Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
aus?
Auraya wurde eng ums Herz.
Ich kann ihn nicht töten, wenn ich glaube, dass er es nicht verdient hat.
Nicht einmal dann, wenn die Götter es dir befehlen?
Sie antwortete nicht sofort.
Nein. Es lässt alles, wofür sie stehen - alles, wofür wir stehen -, wertlos erscheinen.
Ein langes Schweigen folgte.
Dyara und Rian brechen heute nach Si auf. Wenn sie Mirar töten, wirst du dann das Gefühl haben, dass sie alles, wofür wir stehen, wertlos gemacht haben?
Bei der Frage krampfte ihr Magen sich zusammen.
Möglicherweise. Ich weiß nicht ...
Ich habe Mirar vor hundert Jahren hingerichtet, und mir lagen damals genauso wenig Beweise vor wie dir heute. Hat dein Wissen um meine Tat mich in deinen Augen herabgesetzt?
Diese Frage konnte sie nicht beantworten. Wenn sie es abgestritten hätte, wäre sie unaufrichtig gewesen, andererseits hatte sie noch immer großen Respekt vor ihm.
Unsere jeweiligen Situationen sind nicht vergleichbar, sagte sie. Mirar hat dir seinen Geist nicht geöffnet. Als du Mirar gegenüberstandest, hatten die Götter gerade erst damit begonnen, die Gesetze zu schaffen, nach denen wir leben. Die Gesetze und Prinzipien, die zu brechen sie von mir verlangen.
Sie haben mich gebeten, ihnen zu vertrauen. Vertraust du ihnen? Vielleicht nicht mehr in dem Maße, wie ich es früher getan habe, gestand sie. Ich kann nicht dagegen an. Als sie mich gebeten haben, etwas Unrechtes zu tun, habe ich das Vertrauen verloren, dass sie etwas Derartiges niemals von mir verlangen würden. Ein Anflug bitterer Erheiterung stieg in ihr auf. Wenn ich Mirar töte, werde ich mich dafür hassen und bis in alle Ewigkeit die Weisheit der Götter in Zweifel ziehen.
Ich fürchte, dass du die Weisheit der Götter ohnehin in Zweifel ziehen wirst.
Ein kalter Stich des Begreifens durchzuckte sie. Er hatte recht. Es gab kein Zurück mehr. Sie hatte ein wenig von ihrem Respekt vor den Göttern verloren und konnte nicht so tun, als sei nichts geschehen. Ich bin eine Weiße. Eine Weiße sollte nicht an den Göttern zweifeln, denen sie dient! Wenn ich meinen Respekt für sie nicht wiederfinden kann, dann ... Sie schauderte. Dann sollte ich nicht länger eine Weiße sein.
Auraya?
Ihr Mund war trocken. Sie zwang sich, ihre Aufmerksamkeit wieder auf Juran zu richten.
Was soll ich tun? Soll ich nach Jarime zurückkehren?
Nein. Bleib in Si. Es hat keinen Sinn, dass du hierher zurückkommst, während dich das Himmelsvolk noch immer braucht.
Er brach die Verbindung ab. Auraya schlug die Augen auf, und sofort kamen ihr die Tränen. Sie hatte sich niemals etwas anderes gewünscht, als Priesterin zu sein und ihre Gaben zu benutzen, um Menschen zu helfen. Um den großartigen Wesen zu dienen, die die Götter waren.
Die Götter, die ich liebe, dachte sie. Aber nicht mehr mit ganzem Herzen, wie ich es früher getan habe. Diese Liebe ist besudelt worden. Zerstört. Vielleicht hätte meine Liebe robuster sein sollen. Vielleicht hätte ich wie Rian sein sollen, bereit, in ihrem Namen alles zu tun, ob es nun falsch oder richtig ist. Bin ich eigensüchtig? Spielt es eine Rolle, ob ich das, was ich tue, für richtig halte?
Aber es musste eine Rolle spielen, dass es den Weißen wichtig war, ob ihre Taten richtig oder falsch waren. Alles andere wäre erschreckend gewesen. Und es spielte in der Tat eine Rolle, dass die Götter gut und gerecht waren. Anderenfalls … zu welchen anderen Arten des Machtmissbrauchs konnten die Götter die Weißen noch heranziehen?
Wenn Mirar recht hat und die Götter schon viele Male ihre Macht missbraucht haben, was sollte sie daran hindern, es wieder zu tun? Was ist, wenn die Götter die Zirkler und die Weißen geschaffen haben, um in der Welt ungehindert zu tun, was immer sie wollen?
Ihr Magen krampfte sich zusammen. Es war zu beängstigend, um es auch nur in Erwägung zu ziehen. Wenn die Absichten der Götter böse waren, wohin führte das dann die Menschen?
Sie waren ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Der sicherste Weg für sie war der, sich ihre Gunst zu erhalten - Mirar zu töten und eine gehorsame Dienerin zu sein. Sie sollte so treu ergeben sein wie Rian, nur dass ihr Gehorsam dann auf Furcht fußen würde, nicht auf Liebe oder Ergebenheit.
Der Gedanke verursachte ihr Übelkeit. Wenn sie in einem Zustand stetiger Angst und permanenter Lügen lebte und zu Dingen gezwungen wurde, die sie für Unrecht hielt, konnte das nur zu Unglück führen. Zu einer Ewigkeit voller Unglück.
So weit wird
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