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Das Zeitpendel

Das Zeitpendel

Titel: Das Zeitpendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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Fächern, außer in Physik, gut vorankam. Das konnte auch an Dr. Lowery, dem Dozenten, liegen.
    Der Rull wußte, daß Gilstrap diesen Punkt mit Zebner schon einmal diskutiert hatte. Er selbst hatte seinen aufkeimenden Haß gegen Lowery nie gezeigt. Die Wissenschaft der Rull war der der Menschen haushoch überlegen, und der Rull war ein Meister aller Wissenschaften. Seit er jedoch Zebner abgelöst hatte, stand er wegen Lowery kurz davor, das laufende Semester nicht zu bestehen.
    »Dieser Vollidiot von Lowery«, schimpfte er mit Zebners Stimme. »Die Physik gibt es seit tausend Jahren, aber da muß ein Herman Lowery daherkommen und uns vormachen wollen, daß nur er allein weiß, wie alles ist. Wir sollen nach seinen ausgefallenen Methoden Physik lernen, in denen die Atome und Moleküle durch sein krankes, egoistisches Gehirn rauschen.«
    Er brach seine Schimpftirade ab, als er einen Ausdruck der Überraschung bei Gilstrap entdeckte. Rasch erzeugte er ein für Zebner typisches Lächeln. Bevor er einlenken konnte, fragte Gilstrap: »Wie anders soll man denn Physik lehren?«
    Der Rull durfte die Frage nicht beantworten. Schließlich hatte Gilstrap mit den Vorlesungen in Physik gerade erst begonnen, und er konnte keine Unterschiede erkennen, die einem Meister der Rull offensichtlich waren.
    Der Rull merkte, daß er mit seinen gezeigten Gefühlen etwas zu weit gegangen war. Er hatte schon wieder einen Fehler begangen. Um sich endgültig aus der Affäre zu ziehen, warf er als Zebner einen Blick auf die Armbanduhr, während er gleichzeitig seinen eigenen Zeitsinn befragte und dessen Antwort auf Erdzeit umrechnete. Dann ließ er auf dem Abbild von Zebner ein Stirnrunzeln erscheinen und sagte: »Oh je, es ist ja schon gleich drei Uhr.«
    In Wirklichkeit war es längst nach drei, aber vielleicht konnte er so den Eindruck bei Gilstrap erwecken, daß er zu der Zeit, als er im Laboratorium war, ihn besucht hatte.
    Er sprang auf und eilte hinaus. Noch in der Tür rief er leutselig: »War nett, dich mal wiederzusehen. Aber auf mich warten auch die Hausaufgaben. Dr. Lowery ist ein schrecklicher Tyrann, wie du vielleicht aus meinen bösen Worten gemerkt hast.«
    Auf dem Weg zu seiner Wohnung ärgerte sich der Rull immer noch über seinen unpassenden Gefühlsausbruch. Er legte sich auf sein Bett und dachte über die Probleme nach, die er sich selbst eingebrockt hatte.
    Schließlich kam er zu einer Entscheidung. Da das Wochenende noch andauerte, sollte es ihm möglich sein, sich ohne Schwierigkeiten noch einmal in das Labor zu schleichen und den Abfallbehälter mit der Fotoplatte zu einem Müllschlucker zu bringen und dort zu entleeren, bevor jemand entdecken konnte, daß die wertvolle Platte durch einen Energiestrahl zerstört worden war.
    Die vorgesehene Lösung befriedigte ihn nicht ganz, denn obwohl am Wochenende die Gebäude leer standen, konnte es doch passieren, daß ihm der eine oder andere Student begegnen würde.
    Er beschloß, dieses Risiko auf sich zu nehmen und am nächsten Tag, am Sonntag, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.
    Nachdem dieses Problem zumindest theoretisch gelöst war, zwang er sich dazu, seine Hausaufgaben zu erledigen. Er tat dies mit besonderer Sorgfalt, denn er wußte zu gut, daß das verrückte Genie Lowery übergroßen Wert auf die strikte Einhaltung der Form der Ausarbeitungen hielt. Er hatte eine viel zu lange Zeit gezögert, die – in seinen Augen – wahnsinnigen und widersprüchlichen Lehrmethoden des Dozenten zu akzeptieren, und das hatte ihm schon zweimal eine Vier-minus eingebracht.
    Das war geradezu lächerlich, wenn man bedachte, daß das Oberkommando der Rull einen Meister der Wissenschaften zur ersten Erkundung auf die Erde geschickt hatte.
    Es wurde Sonntag. Das Abbild Zebners betrat das Laboratorium, dessen Tür halb offen stand. Der Rull ging stracks durch den verlassenen Raum und bückte sich, um den Abfallbehälter aufzunehmen. Bestürzt stellte er fest, daß dieser leer war. Er überlegte einen Augenblick, ob er vielleicht den falschen Behälter erwischt haben könnte. Zuerst beruhigte er seine aufgewühlten Gefühle, dann stellte er die Entfernungen und Abstände zu den umgebenen Gegenständen fest und verglich diese mit seiner Erinnerung. In solchen Fällen arbeitete das Wahrnehmungssystem eines Rull fehlerlos. Er erkannte, daß er zweifellos vor dem richtigen Behälter stand.
    Unbemerkt kam er wieder in seiner Wohnung an. Er war gar nicht einmal unzufrieden, denn er sagte sich,

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