Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
hinüberstolzierte, erhoben sich die anderen Männer wie gehorsame, aber widerstrebende Kinder. Emerahl ertappte Ray, dass er sie anlächelte.
»Würdest du mir die Ehre erweisen, dich zu deinem Zelt begleiten zu dürfen?«, fragte er.
Sie lachte leise. »Ich wäre diejenige, die sich geehrt fühlen würde«, antwortete sie mit der gleichen gespielten Förmlichkeit.
Kereon blickte zu ihnen hinüber und verdrehte die Augen, sagte jedoch nichts. Yathyir starrte sie an, und das leidenschaftliche Leuchten in seinen Augen und die Eifersucht des Heranwachsenden, die sie spürte, machten seinen Verdacht, was Rays Beweggründe betraf, überdeutlich.
Von Raynora fing sie erwartungsvolle Vorfreude auf. Es überraschte sie nicht. Männer nutzten jede Gelegenheit, die sich ihnen bot, und gingen häufig davon aus, dass Frauen, die eine andere Lebensform gewählt hatten als die einer pflichtschuldigen Ehefrau, dies taten, um sich Liebhaber zu nehmen, wann immer ihnen der Sinn danach stand.
Nicht dass das auf Emerahl nicht zugetroffen hätte.
Das Zelt war nicht weit entfernt, aber um dorthin zu gelangen, musste man über mehrere Seile steigen. Ray hielt sich dicht an ihrer Seite, bereit, ihr zu helfen, sollte sie stolpern, und als sie ohne jedes Missgeschick ihr Ziel erreichte, spürte sie Enttäuschung von ihm. Sie wandte sich zu ihm um.
»Du bist sehr schön«, sagte er leise.
Sie hätte um ein Haar laut aufgelacht. Er betrachtete sie, als sei er voller Ehrfurcht, aber sie konnte spüren, dass hinter seinem Verhalten hauptsächlich Begehren steckte.
Trotzdem, er war charmant und gutaussehend. Es könnte seine Vorteile haben, wenn sie ihn in ihr Bett ließ. Außerdem war er der erste Mann, der Interesse zeigte, seit Mirar …
... und daraus ist auch nichts geworden.
Bei dem Gedanken stiegen leichte Schuldgefühle in ihr auf. Es war ungerecht. Er hatte damals unter Leiards Kontrolle gestanden.
Dann fiel ihr plötzlich eine Szene in der Höhle in Si ein, als Leiard sie mit Mirars Augen angesehen hatte.
»... die Sache mit dem Bordell war notwendig... aber ich frage mich, ob du nicht unbewusst die gleiche Art von Bestätigung suchst, um die es auch Mirar zu tun ist. Du suchst die Bestätigung, dass du ein körperliches Wesen bist und kein Gott...«
Sie rückte ein Stück von Ray ab. Die Vorstellung, mit ihm zu schlafen, hatte plötzlich keinen Reiz mehr für sie. Die anderen Denker würden das vielleicht als Beweis dafür nehmen, dass ihre Vorurteile in Bezug auf fremdländische Frauen zutreffend waren - nicht dass sie sie mit einem Mal mit Respekt betrachtet hätten, wenn sie keusch blieb.
»Gute Nacht, Ray«, sagte sie. »Ich bin müde. Wir sehen uns dann morgen früh.«
Sie trat ins Zelt und zog die Türlaschen entschieden hinter sich zu. Zuerst kamen nur Überraschung und Enttäuschung von ihm, dann Erheiterung und Entschiedenheit. Kurz darauf hörte sie ihn davongehen und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie zog Magie in sich hinein und legte eine Barriere über den Eingang.
Ich werde ihn wohl einige Male abweisen müssen, bevor er aufgibt, sagte sie sich. Dann betrachtete sie die schmale, mit einer dünnen Matratze belegte Bank, die als Bett diente, und zuckte die Achseln. Nun, es ist besser als die Planken eines Bootes, und ich möchte ohnehin nicht allzu schnell einschlafen.
Sie legte sich nieder, schloss die Augen und entspannte sich. Langsam begannen ihre Gedanken zu wandern. Schon bald hatte sie jedes Zeitgefühl verloren.
Emerahl.
Die Doppelstimme der Zwillinge war wie ein flüsterndes Echo in ihrem Geist.
Surim. Tamun.
Es war klug von dir, deinen Bewunderer abzuweisen, bemerkte Tamun.
Oh? Warum?
Surim hätte das viel zu interessant gefunden.
Eine Woge der Erleichterung stieg in Emerahl auf. Sie hatte nicht bedacht, dass die Zwillinge durch die Augen Raynoras ihre Schlafzimmermätzchen beobachten könnten. Die Vorstellung war beunruhigend.
Du hättest mir doch nicht zugesehen, oder, Surim?
Ich hätte es tun müssen, für den Fall, dass dir etwas zugestoßen wäre. Ich hätte es ausschließlich zu deinem eigenen Schutz getan.
Ich verstehe. Und wenn tatsächlich etwas passiert wäre, was hättest du tun können, um mich zu beschützen?
Er antwortete nicht.
Wir haben die wahre Quelle des Geldes entdeckt, das man Raynora für die Schriftrolle angeboten hat, sagte Tamun. Es kommt von den Stimmen. Sie oder ihre Götter müssen gewusst haben, dass die Denker nach der Schriftrolle suchen,
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