Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
durch den Boden, gerade stark genug, um die Seile der Zelte in Schwingung zu versetzen. Emerahl blickte zu den Männern hinüber, die um das Lager herumsaßen. Die meisten hatten innegehalten und wirkten jetzt äußerst wachsam, aber als das Beben sich wieder legte, entspannten sie sich schnell.
»Ein Erdbeben«, murmelte Yathyir vor sich hin, bevor er sich noch eine Schale von der überwürzten Getreidespeise nahm, die die Diener für sie gekocht hatten.
Ray sah zu Emerahl auf und lächelte. »Das passiert hier ständig«, erklärte er ihr. »Der große Denker Marmel glaubte, die Steilwand sei entstanden, weil ein flacher Teil der Welt sich über einen anderen Teil schiebe - denjenigen, auf dem wir gerade sitzen. Manchmal zittert die Erde so heftig, dass man nicht stehen kann. Manchmal bringt das Beben Häuser zum Einsturz.«
Emerahl blickte zur Steilwand auf und runzelte die Stirn. »Es überrascht mich, dass Hannaya noch steht.«
»Oh, von Zeit zu Zeit brechen Stücke davon ab, aber es ist stark genug, um den meisten Beben standzuhalten. Es heißt, Zauberer hätten die Stadt aus dem massiven Fels geformt.«
»Wie weit reicht die Steilwand?«
»Bis hinüber zur Südwestküste. An manchen Stellen ist sie höher, an manchen niedriger. Wir gehen zu einer der wenigen Lücken darin, wo sie sich geteilt hat.« Er breitete die Hände aus und demonstrierte mit Gesten, wie die aufgleitende Scholle auseinanderbrach und ihre beiden Teile sich in unterschiedliche Richtungen weiterschoben. »Das Land dazwischen ist ein langer, steiler Hang. Es war tausend Jahre lang eine der wenigen Binnenverbindungen von Avven nach Mur, so dass die Menschen, die den Transport von Waren von einem Land zum anderen kontrollierten und Zölle erheben konnten, sehr wohlhabend wurden. Dann kam der Krieg der Götter, und binnen eines Jahres ging die Macht von den Anhängern der toten Götter auf die Anhänger der Fünf über.«
»Ein Jahr? Woher weißt du das?«
»Wenn du dir die Geschichten aus dieser Zeit ansiehst, kannst du eine gewisse Ordnung erkennen. Natürlich behaupteten einige Menschen, ihre Götter lebten noch, obwohl das nicht der Fall war. Andere behaupteten, die Götter ihrer Feinde seien tot, obwohl diese noch lebten. Aber die meisten wurden binnen einer kurzen Zeitspanne getötet.«
Emerahl schüttelte erstaunt den Kopf. Sie hatte nicht gewusst, wie oder wann sich die Todesfälle ereignet hatten. Die Konsequenzen hatten sich nur langsam bemerkbar gemacht. »Die Sterblichen müssen einige Zeit gebraucht haben, um zu begreifen, was geschehen war.«
»Einige haben es nie begriffen. Es ist schwer, den Tod unsichtbarer Wesen zu beweisen. Es gibt keine Leichen. Keine Zeugen. Nur Schweigen.«
»Und doch hatte der Verlust dieser Götter dramatische Folgen für die Welt.«
»Ja. Priester verloren ihre Macht. Götter gaben ihren Anhängern nicht länger Leitung und übten keine Kontrolle mehr aus. Manche Menschen nutzten die Schwäche und Ungewissheit ihrer Feinde. Aber nicht lange. Die Fünf vereinten sich, um Ordnung in das Chaos zu bringen.«
»Also haben die pentadrianischen Götter schon vor dem Krieg existiert?«
»Ich glaube es. Sheyr war der Gott des Wohlstands, Hrun die Göttin der Liebe, Alor der Gott der Krieger, Ranah die Göttin des Feuers und Sraal der Gott der Fülle. An manchen Orten werden sie immer noch als solche verehrt.«
Emerahl bedachte die Liste von Namen und Titeln. Die zirklischen Götter hatten einst ihre eigenen Titel eingefordert. Chaia war zum Gott der Könige geworden und Huan zur Göttin der Fruchtbarkeit.
Fruchtbarkeit und Liebe. Kein allzu großer Unterschied. Und beide Seiten haben ihren Kriegsgott. Das sind wahrscheinlich die Dinge, um die die Menschen am ehesten beten. Gib mir einen Geliebten, schütze meinen Geliebten, gib mir Kinder, mach mich wohlhabend, lass mich nicht sterben ...
Was den Rest der Götter betraf, schienen die Pentadrianer im Vorteil zu sein, ging es Emerahl durch den Kopf. Ein Gott des Wohlstands musste nützlicher sein als Saru, der ehemalige Gott des Glücksspiels - oder nützlicher sogar als ein Gott der Könige. Aber der südliche Kontinent hätte eine Göttin der Frauen gut gebrauchen können, wenn die Abneigung gegen ihr Geschlecht bei der gewöhnlichen Bevölkerung ebenso groß war wie bei diesen Denkern.
Barmonia stand auf und gähnte laut. »Wir fangen morgen in aller Frühe an«, warnte er. »Also, bleibt nicht zu lange auf.«
Als er zu den Zelten
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