Das zweite Gesicht
i r Ihr Herz ausschütten, und nichts davon wird gespielt s e in. S i e werden ec h te Gefühle brauchen, u m künstliche zu for m e n. Das ist eine d e r Grundvoraussetzungen.«
Sie be m erkte, da s s M asken s i ch wieder dem Tisch näherte.
»Sieht aus, als m üss t en wir dieses The m a auf ein ander m al verschieben.«
Jakob schaute sich u m , entdeckte Masken eben f alls und beugte sich dann rasch zu i h r vor. »Machen Sie weiter«, flüsterte er. » W enn die Suche nach Julas Vergangenheit Sie m ehr b e wegt als alles andere, dann suchen Sie. Holen Sie alles raus, was Sie an Neugier und Aggression und Trauer in sich haben. Tun Sie’s einfach, und küm m ern Sie sich nicht um uns. Nur um sich. Und um Jula.«
Sie m usterte ihn verwundert und erinnerte sich, dass der Portier im Hotel ihr etwas ganz Ähnliches geraten hatte. Masken nahm Platz und tupfte si c h m it der Servi e tte weißen Staub von der Nase.
*
An einem Sa m stagabend fand die Pre m iere von Maskens Film i m Uf a -Palast am Zoo statt, einem Prachtbau, dessen Fassade m an den neo-ro m anischen Gebäuden rund um die Gedächtniskirche nachempfunden hatte.
Die Kolonne der Li m ousinen riss nicht ab, immer neue Paare und Gruppen stiegen aus, schritten über den roten Teppich zum Eingang und verloren sich in der W eite des Zuschauer sa als. Die Str a ße f lir r t e im Blit z lic h t g e witt e r der Pressefotografen. Schaulusti g e drängten sich auf den Bürgersteigen rund um die Absperrungen aus goldenem Seil. Eigens für den Abend ange h euerte Lei b wächter in Fantasieunifor m en hatten alle H ände voll zu tun, begeisterte Anhänger von ihren Idolen fern zu halten.
Was Rang und N a m en hatte, war erschienen – nicht allein, weil der Film einen gelungenen Abend versprach, sondern auch, weil es seit Jahren keine Masken-Pre m i ere m ehr gegeben hatte und m an dabei sein wollte, wenn er sich erne u t m it einem W erk an die Ö ff entlic h keit wagte. Über Medusa sprach m a n nur hinter vorgehaltener Hand, gute Laune wurde wie Sch m uck zur Schau getragen. Man gab Masken noch eine Chance. Dabei ging es den wenigsten w i rklich um ihn.
Die W ahrheit war, dass sie wegen Chiara gekom m en waren. Seit W ochen lancierte Masken Artikel und Reportagen in allen g r oßen Illustrierten und Tageszeitu n gen. Chiara hatte ein gutes Dutzend Journalisten in ihrer Suite im Adlon e m pfangen, stets unter Ma s kens wac h sa m e m Auge, hatte Interviews gegeben, für Fotografen posiert, sich m alen lassen und stets von neuem ihre Begeisterung für Poe beschworen.
Nicht, dass irgendwen der Grad ihrer Belesenheit interes s ierte, das wusste auch C h iara. W i e war ihre Beziehung zu Jula? ( H ervorragend.) Haben Sie sich oft gesehen? (O ja!) Die Kindhei t ? (A r m , aber wundervoll.) Die Elter n ? (Förderer unserer T alente.) Die Hei m at? (Überall, wo m an m i ch liebt.) Und die Zukunft? (In Ihren Händen, m e ine Da m en und Herren. Und in denen des Publiku m s.)
Heute, am Pr e m i erenabend, gab es kei n e Presseges p räche. Die anwesen d en Journalisten waren handverlesen, ein erlauchter Zirkel von Vertrauten der Branche, der wusste, worauf es anka m . Glanz und Glitter. Die N a m en, die Gesichter, der Prunk. Die Schönheit der Diven. Das Markante der Herren. Die Begleiterinnen und Begleiter. D er Tanz, die Bli c ke, die Küsse. Die Kleider, natürlich die Kleider. Das intern at ionale Fl a i r. Der Neid der A m erikaner und Italiener. Die Größe deutschen Fil m schaff e ns.
Links neben Chiara saßen Torben Grapow und Bernhard Götzke, rechts Masken, Alfred Kubin, der Ka m er a m ann und je m and, von dem behauptet wurde, er sei ein Nachkom m e Poes und eigens aus den Vereinigten Staaten anger e ist; e r würde s p äter öff entlich erklären, d e r Film sei ganz im Sinne seines Urahnen, sein Geist at m e aus jedem Bild. Tatsächlich handelte es sich um einen arbeitslosen a m erikanischen Scha u spieler m it einer entfernten Ähnlichkeit zu Poe, den Masken wer weiß wo aufgetrie b en hatte.
Chiara war au f geregt, i h r Herz ra s t e, ihre Knie z itterten. Sie hätte gerne bei Ursi und Lea gesessen, die m it ihren Männern zwei Reihen hinter ihr Platz genommen hatten. Götzke spürte genau, was m it ihr los war, und schenkte ihr gelegentlich besänftigende Blicke. Grapow war so aufgeregt w i e s i e s elb s t , auch wenn er es g eschic k ter verbarg. Er hatte keine Begleiterin dabei, was auf der Pre m ierenfeier im
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