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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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Blick zu seiner Gattin hinüber, die am anderen Ende der Tafel neben ihrer Tante saß und die Schüssel mit ihr teilte. Während Eltrudis ihren Appetit wiedergefunden hatte und Löffel um Löffel von Filibertas kräftig gewürztem Dinkelbrei in ihren Mund schob, schien Matthäa keinen Hunger zu haben. Mit gesenktem Kopf stocherte sie unlustig in dem Brei und sprach kaum ein Wort. Die Hauseigenen waren offenbar ebenfalls mit Stummheit geschlagen und ließen das muntere Geplauder, das sonst an seiner Tafel herrschte, vermissen. Bandolfs Stirnrunzeln vertiefte sich. Für einen Moment fragte er sich, woher die trübselige Stimmung in seiner Halle rühren mochte, doch dann schweiften seine Gedanken wieder ab.
    Das nächtliche Brüten über den toten Ulbert hatte dem Burggrafen die Erkenntnis gebracht, dass er noch viel zu wenig
von dem Mann wusste. Er beschloss, Bruder Goswin im Domstift aufzusuchen.
    Mit dem Scholasticus verband Bandolf eine Freundschaft, die einst mit ihrer gemeinsamen Vorliebe für die Werke des Römers Vergil begonnen hatte. Bruder Goswin hegte jedoch noch eine andere Leidenschaft. Seit Jahren arbeitete er an einer Chronik, die von Anbeginn der Zeit bis zum Jüngsten Gericht jedes erwähnenswerte Ereignis in Stadt und Bistum beinhalten sollte. Wenn jemand über Land und Leute Bescheid wusste, so war es Bruder Goswin. Bandolf hoffte, der Scholasticus könne ihm mehr über die Familie von Flonheim berichten, und womöglich war ihm sogar der dunkelhäutige Fremde bekannt, der mit Ulbert in Streit geraten war.
    »Ich bin anderes gewohnt, Burggraf, als in einem Haus zu verweilen, in dem man sich des Nachts vor Eindringlingen nicht sicher sein kann«, riss ihn Eltrudis’ scharfe Stimme wieder aus seinen Gedanken. »Ohne Euch belehren zu wollen, möchte ich doch nicht verhehlen, dass mir Eure Sanftmut den Hörigen gegenüber nicht angebracht erscheint. Mein Gatte, Gott hab ihn selig, hätte den Torwächter schwer bestraft, dessen könnt Ihr sicher sein.« Sie warf ihm einen strengen Blick zu. »Nicht, dass dergleichen in meinem Haus je geschehen wäre. Wie Ihr wisst, hielt ich immer streng auf Ordnung der Dinge. Glaubt mir, Ihr solltet es ebenso halten.«
    »Mit meinen Eigenleuten verfahre ich, wie ich es für angebracht erachte«, brummte Bandolf ungehalten.
    Eltrudis hob eine Augenbraue.
    »Wo seid Ihr Ulbert von Flonheims Vater zum ersten Mal begegnet?«, fragte Matthäa hastig, als wolle sie einer unwirschen Antwort ihrer Tante zuvorkommen. Überrascht schaute der Burggraf von seiner Gattin zu Eltrudis, die von einem plötzlichen Hustenanfall geplagt wurde.

    »Ihr kanntet Ulbert von Flonheim?«
    »Seinen Vater«, antwortete Eltrudis mit erstickter Stimme. Sie warf ihrer Nichte einen ungnädigen Blick zu.
    »Und wieso erfahre ich das erst jetzt?«, knurrte Bandolf.
    Eltrudis straffte ihren Rücken und räusperte sich: »Wie ich schon Eurer Gattin sagte, ist das lange her. Ich begegnete Agilbert vor vielen Jahren in der Pfalz zu Quedlinburg, und das war noch vor seiner Vermählung. Später haben sich unsere Wege nie mehr gekreuzt. Ihr seht also, es gibt nichts, was ich darüber zu erzählen hätte.«
    »Was war Agilbert für ein Mann?«
    »Er hatte ein zuvorkommendes Wesen, was seinen Mangel an Verstand jedoch nicht auszugleichen vermochte.« Sie kräuselte spöttisch die Lippen. »Er heiratete Mechthild von Fust, daran mögt Ihr seinen Mangel an Weitblick erkennen.«
    »Und über den Sohn wisst Ihr nichts?«
    »Lediglich, dass er tot in Eurem Hof lag«, erwiderte Eltrudis spitz. Sie schob ihre leere Schüssel von sich, seufzte tief und wandte sich an Matthäa. »Die Mahlzeit hat mich erschöpft, mein Kind. Ich hätte nach all den Aufregungen im Haus mein Lager nicht vorzeitig verlassen sollen. Wenn Ihr mir Euren Arm reichen würdet.«
    Gehorsam stand Matthäa auf. Für einen Augenblick schien alle Farbe aus ihrem Gesicht zu weichen. Sie schwankte, und Bandolf sprang auf. »Was habt Ihr denn?«, rief er besorgt und griff nach dem Arm seiner Gattin.
    Auch Filiberta war aufgesprungen, doch die Burggräfin hatte sich schon wieder gefangen und winkte ab.
    »Ich schicke Jacob zur Heilerin«, erklärte Bandolf.
    »Unsinn«, beschwichtigte Matthäa. »Es war nur ein kleines Unwohlsein und ist auch schon wieder vorbei.« Sie schenkte Bandolf ein zittriges Lächeln und bot ihrer Tante den Arm.

    »Recht so, meine Liebe«, meinte Eltrudis. »Es tut nicht wohl, sich zu verzärteln.«
     
    Übellaunig verließ der

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