Das zweite Gesicht
auch nie m and. Die Leute würden aus anderen G ründen ins Kino gehen – unter andere m , weil ihr Kleid im Verlauf des Fil m s i m m er kürzer wurde, behauptete der Regisseur.
Masken war am anderen Ende der L eitung.
»Ich wollte m al wieder einen Vers u ch starten, Sie zum Essen einzuladen. Im K e m pinski, wenn Sie m ögen.« Er m achte eine Pause. » S ind Sie n o ch dra n ? Oder i s t Ih n en die Vorstellung derart zuwider, dass es Ihnen die Sprache verschlagen hat ? «
»Heute Abend ? «
»Gerne. W a nn sind Sie fertig im Atelier ? «
»Nicht vor sechs.«
»Dann sagen wir um a c ht. Oder ist das zu früh?«
»Acht ist in Ordnung.«
»Ich m öchte Ihnen je m anden vorstellen.«
»Ach ja? Wen denn ? «
»Das erzähle ich Ihnen nicht am Telefon.«
» W ollen Sie m i ch auf die Folter s panne n ? « Alles w a r besser, a l s weiter d a r ü ber nachzugrübeln, ob er sie bei ihrem Einbruch gesehen hatte oder nicht.
Er seufzte. »Es wird nett werden, das verspreche ich Ihnen. Keine Sorge.«
»Ich bin keineswegs besorgt.«
Er l a chte l e ise. »Ich bin m i r durchaus im Klaren darüber, dass sie bisher ungefähr zwa n zig m e i ner Einladungen zum Abendessen abgelehnt haben. Und heute neh m en Sie plötzlich an. Gibt’s dafür einen besonderen Grund, wenn ich fragen d arf?«
»Nach allem, was die hier im Atelier m it m i r veranstalten, kann ein nettes Essen nicht schaden, finden Sie nicht? V orausgesetzt, es st ö rt sie nicht, d ass ich voller Schram m en und blauer Flecken bin und ich Ihnen nicht versprechen kann, dass ich m it einer anständigen Frisur erscheine.«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Im K e m p i nski, haben Sie gesa gt ? Das ist in der Leipziger Straße, oder ? «
»Stim m t . Gutes Essen und ruhige Tische, wenn m an will.«
»Einverstanden. Dann bis um acht.«
*
An Maskens Tisch saß ein junger Mann. Beide standen auf, als Chiara auf sie zuging. Masken stellte seinen Begleiter als Jakob Tiberius vor, und noch bevor sie wusste, wer er war, hatte sie beschlossen, ihn zu mögen.
Er hatte kurzes braunes Haar und ernste Augen, die jede ihrer Bewegungen registriert e n, ohne im Entferntesten
anzüglich zu sein – sie erfuhr bald, dass dies zu seinem Beruf gehörte: Jakob Tiberius war Schauspiellehrer. Er schätzte sie ein, bewertete s i e, aber aus einem Grund, den sie nicht gleich benennen konnte, war ihr das nicht unangenehm. W enn er lächelte, h atte sie anders als bei Masken das Gefühl, dass er es von Herzen tat, und sy m pathisch war i h r a u ch, dass er sie n i c h t g l eich m it Ko m pl i m enten überhäu f t e. Auch das war, vermutete sie, Teil seiner Urteilsfindung.
Nach einer Viertelstun d e fasste s i e Vertra u en zu ih m ; nach einer halben hatte sie das Gefühl, dass sie gerne ein m al alleine m it ihm essen gehen würde.
Masken hielt sich in be m er k enswerter W eise z u rück, bis er schließlich erklärte, er hielte es für eine g u te I d ee, wenn sie bei Jakob Unterricht näh m e. »Erinnern Sie sich noch, was ich Ihnen über Jula erzählt habe? Dass ich sie nie dazu bewegen konnte, ihr T a lent weiterzuentwickeln ? «
Sie nickte, insgeheim amüsiert über seine Vorsicht. »Sie haben gesagt, sie sei keine gute Schauspielerin gewesen.«
Jakob grinste.
»Nun, etwas in der Art, vielleicht«, sagte Masken.
»Jedenfalls habe ich ihr mehr als einmal das gleiche Angebot gemacht, aber sie hat jedes Mal abgelehnt.« Chiara wandte sich an Jakob. »Haben Sie meine Schwester kennen gelernt?«
Masken wollte an sei n er Stelle antworten, d och d e r junge Schauspiellehrer ließ das nicht zu. »Nein, getroffen habe ich sie nie. Ich kannte sie nur von der Leinwand. Herr Masken hatte wohl da m als einen anderen Lehrer für sie im Sinn.«
»Eine Lehrerin.« Masken nickte. »Aber daran hat es nicht gelegen. Jula war zu s e hr von sich überzeugt. Und wer kann ihr das verübeln, nachdem ihr von allen Seiten im m er wieder er k l ärt wurde, dass sie eine göttliche Actri c e sei.«
Dich eingeschlossen, dachte Chi a ra. Er m ochte sich se h r clever vorkom m en, der große Manipulator im Hintergrund, doch in Wahrheit fa nd sie ihn leicht z u durchschauen. Bis auf einen ge w i ssen Punkt jedenfalls. Bis auf eine gehei m e Tür in seinem Wandschrank.
»Noch ein wenig W ein, gnädige Frau ? «
Sie lehnte ab und bat den Kellner um W asser. Ein Glas Wein war m ehr als genug. W er wusste, wessen Schränke sie s i ch h eute Nac h t sonst v o rneh m
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