Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)
Fenster gestoßen, und er ist verblutet.
Manchmal kommen Leute vorbei, die wirklich Interesse an dem Haus haben, aber immer, wenn sie in die Werkstatt gehen, werden sie komisch. Ich glaube nicht an so etwas, aber wenn man es so sieht, könnte man meinen, eine Art schlechter Energie hält sie zurück.
Ich werde dieses Haus nie los. Und es macht mich ganz krank. Ich will es einfach nur loswerden …
Matt sagt, ich darf nie mit Michael darüber reden. Ich rede auch nicht mit ihm darüber. Nur mit Matt.
Brief von Matthew Murray
Samstag, 22. 7. 2006
Pippa,
Du gehst nicht ans Telefon bzw. rufst nicht zurück, du checkst deine Mails nicht, ich hoffe, du liest wenigstens diesen Brief. Ich bin seit gestern in Edinburgh, weil ich mir Sorgen um dich mache. Michael hat mir alles erzählt. Er sagt, du kannst jederzeit zu ihm zurück, wenn du willst.
Ich kann nicht verstehen, warum du bei ihm ausgezogen bist? Er liebt dich, und du liebst ihn auch! Warum wohnst du ausgerechnet in deiner Werkstatt? Nicht mal in der Wohnung! Du musst da raus! Das Haus loswerden! Wie ich hörte, arbeitest du auch kaum noch, du hast dich total zurückgezogen.
Du musst bitte aufhören, deine Rechnungen an mich schicken zu lassen. Das kann so nicht weitergehen. Ich bezahle sie gerne, wenn du in Not bist, aber nicht unter diesen Umständen.
Bitte, Pippa, komm raus und rede mit mir. Wir finden für alles eine Lösung, versprochen.
Und lass es dir noch einmal versichern: Du hast Sean nicht auf dem Gewissen. Hast du eigentlich mal darüber nachgedacht, was du Michael und uns und vor allen Dingen dir selbst gerade antust? Willst du denn alles verlieren?
Rede mit mir. Ich kann mir noch zwei, drei Tage freinehmen und mich nur um dich kümmern. Ruf mich auf meinem Handy an. Oder melde dich bei Michael. Er hat seit vier Wochen nichts mehr von dir gehört. Wie wir alle!
Matt
16.
Cedric wartete hinter der Haustür. Er wusste nicht, was er sonst tun sollte. In der Bibliothek oder woanders zu sitzen und zu warten kam ihm sinnlos vor. Und da er wusste, dass gleich Besuch kam, konnte er sich auch nicht auf etwas anderes konzentrieren. Nicht auf ein Buch, nicht auf die Nachrichten. Er konnte nur warten, und wenn er schon warten musste, konnte er es auch gleich an der Tür tun.
Natürlich war er nicht in der Stimmung, Besuch zu empfangen. Er überlegte, in welcher Lebenslage er sich auf Besuch freuen würde, und es fiel ihm nichts ein. Er sah die Notwendigkeit dieses Treffens, und er reagierte entsprechend. Die Tabletten halfen ihm, nicht allzu nervös zu werden. Sein Herzschlag blieb normal, sein Blutdruck stieg nicht nennenswert, seine Gedanken überschlugen sich nicht. Obwohl fremde Menschen in wenigen Minuten in sein Haus kommen würden. Er dachte zwar mit einem gewissen Unbehagen daran, dass er hinterher die Gästetoilette desinfizieren und die Bibliothek reinigen müsste, aber es brachte ihn nicht zur Verzweiflung.
Er wünschte sich, er hätte schon vor zehn Jahren angefangen, diese Tabletten zu nehmen. Sein Leben wäre ein anderes gewesen. Freier, selbstbestimmter.
Heute hatte er zwei Stunden bei seinem Bruder verbracht. Williams Pflegemutter hatte ihn ihre Skepsis spüren lassen. Sie mochte ihn nicht. Cedric war es gewohnt, dass Leute ihn nicht mochten. Er hatte irgendwann zu ihr gesagt: »Was, denken Sie, wird das Beste für ihn sein?«
»Er braucht Liebe, wie jedes Kind. Geduldige Menschen, die ihm beibringen, sich in einer Gesellschaft zurechtzufinden, die ihn im Moment noch mehr behindert als fördert. Dass es einen Jungen wie ihn gibt, muss man als Vielfalt begreifen und nicht als Problem.« Die Frau hatte Cedric von oben bis unten gemustert und dann gesagt: »Sie haben ja immer alles im Leben gehabt. Keine Schwierigkeiten, nehme ich mal an. Immer auf die Füße gefallen.«
Er ging nicht darauf ein. »Er muss Zeichensprache lernen? Und von den Lippen ablesen?«
Sie nickte. »Er wird es ganz schnell lernen, wenn er die richtige Förderung bekommt. Wenn er später blind wird …«
»Wie sicher ist das?«
»Zumindest wird er Sehprobleme bekommen. In dem Fall kann er das Taubblindenalphabet lernen. Eine Art zweihändiges Fingeralphabet. William ist intelligent, das merkt man gleich.« Sie sah ihn wieder scharf an. »Wollen Sie ihn bei sich aufwachsen lassen?«
»Nein.«
Sie wirkte erleichtert und betrachtete ihn mit neuem Interesse.
»Ich will, dass er alles bekommt, was er braucht, damit es ihm gut geht. Ich werde viel Geld erben, und
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