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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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solltet, Eure Wünsche ließen sich in meiner Hütte besser erfüllen, muss ich Euch enttäuschen. Ich habe zu tun«, versetzte sie, während sie sich umdrehte und den Pfad zu ihrem Heim betrat.
    Mit wenigen Schritten hatte er sie eingeholt. »Gib mir eine Harke, und ich helfe dir«, bot er an.
    Die Vorstellung von einem Edelmann, der mit dem Schwert an seiner Hüfte in ihrem Kräutergarten hockte und
Unkraut auszupfte, brachte sie zum Lachen. »Süßer Jesus, das möchte ich wohl sehen«, gluckste sie. »Habt Ihr denn sonst nichts Besseres zu tun?«
    »Tag um Tag sitze ich untätig in der Bischofspfalz, lausche dem Geschwafel des sauertöpfischen Vogts und langweile mich zu Tode, während die Tochter meines Oheims auf sich warten lässt. Da erscheint mir das Harken als willkommene Abwechslung.«
    »Schwindler.«
    »Aber wenn ich es dir sage!«
    Garsende warf ihm einen raschen Blick zu. »Der Burggraf sucht händeringend nach Euch, aber Ihr seid offenbar nie in Eurem Quartier.«
    »Der Burggraf? Sieh an. Was will er denn von mir?«
    »Er möchte wissen, ob Ihr Ulbert von Flonheim gekannt habt, oder Arnold von Clemante.«
    Das Lächeln spielte noch um seine Lippen, doch er runzelte die Stirn. »Arnold von Clemante?«, fragte er gedehnt.
    »Der Mann, der Ulbert auf dem Marktplatz angegriffen hat«, gab sie ungeduldig zur Antwort.
    »Hast du gestern nicht gesagt, der Burggraf wüsste nicht, um wen es sich dabei handelt?«
    »Gestern wusste er das auch noch nicht. Im Kloster hat man ihm aber von Beatrix’ Gatten berichtet, und wir glauben, dass es sich um denselben Mann handelt. Und denkt Euch nur, er hat auch Ulberts Witwe angegriffen, kaum dass sie vom Tod ihres Gatten erfahren hatte.«
    »Tatsächlich«, murmelte er. »Woher weißt du davon?«
    Sie runzelte die Stirn. »Der Burggraf bat mich, mit der Witwe zu sprechen, und sie erzählte mir davon.«
    Lothars Züge verfinsterten sich.
    »Es steht Euch nun wirklich nicht an, mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe«, wehrte sie ab, bevor
Lothar womöglich etwas einwenden konnte. Doch als er auflachte, beschwichtigend die Arme hob und meinte, dergleichen würde ihm nie einfallen, musste sie ebenfalls lachen.
    Lothar schien sich geschlagen zu geben. »Also schön«, meinte er. »Dann erkläre mir, was die Witwe zu dir gesagt hat und warum dir so am Herzen liegt, dass ich mit dem Burggrafen spreche.«
     
    Schwere Wolken bedeckten den Himmel. Das Glockengeläut der Klosterkirche verkündete die Non’, doch als Bandolf den Waldweg betrat und die Wipfel der Bäume sich über ihm schlossen, war ihm, als würde es Nacht werden. Auch sein Magen schien dieser Ansicht zu sein, und die Aussicht auf Barsch vom Rost und frisches helles Brot auf seiner abendlichen Tafel beschleunigte Bandolfs Schritt. Er war noch nicht weit gekommen, als ein launiger Wind an den Ästen zu rütteln begann. Die ersten Regentropfen fielen. Rasch wurde der Regen stärker, und der Burggraf stülpte die Kapuze seines Umhangs über den Kopf, während er sich gegen den Wind stemmte. Heftige Böen wirbelten den Mantel um seine stämmigen Beine, zerrten an der Kapuze und schlugen ihm die nassen Zweige vom Wegrand ins Gesicht.
    Plötzlich hemmte ein Ruck seinen Schritt. Der Saum des Umhangs hatte sich im Buschwerk zu Füßen der Bäume verfangen. Ungeduldig zerrte Bandolf an dem Stoff, doch der Saum löste sich nicht. Mit einem geknurrten »Verdammnis!« zwängte er sich ein Stück ins Unterholz, um an die Wurzel des Übels zu kommen. Während er noch mit klammen Fingern versuchte, den Stoff aus dem verzweigten Gesträuch zu lösen, hörte das Unwetter so unvermittelt auf, wie es gekommen war. Wind und Regen schienen sich erschöpft zu haben. Mit einem Mal war es so grabesstill, als
würde der Wald den Atem anhalten. Bandolf verharrte, um in das beunruhigende Schweigen hineinzulauschen, und erst der trällernde Ruf eines Vogel ließ ihn wieder aufatmen. Endlich gelang es ihm auch, seinen Mantel aus der Umklammerung der dornenbewehrten Zweige zu lösen, doch als er sich anschickte, das Unterholz zu verlassen, hörte er ein anderes Geräusch, das ihn veranlasste, jäh innezuhalten. Einige Schritte hinter ihm verlief ein Trampelpfad ein gutes Stück parallel zum Weg durchs Unterholz, und von dort kam ein verhaltenes Knacken.
    Bandolf spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Wie schon gestern auf seinem Rückweg von der Hütte der Heilerin in die Stadt beschlich ihn das eigentümliche Gefühl, als

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