Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)
wissen Bescheid?«
»Sie sind bipolar? Scheiße.«
»Nein, nein … aber …« Ihm wurde übel. Sein Magen verkrampfte sich, und gleichzeitig schienen sich alle seine Innereien aufzulösen und zu Brei zu werden. Sein ganzer Körper fühlte sich glühend heiß und feucht an. Er würgte.
Dana sprang zu ihm, zog ihn hoch und verfrachtete ihn in ein winziges Badezimmer.
»Nicht abschließen«, sagte sie. »Ich hab keine Lust, die Tür aufzubrechen.«
Was sie dann noch sagte, hörte er nicht mehr. Er sank auf die Knie und erbrach sich in die Toilette.
Auszug aus Philippa Murrays Tagebuch
Samstag, 1. 9. 2007
Dana ist weg. Ich wohne wieder zu Hause. Michael will mich morgen besuchen. Er kam manchmal in die Klinik. Dana hat viel mit ihm gesprochen (nicht mit ihm geschlafen).
»Sie dürfen es nicht zu sehr als Geschenk oder als Wunder betrachten, dass Michael sich um sie kümmert«, sagt der Therapeut.
»Ich denke, es ist erstaunlich«, sage ich.
»Machen Sie sich nicht von seiner Zuneigung abhängig«, sagt der Therapeut. Manchmal hat er gar keine Ahnung, was er so redet, aber insgesamt ist er gut, es geht mir schon wieder sehr viel besser, und ich will Dana nicht mehr umbringen, wenn ich sie sehe. Ich wollte sie wirklich umbringen, noch vor drei Monaten. Dann wollte ich mich umbringen. Vor zwei Monaten. Jetzt niemanden mehr.
»Ich hoffe, es bleibt dabei«, meinte Matt letztens am Telefon.
»Beenden Sie mental die Sache mit Sean. Machen Sie bewusst Schluss mit ihm«, sagt der Therapeut, und wir diskutieren Rituale.
Ein Teil davon ist, dass ich in meinem Tagebuch Schluss mit ihm mache. Ich habe das Tagebuch ja nur wegen ihm angefangen. Um alles zu erinnern. Der Rest seiner Vorschläge sind so alberne Dinge wie Fotos verbrennen und in den Firth of Forth werfen.
»Fließendes Wasser«, sagt der Therapeut. »Um die Erinnerungen wegzutragen.«
Warum dann der Firth of Forth? Im Klo fließt das Wasser auch.
Ich habe aber versprochen, all das zu tun.
Also:
Sean, ich kann nicht mehr. Ich habe jahrelang gehofft und gebangt, aber du bist nicht wiedergekommen. Jetzt respektiere ich deinen Wunsch, mich nicht mehr sehen zu wollen. Ich habe dich einmal sehr geliebt, oder vielmehr: Ich habe einmal sehr den Menschen, für den ich dich hielt, geliebt. Seit du fort bist, erfahre ich Dinge über dich, die mir zeigen, wie wenig ich in Wirklichkeit von dir wusste, und dieser neue, dieser andere Sean hat in meinem Herzen keinen Platz. Dieser Sean hat mich verletzt und belogen.
Ich verabschiede mich von dir. Lass dir sagen, dass ich ab sofort nicht mehr wünsche, etwas von dir zu hören. Ich bin fertig mit dir. Ich schließe für immer dieses Buch, ich beende für immer das Kapitel mit dir. Ich habe jetzt ein neues Leben, ein glücklicheres, eines, das zu mir passt, mit einem Mann, dem ich von Herzen vertrauen kann.
Bleib ganz weit weg.
Leb wohl,
Pippa
ENDE
Samstag, 4. Dezember 2010
21.
Ben erwachte mit den schlimmsten Kopfschmerzen in der Geschichte der nordenglischen Arbeiterklasse. Er war in einem schmalen, länglichen Raum, in dem alles aus hochglanzlackiertem hellem Holz zu sein schien. Der Boden war mit beigem Teppich ausgelegt, und Ben lag in einem cremefarbenen Sessel. Motoren brummten, und alles vibrierte. Ihm gegenüber saß Andrew Chandler-Lytton und tippte etwas in einen Laptop.
»Ah, Sie sind wach«, sagte er und lächelte. »Wie geht es Ihrem Kopf? Die Beule ist wirklich hässlich. Sie sollten sie kühlen.«
Ben sah auf seine Handschellen, dann auf den glänzenden Tisch vor sich, auf dem eine Kältekompresse lag. Er nahm sie nicht, sah stattdessen auf die kleinen Fenster mit den abgerundeten Ecken, hinter denen alles schwarz war. »Wo sind wir?«
Andrew sah auf die Uhr. »Zehn vor vier … Wir müssten über Belgien sein. Interessiert es Sie? Soll ich die Flugroute anzeigen lassen?«
»Über Belgien? Fliegen wir nach Schottland?«
»Aber ja doch.«
»Und wem gehört dieses Flugzeug?«
»Mir.«
»Sie wohnen in einem schlichten, eigentlich spießigen Einfamilienhaus, das nicht mal halb so groß ist wie damals ihr Haus in Durham, Sie arbeiten in einem winzigen Büro ohne Mitarbeiter, und dann besitzen Sie einen Privatjet? «
»Sie sollten aufhören, Fragen zu stellen, und sich lieber darüber freuen, dass ich Sie nach Hause bringe, bevor Ihnen Schlimmeres zustoßen konnte.«
»Wer war diese Frau, die mich …«
»Stellen Sie keine Fragen. In Ordnung?«
»Machen Sie mir diese Dinger ab«, sagte Ben
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