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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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bewegten sich und formten »Durst«.
    Behutsam hob die Heilerin ihren Kopf an und hielt ihr den Becher an den Mund. Beatrix trank nur einen winzigen Schluck, dann sank ihr Kopf ermattet zurück, und sie schloss die Augen. Für einen Augenblick schien es, als würde sie erneut in die Ohnmacht hinabgleiten, doch dann hoben sich ihre Lider. Ihr Blick heftete sich fragend auf Garsendes Gesicht.
    »Philipp?«
    »Ich weiß nicht, wen Ihr meint. Ist Philipp ein Anverwandter von Euch?«, erkundigte sich Garsende. »Ich könnte veranlassen, dass man ihn holen lässt.«
    Beatrix’ Blick glitt von ihr ab. »Er ist … krank«, flüsterte sie. »Ich muss zu ihm.«
    Hilflos schüttelte Garsende den Kopf. Im Geiste schien sich Beatrix anderswo aufzuhalten, und sie konnte ihr nicht folgen.
    »Ihr befindet Euch im Hospiz der Abtei Mariamünster zu Worms«, erklärte sie. »Ihr wart auf einer Reise und seid
unterwegs erkrankt. Man hat Euch hierher ins Kloster gebracht. Erinnert Ihr Euch?«
    Die Lider flatterten.
    »Versucht noch ein wenig zu trinken, das wird Euch guttun«, bat Garsende, während sie ihr noch einmal den Becher an den Mund führte.
    Gehorsam nippte Beatrix, doch nach zwei weiteren kleinen Schlucken wandte sie den Kopf um eine Spur. Ihre Lider sanken herab.
    Mühsam hielt Garsende die Fragen zurück, die ihr auf der Seele brannten, und wartete. Schließlich wurde ihre Geduld belohnt. Als Beatrix das nächste Mal die Augen öffnete, war ihr Blick klarer.
    »Ich weiß …«, wisperte sie. »Ich weiß es wieder.« Auch ihre Stimme schien ein wenig an Stärke zurückgewonnen zu haben. »Philipp ist nicht mehr hier.«
    Garsende schüttelte den Kopf. »Nein. Aber wenn Ihr mir sagt, wo er sich aufhält, könnte man einen Boten zu ihm schicken.«
    Der Abglanz eines Lächelns huschte über Beatrix’ eingefallene Züge. »Er ist tot«, sagte sie. »Seit vielen Jahren schon.«
    »War er ein Anverwandter von Euch?«
    »Er war mein Geliebter.«
    Garsende runzelte die Stirn. Der Geliebte, der schon seit vielen Jahren tot war, schien Beatrix weit mehr in ihrer Erinnerung präsent zu sein als ihr Gatte. Sprang ihr Geist zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her?
    »… meinen Frieden machen …«, murmelte Beatrix.
    »Möchtet Ihr, dass ich nach einem Priester schicken lasse?«
    »Beichten«, seufzte Beatrix. Mit einem unterdrückten Seufzen schickte sich Garsende an aufzustehen, doch eine dünne Hand griff schwach nach ihrem Gewand.
    »Warte … Es darf nicht mit mir ins Grab … Ich muss es
ans Licht bringen … Du musst es ans Licht bringen.« Sie keuchte und sank sichtlich erschöpft zurück.
    Garsende wartete.
    »In meinem Kopf ist alles so wirr«, flüsterte Beatrix.
     
    »Vielleicht könnt Ihr Euch noch an den Tag erinnern, als ihr auf dem Weg nach Worms zusammengebrochen seid?«, versuchte die Heilerin, sie auf den Weg zu führen.
    Beatrix’ Blick glitt von ihr ab. »Es war so kalt«, murmelte sie. »Ich musste im Freien schlafen … durfte nirgendwo Unterschlupf suchen. Sonst hätte er mich aufgespürt.«
    »Wer?«
    »Mein Gemahl.«
    »Ihr seid vor Eurem Gatten geflohen?«, fragte Garsende erstaunt.
    »Ich ertrug es nicht mehr.« Beatrix’ bleiche Züge nahmen einen gequälten Ausdruck an. »All die Wut … die Schläge … seinen Hass …«
    »Er hasste Euch?«
    »Ich konnte ihm keinen Sohn schenken.« Tränen quollen aus ihren Augen.
    »Aber wohin wolltet Ihr fliehen?«, fragte Garsende. »Habt Ihr Anverwandte, an die Ihr Euch wenden konntet?«
    Mühsam schüttelte Beatrix den Kopf. »… wollte in ein Kloster. Silber … es waren noch einige Münzen übrig … die nahm ich mit.«
    Mitleidig blickte Garsende auf sie herab. Einiges schien jetzt einen Sinn zu ergeben. Beatrix hatte sich vor ihrem brutalen Gatten in die Sicherheit eines Nonnenklosters flüchten wollen. Um sicherzugehen, dass man sie dort aufnehmen würde, hatte sie ihrem Gemahl Münzen entwendet, die ihr als Mitgift und Einlass ins Kloster dienen sollten. Da sie aber fürchtete, Arnold würde sie aufspüren, wenn sie in den Klöstern und Höfen, die auf ihrem Weg lagen,
um Unterkunft bitten würde, hatte sie die Nächte im Freien verbracht. Es musste Februar gewesen sein, als sie aufgebrochen war, und bitterkalt. Was nahm es da Wunder, dass sie krank geworden und schließlich zusammengebrochen war? Münzen hatte sie nicht bei sich gehabt, als sie gefunden worden war, dafür hatte der Burggraf Münzen bei Ulbert gefunden.
    Doch was hatte es mit dem

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