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Das zweite Gesicht

Titel: Das zweite Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Nette und Her m ann herabrieseln. Her m ann krächzte vor Lachen.
    Chiara holte aus und schlug Masken m it aller Kraft ins Gesicht – nicht nur wegen Nette oder seines eisigen Hohns, sondern weil er Recht hatte, verdam m t . Sie hatte Angst um ihre Karriere. Sogar jet z t. Aber als ihr Blick sich wieder für einen Mo m ent klä r te, stand er immer noch da und sah sie grinsend an, und i h r wurde klar, dass der Schlag nie stattgefunden hatte, dass sie W un s chdenken und W i rklichkeit nicht m ehr auseinander halten konnte.
    Trotzdem ging sie auf Masken los, d er m erklich verwundert über ihre R eaktion war – so als wollte sie Her m ann a us irgendeinem mysteriösen Grund vom Verspeisen eines Kuchens abhalten, nicht von einer Vergewaltigung.
    Iwan sah ihre Bewegung, registrierte sie als Attacke auf Masken u n d reagierte sofor t . Maria kippte m it einem Schrei nach hinten, krachte m it dem Hinterkopf gegen eine T i schkante und fiel benom m en zur Seite, genau auf Edgar, der m ittlerweile eingesc h l a fe n war.
    Chiara r empelte Mas k en beis e ite, um Hermann von Nette herunterzureißen, wurde aber ihrer s eits von Iwan gepackt und wie ein Nichts z u r Seite ge s chleu d ert. Noch während sie sich aufrappelte, h ö rte s i e, wie Masken wütend seinen Lakaien zurecht w ies; dann kam er zu ihr, um ihr aufzuhelfen.
    »Dieser I d i o t! Ver z eihen Sie ihm seine …«
    Dies m al schlug sie ihn tatsäc h lich, nicht m it d e r Faust, auch nicht m it der flachen Hand, sondern m it Fingern, sie sie zu Krallen gekrümmt h a tte. Sie traf ihn an der verletzlichen Haut unter dem Aug e , und noch während er aufschrie und zurücktau m elte, sah sie Blut fließen.
    Iwan stand stu m pfsinnig da, unsicher, ob er seinem Boss  trotz der Schelte erneut zu Hil f e k o m m en sollte od e r ob Masken diese Angelegenheit allein erledigte. Die Entscheidung wurde ihm abgenom m en, als H e r m ann sich zufrieden von Nette erhob und an Iwans Är m e l zog. »Du bist dran.«
    Chiara brüllte und wollte vorspringen, als sie plötzlich in die Mündung von Her m anns Revolver blickte. Mit heruntergelassener Hose stand er v o r ihr, s e in Glied n o ch im m er halb versteift, die W affe beidhändig auf sie geric h tet u n d m it ein e m Gesicht s ausdruck j e nseits jed e r Vernunft. Absinth und Koks hatten ihn berauscht, aber völlig au ße r sich war er erst jetzt, vi e ll e ic h t weil er erkannte, dass nicht j e der im Raum für richtig hieß, was er getan hatte.
    »Halt’s Maul!«, brüllte er Chiara an. »Und sei endlich still, sonst bist du auch noch dran.« Wieder brach er in Gelächter aus, seine Augen waren tränenunterlaufen.
    Masken keuchte etwas, während Iwan ein animalisches Grunzen ausstieß, als er sich über Nette hermachte. Zwischen all diesen verzerrten Fratzen sah Chiara Nettes Gesicht wie einen Lichtsplitter schimmern. Es war, als hätte jemand die Züge des Mädchens leer gefegt, ihr Blick war starr wie der einer Schaufensterpuppe – aber er war genau auf Chiara gerichtet, und sie las Fragen darin und Anschuldigungen.

    Du hättest das verhindern können – warum hast du es nicht getan?
    Chiara stieß einen Schrei aus, der selbst Masken erschreckte, m obilisierte alle ihre Kräfte und stürzte sich auf He r m ann, ungeachtet des Re v olvers, d er plötzlich losging, oh n e sie zu tre f fen. Die W a ffe schlitterte davon, Chiara prallte gegen den Mann und riss ihn zu B oden. Sie trom m elte m it beiden Fäusten auf sein Gesicht ein, ehe sie
    eine blutige Hand an der Schulter packte und hochriss. Als Nächstes s p ürte s i e, wie je m and ihr etwas m it der flachen Hand in den Mund presste, ein trockenes Pulver – genug Kokain, um einen Elefanten a ußer G efecht zu setzen. Den größten Teil davon spuckte sie aus, aber einiges schluckte sie, und einiges blieb zwischen ihren Zähnen und am Zahnfleisch kleben, und einiges at m e te sie durch die Nase ein.
    Dann lag sie am Boden, wurde von dunklen Sche m en und For m en festgehalten, hörte Lachen, das wie das ihrer Schwester klang, vielleicht aber auch ihr eigenes war. Sie presste sich die Hände auf d i e Ohren und sperrte sich m it dem Pochen ihres Bl u t es ein, während ihre aufgerissenen Augen in die von Nette starrten, als hätte je m and Fäden zwischen ihren Pupillen gezogen und m iteinander verknotet.
    Ihr wurde nicht schwarz vor Augen, sondern bunt, sie sch m eckte Alkohol auf den Lippen, den m an ihr einflößen wollte, ab e r sie weigerte sich zu

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