Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
bezahlt. Irgendwie.
Sie verzog das Gesicht, bestürzt über ihre eigenen Gedanken. Wie war es so weit gekommen, dass sie den Wunsch hatte, sich an einer Göttin zu rächen, die sie einmal geliebt hatte?
Mirar würde das sehr komisch finden.
Die Plattans waren jetzt voll besetzt mit Siyee und Pentadrianern. In dem letzten Wagen saßen nur Nekaun und ein Fahrer. Die kleine Karawane setzte sich in Bewegung.
Als der Wagentross sich durch die Stadt schlängelte, blieben am Straßenrand immer wieder Menschen stehen, die das Geschehen verfolgten. Die Siyee waren ein eigenartiger Anblick für sie. Und ein erschreckender. Die Siyee hatten während des Krieges viele Pentadrianer getötet.
Als die Plattans am Stadtrand ankamen und auf die Straße nach Glymma einbogen, erhob sich Auraya. Unfug jammerte verschlafen, als sie ihn in ihr Bündel setzte.
»Bündel schlecht«, murmelte er.
»Es tut mir leid, Unfug«, erwiderte sie.
Dann stieß sie sich von der Felsspitze ab, auf der sie die ganze Nacht gesessen hatte, und flog hinter den Siyee und ihren Wächtern her.
21
V or der Flamme des Sanktuariums stand mit gesenktem Kopf eine vertraute Gestalt. Reivan ging langsam auf die Frau zu und blieb einige Schritte von ihr entfernt stehen, da sie Imenja in ihren Gedanken nicht stören wollte. Sie hörte die Zweite Stimme ein Gebet murmeln, dann sah sie, wie sie sich aufrichtete.
»Ah, Reivan.« Imenja wandte sich ihr mit einem Lächeln zu. »Welche Probleme müssen wir heute lösen?«
Reivan trat neben Imenja. Die Flamme zuckte und wand sich wie zarter Stoff im Wind. Ihre unablässige Bewegung war hypnotisch, und es hieß, die Götter könnten einen Menschen um den Verstand bringen, falls er es wagte, die Flamme zu lange anzusehen. Sie zwang sich, den Blick davon zu lösen.
»Karneya hat sich abermals mit der Bitte an uns gewandt, seinen Sohn aus der Sklaverei zu entlassen. Ich sollte dir Bericht erstatten, wann immer er das tut.«
Imenja verzog das Gesicht. »Er tut mir leid. Es ist schwer zu akzeptieren, dass das eigene Kind ein schreckliches Verbrechen begangen hat.«
»In jedem anderen Land wäre sein Sohn hingerichtet worden.«
»Ja«, pflichtete die Zweite Stimme ihr bei. »Und wir können ihm seine Bitte nicht erfüllen, aber ich werde ihm schreiben. Was noch?«
»Tiemel Ruderer möchte ein Götterdiener werden, aber er glaubt, dass sein Vater seinen Entschluss missbilligen wird.«
»Er hat recht. Dies wird eine schwierige Angelegenheit werden.«
»Sein Vater kann ihn nicht daran hindern.«
»Er wird es versuchen. Selbst wenn das bedeutet, dass er ihn entführen lassen und nach Jarime bringen muss.«
»Missbilligt er uns so sehr?«
Imenja lachte. »Nein, ganz im Gegenteil. Aber Tiemel ist sein einziger Sohn. Wer wird die Schiffe führen, wenn er zu alt ist?«
Reivan antwortete nicht. Es war besser, das Geschäft zu verkaufen, als den Sohn dazu zu zwingen, viele Jahre mit einer Beschäftigung zu verbringen, die er hasste und bei der seine magischen Befähigungen vergeudet wurden.
Imenja drehte sich langsam um und blickte in die Ferne. Sie runzelte die Stirn, dann entspannten ihre Züge sich.
»Diese Angelegenheiten werden warten müssen«, sagte sie. »Unser launenhafter Bekannter ist zurückgekehrt.«
Prickelnde Hoffnung stieg in Reivan auf. »Nekaun?«
Imenja nickte und lächelte wissend. »Ja.«
Als Reivan errötete, wurde das Lächeln der Zweiten Stimme noch breiter. »Dann komm. Lass uns gehen.«
Sie führte Reivan weg von der Flamme in das Innere des Sanktuariums. Zuerst waren die Götterdiener, die sie sahen, recht still und hielten nur kurz inne, um das Zeichen des Sterns zu machen, wenn sie Imenja begegneten. Dann rannte ein Bote an ihnen vorbei, und Imenja runzelte die Stirn angesichts seiner Eile. Als sie sich dem Eingang des Sanktuariums näherten, stießen sie auf kleine Gruppen von Götterdienern, die miteinander tuschelten.
»Was geht hier vor?«, fragte Reivan.
Imenja seufzte. »Sie haben Berichte gehört, nach denen er Gefangene mitbringt. Und es sind keine gewöhnlichen Menschen.«
Als sie den Ärger in Imenjas Stimme hörte, beschloss Reivan, ihre Fragen für sich zu behalten. Es war bereits offenkundig, dass ihre Herrin Nekauns Heimlichtuerei missbilligte. Wenn die Menschen erfuhren, dass die anderen Stimmen den Grund für sein Verschwinden nicht gekannt hatten, würden sie daraus vielleicht den Schluss ziehen, dass Nekaun ihnen nicht traute oder ihre Meinung nicht ernst
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