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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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uns wieder verlässt.«
    »Tatsächlich?« Bandolf sah den Mönch durchdringend an, doch Bruder Kilian hielt seinem Blick stand.

    »Dann seid willkommen in meiner Halle und teilt das Brot mit mir.«
    Am Fußende der Tafel saß Eltrudis mit einer Nadelarbeit auf dem Schoß. Sie war offenkundig damit beschäftigt, Hildrun eine scharfe Lektion zu erteilen, denn die junge Magd stand mit hochroten Ohren und betretenem Gesicht vor ihr. Als Bandolf mit seinem Gast eintrat, erhob sie sich und schob die Magd beiseite, um Bruder Kilian angemessen zu begrüßen.
    Erheitert beobachtete Bandolf das Mienenspiel des jungen Mönches, der Eltrudis’ Redeschwall zunächst verwundert und dann mit wachsender Verlegenheit lauschte. Bevor sie sich in Einzelheiten ergehen konnte, unterbrach der Burggraf ihren belehrenden Erguss über den Verfall der guten Sitten und der mangelnden Frömmigkeit der Menschen im Allgemeinen und des Hofes im Besonderen und bugsierte den sichtlich erleichterten Bruder zum anderen Ende der Tafel.
    Schweigend nahmen die beiden Männer Platz. Mit stiller Freude bemerkte Bandolf den raschen, gefälligen Blick, den der junge Mönch dem Liebreiz seiner Gattin zollte, als Matthäa heißen Würzwein, Brot und Salzfässchen an den Tisch brachte. Flüchtig dachte er, dass sein Weib tatsächlich frischer schien als seit langem. Dann schob er den Gedanken beiseite und wandte sich seinem eigentümlichen Gast zu.
    Bruder Kilian hatte ihm gegenüber Platz genommen. Steif saß er da und erwiderte den forschenden Blick des Burggrafen mit ruhiger Würde. Nur die feingliedrigen Finger, mit denen er ein ums andere Mal über den Rand seines Bechers fuhr, verrieten seine Unruhe. Eine Weile tauschten die beiden Männer Gemeinplätze aus. Bandolf erkundigte sich, ob Bruder Kilian Neues über den Zustand des jungen Königs wüsste, doch der Mönch schüttelte nur betrübt den
Kopf. Seine Hoheit habe ihn noch vor seiner Krankheit nach Worms geschickt, um die Übergabe eines Reichsguts an den Domstift zu regeln, und seither habe er nur gehört, was allgemein bekannt sei.
    »Was hat Euch zu mir geführt, Bruder?«, fragte Bandolf, nachdem der guten Sitte Genüge getan war.
    Bruder Kilian räusperte sich. »Bevor ich Lorsch verließ, gab König Heinrich mir Order, Euch aufzusuchen. Er wünschte, dass ich Euch seines ausdrücklichen Wohlwollens versichere und Euch seine Grüße übermittle.«
    Nachdenklich runzelte Bandolf die Stirn. Wenn ein König sich herbeiließ, einen Sachwalter niederen Adels wie den Burggrafen von Worms seines Wohlwollens zu versichern, dann schien Vorsicht geboten. Und noch dazu eines ausdrücklichen Wohlwollens, dachte Bandolf mit einem Anflug von Sarkasmus. Dankend neigte er den Kopf.
    Bruder Kilian fuhr eindringlich fort: »Seine Hoheit hofft, dass Ihr ihm auch weiterhin mit derselben Treue verbunden bleibt, die Ihr in vergangener Zeit an den Tag legtet.«
    »Ja?«
    »Und seine Sache gegen jedweden Widersacher verteidigt.«
    Bandolf wartete darauf, dass der Mönch weiterspräche, doch Bruder Kilian senkte den Kopf und schien seine Aufmerksamkeit gänzlich auf seine um den Becherrand kreisenden Finger zu richten.
    »Und hatte der König eine Sache spezieller Natur im Sinn?«, erkundigte sich Bandolf behutsam, nachdem das Schweigen sich dehnte.
    Kilian sah auf. »Wie kommt Ihr darauf?«
    »Mir war so, als wolltet Ihr dergleichen andeuten.«
    »Gibt es denn eine Sache spezieller Natur, die den König beunruhigen müsste?«, fragte Bruder Kilian leichthin.
    Schach dem König, fuhr es Bandolf durch den Kopf. Er
hätte wissen müssen, dass er keinem Tölpel gegenübersaß. So jung Bruder Kilian auch war, schien er über seine Jahre hinaus gewandt zu sein. Zudem war der Mönch durch die Schule Adalberts von Bremen gegangen. Mochte der gestürzte Erzbischof auch von seinem Ehrgeiz geblendet gewesen sein, so war er jedenfalls kein Dummkopf gewesen. Und offensichtlich hatte er Kilian auch die Kunst der Wortklauberei bei Hof gelehrt.
    »Wenn ein toter Edelmann auf der Türschwelle seines Burggrafen den Dunstkreis des Königs berührt, so hätte er wohl Anlass zur Besorgnis«, antwortete der Burggraf.
    »Falls dem so wäre, was würdet Ihr dem König Neues berichten?«
    Doch Bandolf hatte genug vom Katz-und-Maus-Spiel des Benediktiners.
    »Ist es das, worum es Euch geht?«, fragte er.
    Die glatte Miene, die der Bruder aufgesetzt hatte, schien ein wenig zu verrutschen. Unschlüssig kaute Kilian auf seiner Unterlippe, als

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