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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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Calendulatinktur, die sie für Magdas Verband gebraucht hatte, entglitt ihren fahrigen Händen, fiel zu Boden und ging zu Bruch. Garsende stand wie erstarrt und betrachtete die Scherben, ohne sie wirklich zu sehen. Ein dumpfer Geruch verbreitete sich in ihrer kleinen Hütte, doch sie rührte sich nicht.
    »Warum seid Ihr zurückgekommen?«, flüsterte sie.

KAPITEL 3
    M ondlicht fiel auf Penelope und ließ ihr graues Fell silbern glänzen. Sie hatte sich im Kreuzgang des Domstifts eingerollt, nur wenige Schritte von der Pforte entfernt, die zum Kapitelhaus der Stiftsbrüder führte. Hinter dem Kreuzgang erhob sich der Dom St. Peter und Paul zu Worms, flankiert von seinen vier mächtigen Türmen, die wie zu Stein erstarrte Wächter über der Bischofskirche aufragten.
    Friedliche Stille lag über dem Ort. Die Domherren schliefen, und erst zur Prim würden die Glocken sie wieder zum Gebet rufen.
    Unvermittelt hob Penelope den Kopf und starrte wachsam zu der Pforte hinüber, die vom Kreuzgang auf den Domplatz führte. Die Tür knarrte. Gleich darauf glitt eine Gestalt in die Arkaden des Kreuzgangs. Die Domkatze erhob sich und verharrte reglos an ihrem Platz, ohne den Eindringling aus den Augen zu lassen. Auch er blieb stehen und schien angestrengt zu lauschen, während er mit seiner Lampe in die dunklen Ecken des Kreuzgangs hineinleuchtete, so weit der Lichtschein trug. Schließlich zog er die Pforte hinter sich zu und schlich in Richtung Kapitelhaus. Kaum hatte er sich in Bewegung gesetzt, verließ auch Penelope ihren Schlafplatz. Auf leisen Pfoten huschte sie hinter einen der Pfeiler, als wolle sie das weitere Geschehen aus sicherer Entfernung beobachten.
    Vor der Pforte zum Kapitelhaus blieb der Eindringling stehen. Penelope spitzte die Ohren, als er einen Schlüsselbund
unter seinem Umhang hervorzog und die Tür öffnete. Für einen Moment verharrte die Gestalt, als würde sie horchen, dann glitt sie durch die Pforte.
    Eine Weile noch hielt Penelope ihren Blick aufmerksam auf die Tür gerichtet, die sich hinter dem Eindringling geschlossen hatte, doch schließlich schien sie beruhigt. Mit einem Laut, der wie ein Seufzen klang, ließ sie sich, eng an den Sockel des Pfeilers geschmiegt, nieder, bettete ihren Kopf auf die ausgestreckten Vorderpfoten und schloss die Augen.
    Der Mond war weitergewandert und warf seinen Silberstrahl auf das Dach der Domkellerei, als die Pforte vom Kapitelhaus plötzlich aufgerissen wurde und die Katze erneut aufschreckte. Der nächtliche Besucher stürmte aus der Tür, eilte den Weg zurück, den er gekommen war, und hatte, ebenso wie die Domkatze, den Kreuzgang längst verlassen, als die alarmierten Dombrüder mit ihrer Suche nach dem Eindringling begannen.
     
    »Zweifelsohne gebt Ihr mir recht, Burggraf?« Erwartungsvoll hielt Eltrudis in ihrem Monolog inne.
    Bandolf hob den Kopf von seiner Schüssel und runzelte die Stirn. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wovon Matthäas Tante sprach.
    Der frühe Morgen war nie seine beste Zeit, und heute um so weniger, da er schlecht geschlafen und sich die halbe Nacht überlegt hatte, wie in aller Welt er Ulberts Mörder dingfest machen konnte, bevor Bischof Adalbero ihm einen Strick aus dieser unglückseligen Angelegenheit drehen konnte.
    »Gewiss«, murmelte er und ignorierte geflissentlich das Grinsen seines Marschalks, der neben ihm saß.
    Eltrudis war seine Unaufmerksamkeit offenbar nicht aufgefallen. »Der bedauernswerte Graf litt am Schlagfluss«,
fuhr sie fort. »Er nuschelte, sodass ihn kaum jemand verstehen konnte, was für die arme Gräfin äußerst unerquicklich war. Doch da war nichts zu machen. Und ein halbes Jahr später ist er ohnehin gestorben.« Sie schüttelte missbilligend den Kopf: »In den Armen seiner Kebse.«
    Was blieb dem armen Hund auch anderes übrig, als Zuflucht bei einer Geliebten zu suchen? Bei einem Weib wie Eltrudis, dachte Bandolf, der nur den letzten Satz aufgenommen hatte und glaubte, sie spräche von ihrem Gatten.
    Nachdem Matthäas Tante den vergangenen Tag damit verbracht hatte, in ihrer Kammer Hof zu halten, hatte sie sich heute Morgen, sichtlich mühsam, die Treppe heruntergeschleppt und verkündet, sie wolle versuchen, einen Happen zu sich zu nehmen. Um der Höflichkeit Genüge zu tun, hatte Bandolf sich nach ihrem Befinden erkundigt, und seither erging sich Eltrudis in der Aufzählung ihrer eigenen zahlreichen Leiden, die sie mit den Todesfällen aus hochgestellten Kreisen würzte.
    Bandolf warf einen

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