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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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Kopfschmerzes ins Dormitorium zurückgezogen hatte.«
    Für einen Moment wünschte sich Bandolf, sie hätte recht. Er seufzte tief.
    »Der einzige Vorwurf, den man Schwester Walburga machen könnte, ist, dass sie Bruder Kilians Fragen beantwortet hat. Und in Anbetracht der Tatsache, dass sie die Nichte des Erzbischofs von Bremen ist und der Mönch sich ihr gegenüber als sein Abgesandter ausgab, kann man nicht einmal das«, sagte er. »Mit Ulbert von Flonheims Tod oder mit dem Anschlag auf Beatrix von Teveno hat sie aber nicht das Geringste zu tun.«
    Garsende warf ihm einen erstaunten Blick zu. »Das verstehe ich nicht. Wer dann?«
    »Bruder Kilian berichtete mir, dass auch die Markgräfin von Turin jemanden ausgeschickt hat, um das Dokument an sich zu nehmen. Jemanden, dem sie bedingungslos vertraut. Und just diese Person hat der Mönch im Kloster gesehen.«
    »Wen?«
    Unwirsch gab er Antwort. »Serafina von Asti.«
    »Serafina«, sagte sie gedehnt.
    Zu seiner Überraschung schüttelte sie den Kopf. »Ihr müsst Euch irren. Serafina kann es nicht gewesen sein. Als der Anschlag auf Beatrix verübt worden ist, hielt sie sich in der Kirche auf.«
    »Dennoch muss sie es irgendwie bewerkstelligt haben. Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Zwar benutzt sie offenbar einen anderen Namen, doch Bruder Kilian hat sie zweifelsfrei als Hofdame der Markgräfin erkannt.«
    »Die Markgräfin hat ihre Hofdame geschickt?«
    »Was tust du so erstaunt? Du hattest Serafina doch bereits in Verdacht«, brummte er ärgerlich.
    »Ich hätte ein Weib vermutet, das unmittelbarer in das
Geschehen verwickelt wäre. Aber doch nicht eine Frau, die im Auftrag mordet«, antwortete Garsende. »Hier entlang«, fügte sie hinzu und bog in den Pfad ein, der vom Hauptweg abzweigte.
    Für einen Moment zögerte Bandolf und überlegte, ob es klug war, dem Falken allein hinterherzujagen. Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen hatte er Glück gehabt, aber er bezweifelte, dass er Lothar von Kalborn im Waffengeschick ebenbürtig war. Sich in der Stadt Verstärkung zu beschaffen, würde ihn jedoch womöglich jenes Quäntchens Vorsprung berauben, das er hatte. Bis dahin konnte der Falke die Klause längst aufgespürt haben. Das Wagnis war zu groß.
    »Das war mit ein Grund, weshalb ich den Gedanken an Serafina fallen ließ«, sagte Garsende, als er wieder neben ihr war. »Ich dachte, Schwester Walburga würde aus Rache handeln: dafür, dass die Fürsten ihren Oheim von der Seite des Königs vertrieben hatten. Ich glaubte, sie wollte Vergeltung üben, indem sie die Absichten der Fürsten vereitelte. Und nachdem ich erfahren hatte, was in dem Dokument stand …«
    »Du kennst den Inhalt des Schriftstücks? Herrje, Weib! Warum sagst du mir das erst jetzt?«
    »Zuvor war keine Zeit«, gab sie zurück.
    Einen Moment lang zögerte sie, als müsse sie sich erst sammeln. »Alles fing in der Abtei Sankt Raffael an und mit einem Zerwürfnis zwischen Abt Hugbertus und der Markgräfin von Turin …«, begann sie schließlich.
    Graue Wolken hingen über den noch kahlen Wipfeln der Bäume. Während sie den Pfad entlanghasteten, die Heilerin Beatrix’ letzte Stunde schilderte und Bandolf begriff, warum dieses Dokument die Höchsten im Reich in solchen Aufruhr versetzte, schien es ihm, als würde sich der Himmel zunehmend verdüstern.

    Und alles nur, weil ein fetter Abt den Hals nicht voll genug bekommen konnte, dachte er mit finster zusammengezogenen Brauen, als Garsende geendet hatte.
    Wenn er Bruder Bartholomäus nun finden und das Dokument tatsächlich in den Händen halten würde, was, zum Teufel, sollte er dann damit machen? Für eine so folgenschwere Entscheidung fühlte Bandolf sich nicht berufen. Einen Augenblick lang erwog er, kehrtzumachen und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Doch das unselige Schriftstück hatte bereits drei Menschenleben gekostet. Durfte er zulassen, dass es noch mehr wurden? Weder der Falke noch Serafina würden auch nur einen Augenblick zögern, jeden aus dem Weg zu schaffen, der sich ihnen in den Weg stellte, so viel war sicher.
    »Serafina hat sich bei Schwester Synesia nach der Klause erkundigt, und als ich davon erfuhr, fiel mir wieder ein, dass aus meinem Verschlag Vorräte verschwunden sind«, unterbrach Garsende seine düsteren Gedanken. »Es fehlte nur so viel, wie jemand braucht, um sich ein paar Tage zu ernähren. Ein Strauchdieb hätte sich viel mehr oder alles genommen, und die Klause befindet sich nicht allzu weit von meiner Hütte. Seit

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