Das Zeitpendel
im Augenblick nicht einfällt.« Er erzeugte ein Stirnrunzeln auf dem Abbild Zebners. »Wann soll das gewesen sein?«
Dadurch nahm das Gespräch den Verlauf, den er sich zurechtgelegt hatte, bis Miß Davis es mit einem Geräusch unterbrach, das er nicht klar deuten konnte. Irgendwie mußte dieser Ton aber eine klare Aussage beinhalten.
Der Rull schwieg und beobachtete sie mit dem breiten Spektrum seiner ausgeprägten Sinne. Eine Vielzahl verschiedener Ausstrahlungen ging von ihrem Körper aus. Aus der begrenzten Sicht der Sinne Zebners hatte sie nichts weiter als einen roten Kopf bekommen. Das Wahrnehmungssystem des Rull registrierte jedoch weitere Informationen. Das war zum einen die Abneigung gegen Zebner. Andererseits dachte sie, daß sie eventuell nur ihre ablehnende Haltung gegen Zebner sie dazu gebracht hatte, ihn vorschnell als Täter zu identifizieren. Die infraroten Ausstrahlungen signalisierten dem Rull diese Überlegungen.
Ihre Zweifel überwogen die Erinnerungen an die wahren Geschehnisse, als sie Zebner aus der großen Entfernung gesehen hatte.
Der Rull beschloß die Gunst des Augenblicks zu nutzen und zu sagen, daß er sich jetzt wieder erinnere, wo er am Samstagnachmittag gewesen war.
»Jetzt fällt es mir wieder ein«, sagte er. »Ich habe am Samstagnachmittag einen befreundeten Studenten besucht. Er heißt Gilstrap und wohnt in der gleichen Straße wie ich.«
Danach gab es nicht mehr viel zu sagen. Dr. Lowery entließ Zebner, wobei er etwas von einer noch durchzuführenden Überprüfung seiner Angaben murmelte.
Als der Rull den Raum verließ, blieb das Mädchen am Tisch des Professors sitzen. Da er die beiden in der letzten Vorlesung des Tages, der in Physik, ohnehin sehen würde, gab es im Augenblick für ihn nichts mehr zu tun. Mit unzufriedenen Gefühlen ging er in die nächste Vorlesung.
Er ärgerte sich wieder über den Professor und dessen kolossalen Egoismus, mit dem er sein Ressort führte. Er hatte geglaubt, in allen Fächern eine Eins zu bekommen und von Lowery als ein gleichwertiger Partner akzeptiert zu werden. Er schimpfte sich selbst einen Narren, weil er lange Zeit die geistige Verwirrung des Professors nicht erkannt hatte.
Während der Vorlesung in Physik vermied der Rull es konsequent, auf die auffordernden Blicke von Eileen einzugehen, die sie in seine Richtung warf. Er hatte aber das sichere Gefühl, daß ihre Abneigung gegen Zebner zumindest im Augenblick verschwunden war.
Als die Stunde zu Ende war und sie den Hörsaal verließen, hielt er sie an und fragte ruhig und freundlich: »Was geschah, nachdem ich gegangen war?«
Sie blickte ihn zum erstenmal direkt und ohne Ablehnung an. Freimütig und versöhnlich antwortete sie: »Ich habe ihm gesagt, daß ich mich geirrt habe.«
Sie schien eine echte Sorge losgeworden zu sein, denn sie fuhr liebevoll fort: »Dan möchte wissen, ob du nicht Lust hättest, dich unserer Gruppe anzuschließen.«
Der Rull wußte, daß Dan der Chef der Kommune war. Er spürte, daß sich für ihn ein Sieg auf der ganzen Linie anbahnte. Es wird nicht mehr lange dauern, überlegte er, und dann wird das Vertrauen, das ihm hier angeboten worden war, weitere Früchte tragen. Im Augenblick erschien ihm ihr Angebot eher als ein erneuter Versuch, Professor Lowery zu verwirren.
Er ließ das Gesicht Zebners zustimmend lächeln und sagte: »Kannst du mich heute abend besuchen kommen, damit wir uns besser kennenlernen?«
Ihr Gesicht lief rot an, denn es war klar, daß es selbst für sie nicht leicht war, einen Mann wie Zebner zu akzeptieren, obwohl sie in einer Kommune lebte, wo jeder jeden liebte. Dennoch sagte sie: »Zu welcher Zeit?«
»Sagen wir gegen zehn Uhr.«
Sie erschien pünktlich. Ihr schwarzes Haar glänzte, als sie ihn lächelnd begrüßte und sagte: »Du bleibst hier. Ich werde dich rufen.« Dann verschwand sie schnurstracks im Schlafzimmer und schloß die Tür.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ihre Stimme liebevoll trällernd nach ihm rief. Als der Rull eintrat, lag sie in seinem Bett, nur mit dem Laken bis zu der Hüfte bedeckt. Ihr nackter Körper war braungebrannt, und soweit der Außerirdische es beurteilen konnte, handelte es sich bei ihr um ein außergewöhnlich schönes, weibliches, menschliches Exemplar.
»Ich habe noch sehr viele Hausaufgaben heute zu erledigen«, sagte der Rull. »Laß es bitte für heute damit genug sein, daß wir uns nur etwas kennenlernen.« Er setzte sich auf einen Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite
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