Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)
schon gefragt!«
»Hast du die Nachricht noch?«
»Klar, aber … du kannst da nichts mit anfangen, echt nicht.«
»Zeig sie mir trotzdem.« Er hielt dem Jungen sein Smartphone hin. D. L. begann darauf herumzutippen, zog immer wieder die Nase hoch und warf John und Ben zerknirschte Blicke zu. Dann endlich hatte er die Nachricht gefunden. Er hielt Ben das Telefon hin.
»Da, schau’s dir an. Mit einem Nickname unterschrieben, und sein Profil ist nicht richtig ausgefüllt, klar.«
»Von wann ist die Nachricht?«
D. L. zeigte es ihm. Gestern Nachmittag, vier Uhr. In der Schweiz fünf. Als er noch bei Chandler-Lytton im Büro gesessen hatte. Ja, der Mann hatte am Computer herumgetippt, diese Mail musste er vorbereitet haben, um sie abzuschicken, wenn Ben bei ihm auftauchte. Der Nickname lautete: TONY L. Fehlte nur noch ein T, und es war ein Anagramm von LYTTON. Es könnte Zufall sein. Aber wie wahrscheinlich war das? Steckte Chandler-Lytton hinter dem Mord an Lillian? Und – warum war er mit nach Schottland geflogen? Sicher nicht, um Ben Gesellschaft zu leisten oder ihm einzuschärfen, dass er Cedric zurückpfeifen sollte. War Andrew wirklich schon wieder auf dem Rückweg? Hatte er hier noch etwas zu besprechen? Wenn er auf der Militärbasis landen konnte, was bedeutete das?
Oder war er auf der Suche nach Cedric?
Noch während Ben Cedrics Nummer wählte, rief er seinem Vater zu: »Pass auf den Jungen auf! Ich muss weg!« Dann rannte er ins Treppenhaus. Cedric meldete sich nicht. Er versuchte es noch einmal, und eine Frauenstimme brachte ihn dazu, sofort abzubremsen. Langsam ging er weiter bis zur Haustür.
»Wer ist da?«, fragte er verwundert. »Habe ich mich verwählt?«
»Nein, hier ist Dana Murray. Ihr Freund kann nicht ans Telefon gehen.«
»Was ist mit ihm? Ist etwas passiert?« Er riss die Haustür auf und rannte die Straße hinunter zu seinem Auto.
»Ja, wir …«
»Kann ich helfen? Wo sind Sie?« Er schloss die Wagentür auf und wollte gerade einsteigen, als es hinter ihm hupte.
Cedrics Mercedes. Am Steuer eine Frau mit einem Handy. Sie winkte ihm zu. Als er neben dem Wagen stand, sah er Cedric auf der Rückbank liegen. Er rührte sich nicht.
»Was haben Sie mit ihm gemacht?«, schrie er die Frau an.
»Nichts. Er hat von ganz alleine angefangen zu kotzen, sonst hätte ich versucht, ihn dazu zu bringen. Er hat seine Pillen überdosiert. Das hat er auch ganz alleine geschafft. Und jetzt ist er durch.«
»Scheiße. Er muss ins Krankenhaus.«
»Die können auch nichts mehr machen. Glauben Sie mir, ich kenne mich damit aus.«
»Wir können ihn doch nicht so …«
»Er wird wieder. Wir haben noch eine Menge vor.«
»Oh. Ja. Er ist in Gefahr, Sie müssen ihn wegbringen. Wir müssen ihn wegbringen. Der Typ, der seine Stiefmutter umgebracht hat, ist wahrscheinlich noch in Schottland und hinter ihm her. Wir …«
»Lillians Mörder ist wirklich in Schottland, aber ich glaube nicht, dass er vorhat, dem armen Jungen etwas anzutun.«
»Was?«
Sie ging ums Auto herum und öffnete die Beifahrertür, wie eine Chauffeurin. Er sah durch das Fenster auf Cedric, der unbeweglich auf dem Rücksitz seines eigenen Wagens lag. Unmöglich zu sehen, ob er überhaupt noch atmete.
»Steigen Sie ein. Wir reden unterwegs.«
»Wo fahren wir hin?«
»Zu meiner Schwester.«
Auszug aus Philippa Murrays Tagebuch
ENDE
Montag, 29. 11. 2010
Kjellberg? Was ist das für ein Name … schwedisch?
Pete war bei uns. Er hat uns noch nie besucht. Michael wusste im ersten Moment gar nicht, wer das war. »Pete Butler«, sagte er, und Michael brauchte zehn Sekunden, bis es Klick machte. Seans Vater.
»Ich werde Sean für tot erklären lassen«, sagte Pete.
Michael sagte nichts, sah mich nur an. Ich konnte seine Gedanken lesen: »Endlich.«
»Das geht erst nach sieben Jahren. Morgen in einer Woche sind es sieben Jahre. Ich habe schon alles vorbereitet. Ich werde seine Sachen wegwerfen. Oder begraben. Ich muss mich befreien.«
»Ich halte das für eine gute Idee … für den richtigen Weg.« Michael platzte damit heraus, und ich sagte immer noch nichts. Was auch?
»Ja, jedenfalls, Pippa, willst du etwas behalten? Als Andenken?«
Ich schüttelte den Kopf, aber Pete kannte mich besser.
»Ich habe ein paar Dinge aus seinem alten Zimmer dabei … vielleicht siehst du sie bei Gelegenheit durch.« Ein Leben in einem Schuhkarton. Er stellte den Karton neben den Wohnzimmertisch, vorsichtig, als enthielte er etwas Zerbrechliches.
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