Das zerbrochene Siegel - Roman
Schlechtes getan, Herr, das schwör ich bei meiner Seel.«
Schuldbewusst wand sie sich unter seinem finsteren Blick, dann brach es wie ein Sturzbach aus ihr hervor: »Es war nämlich so, Herr, dass mich vor einiger Zeit ein Mönch
wegen des Toten in unserem Hof gefragt hat, wer das Haus denn neu gesegnet hätte, nachdem der Tote weg war …«
Bruder Kilian, fuhr es Bandolf durch den Kopf.
»… und ich ihm Pater Egidius nannte. Darauf schien er besorgt und fragte mich, ob es denn sicher wäre, dass der Geist vertrieben sei. Und ich, Herr, ich dacht’ an die Milch, die sauer geworden ist, und wie Filiberta sich wegen der Vorräte und des Unwohlseins der Burggräfin sorgt, und sagte, da stünde es schlecht. Da meinte er, er könne dafür sorgen, dass der Geist endgültig weiche, doch ich müsste ihm alles genau erzählen, was im Haus vor sich ginge, bevor er mit der Reinigung beginnen könne. Ich müsse auch darüber schweigen, denn wenn nämlich ein Geist, der keine Ruhe findet, auch nur ein Wörtchen darüber hörte, dass man ihn austreiben wolle, dann würde er schon einen Winkel finden, wo er sich verbergen könnte. Und dann würde auch der Mönch ihn nicht mehr aufspüren können.«
»Allmächtiger!«, stöhnte Bandolf. »Und das hast du ihm geglaubt?«
Hildrun ließ den Kopf hängen. »Aber er ist doch ein Mönch, Herr.«
Und ein ansehnlicher, junger noch dazu, dachte Bandolf und verzog den Mund.
»So einer kann doch nichts Übles im Schilde führen. Und dann hab ich ja später auch gesehen, wie er mit dem Kämmerer auf dem Marktplatz gesprochen hat. Und auch mit Euch. Da wusste ich doch, dass ich nichts Schlechtes mache, wenn ich ihm sage, was er wissen wollte.«
Ängstlich spähte Hildrun zu ihm auf.
»Dieser gottverfluchte Hundsfott«, knurrte Bandolf erbost. »Was hast du ihm erzählt?«
Die junge Magd biss sich auf die Lippen. »Na, was er eben wissen wollte. Wer in der Halle war, was gesprochen …«
»Lass gut sein. Ich frage ihn selbst«, schnappte der Burggraf.
»Und du, mach hin, dass du ins Haus kommst. Und wenn dir das nächste Mal jemand anschafft, mich in meinem Haus auszuhorchen, dann gnade dir Gott, wenn du damit nicht zu mir kommst!«
Offenkundig erleichtert, so glimpflich davongekommen zu sein, floh Hildrun ins Haus.
Im Torhäuschen pflückte Bandolf eine Fackel von der Wand, warf Egin, der um nichts weniger schuldbewusst dreinschaute als die Magd, einen vernichtenden Blick zu und marschierte durch die Pforte.
Fahler Morgendämmer lag über dem Domplatz, als der Burggraf Bruder Kilian hinter der Bischofspfalz einholte. Der Mönch schien es eilig zu haben. Mit raschen Schritten strebte er dem Domstift zu. Glockengeläut, das die Prim verkündete, verschluckte Bandolfs Schritte, bis er dicht hinter dem Mönch war und ihn grob am Arm packte. Sichtlich erschrocken fuhr Bruder Kilian herum und versuchte, sich von dem harten Griff zu befreien, doch Bandolf hielt ihn mit unbewegter Miene fest.
»Was ficht Euch an, Burggraf?«, rief der junge Mönch, als die Glocken endlich verstummt waren. »Wenn Ihr mich sprechen wollt, muss das bis nach der Messe warten.«
»Ihr werdet die Buße für Euer Versäumnis auf Euch nehmen müssen«, erklärte Bandolf kalt. »Ich lasse Euch nicht eher gehen, bis Ihr meine Neugier befriedigt habt.«
»Herrje, Burggraf. Was immer Euer Auftritt zu bedeuten hat, kann das nicht warten?«
»Ihr seid doch augenscheinlich so begierig darauf zu erfahren, was in meiner Halle vor sich geht. Wollt Ihr nicht wissen, was ich dazu zu sagen habe? Oder hat meine Magd Euren Wissensdurst bereits gestillt?«
Mit einem ergebenen Seufzen schloss der junge Mönch für einen Moment die Augen.
»Ich ahnte, dass das nicht gut ausgehen würde«, sagte er endlich. Langsam schüttelte er den Kopf. »Ich sagte ihm gleich, dass ich nicht der rechte Mann für derlei Aufgaben bin.«
»Wem habt Ihr das gesagt? In wessen Auftrag spioniert Ihr in meinem Haus?«, fragte Bandolf scharf.
Bruder Kilian straffte sich. »Für Heinrich, König von Gottes Gnaden.«
Überrumpelt ließ der Burggraf ihn los.
KAPITEL 17
E s war ein Stöhnen, das Garsende erschreckt hatte. Der Laut kam tief aus Beatrix’ Kehle und klang kaum menschlich. Rasch nahm Garsende den Becher auf und setzte sich zu ihr nieder.
»Habt Ihr Schmerzen?«, fragte sie.
Langsam öffnete Beatrix die Augen. Ihr Blick irrte ängstlich durch den Raum und blieb schließlich auf Garsendes Gesicht haften. Die spröden Lippen
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