber es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, weil ich gleichzeitig ständig Sophies Gedanken hörte. Sie war mir gegenüber misstrauisch; zuerst hatte sie angenommen, ich sei nur gekommen, weil ich es »auf ihr Geld abgesehen hatte«, und als sie merkte, dass dem nicht so war, hegte sie den Verdacht, ich würde in Geld schwimmen. Sie fragte sich, warum ein Mädchen in meinem Alter allein unterwegs war und ob ich Drogen nahm. Sie glaubte mir nicht, dass mein Vater wusste, wo ich war, hatte aber auch nicht vor, ihn anzurufen, weil er das letzte Mal so undankbar geklungen hatte.
    Ich wollte sie nach ihrem letzten Gespräch mit ihm fragen, tat es dann aber doch nicht. Das Interessanteste, das ich an diesem Abend erfuhr, war, dass meine Mutter sie vor Jahren
finanziell unterstützt hatte; sie hatte ihr jede Woche Geld gegeben, als sie noch in der Imkerei gearbeitet hatte (Sophie war sich zu fein gewesen, selbst arbeiten zu gehen), und als meine Eltern heirateten, hatten sie ihr fünftausend Dollar als Startkapital für ihre Rosenzucht geschenkt. Aber selbst darüber äußerte sich Sophie verbittert: Lumpige fünftausend Dollar, dabei hatten sie mehr als genug. Wenn sie mir zehntausend gegeben hätten, hätte sich das Geschäft vielleicht halten können. Und ohne Übergang ging es in ihrer wirren Art weiter: Mein Gott, diese langen Haare! Am liebsten würde ich sie ihr selbst schneiden, damit sie endlich wie ein anständiges Mädchen aussieht.
    Als es Zeit war, ins Bett zu gehen, waren wir beide müde, aber auch misstrauisch. Sophie befürchtete, ich könnte nachts durchs Haus schleichen und nach Geld oder anderem Wertvollen suchen, das ich mitgehen lassen könnte. Ich wiederum machte mir Sorgen, sie könnte versuchen, mir die Haare zu schneiden, während ich schlief.
    Am nächsten Morgen weckte sie mich um fünf Uhr dreißig und trieb mich zur Eile an. »Du musst mindestens eine halbe Stunde früher am Bahnhof sein«, drängte sie.
    Während der Fahrt umklammerte Sophie verbissen das Lenkrad und trat jedes Mal auf die Bremse, sobald sich ein anderes Auto näherte. »Um diese Uhrzeit sind nur Betrunkene unterwegs«, schimpfte sie.
    Um zwanzig nach sechs waren wir am Bahnhof. Es war kalt und noch dämmrig, und ich zitterte, obwohl ich meine Fleecejacke anhatte. Sophie war ebenfalls kalt, harrte aber tapfer am Bahngleis mit mir aus. Anscheinend hielt sie es für ihre Pflicht, mich sicher in den Zug zu setzen. Wäre sie nicht da gewesen, hätte ich mir das Geld für die Fahrkarte zurückgeben lassen und wäre per Anhalter gefahren.

    Stattdessen standen wir gemeinsam bibbernd am Gleis und schauten den einfahrenden Zügen zu.
    Die Verabschiedung war hölzern. Wir waren beide ganz offensichtlich enttäuscht voneinander. Trotzdem hielt sie mir ihre trockene, gepuderte Wange hin, die ich nur ganz kurz mit den Lippen berührte. Mehr schien sie auch nicht zu

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