Das zweite Imperium der Menschheit
Jedenfalls sah ich in das Auge des Götzen.«
»Und was sahst du?« Aidon stieß die Worte hervor. Er ahnte,
was der Babylonier sagen wollte.
»Meine Jagd ist zu Ende. Wir alle müssen in wenigen Tagen sterben.
Wir haben uns angesteckt. Eine tödliche Seuche wird uns umwerfen und töten.
Ich muss in drei Stunden abtreten; meine Rasse ist alt, und die Widerstandskraft
ist gering. Diese netten Pelztiere waren es, die das Seuchenvirus übertrugen.
Sie scheinen immun dagegen zu sein. Das Ende dieser Planeten ist der Seuche
zuzuschreiben – gib mir noch einen Schluck von dem Satanszeug.«
Aidon führte, starr vor Schreck, die Flasche an Dors Lippen und sah bewegungslos
zu, wie er trank. Das Blau der Haut begann zu verblassen.
»Wahrscheinlich werdet ihr länger brauchen, bis ihr sterbt. Eure Zellen
sind noch reaktionsfähig und werden vorläufig Antikörperchen
bilden. Aber gegen diese Seuche ist noch kein Serum erfunden worden, weil sie
woanders noch nie aufgetreten ist. Aber ich gebe dir einen Rat. Befolge ihn
unbedingt«, flüsterte der Babylonier.
»Bitte.«
»Du musst im Schiff, das voller Kostbarkeiten ist, alles zusammentragen,
was gefunden wird. Es wird dir nicht schwer fallen, einen Grund dafür zu
finden. Beeile dich. Bald werden die Männer müde werden ...«
Die Stimme des Blauen wurde schwächer, aber Aidon verstand jedes Wort,
das er sagte. Eine Stunde lang vermochte Dor noch zu sprechen, dann lähmte
das Gift die Zunge. Er schwieg. Aidon jagte ihm eine doppelte Dosis Morphium
in den Arm. Mehr konnte er für Dor Amakron nicht tun.
Auf Dorian fiel die Nacht. Es gab keinerlei Zwielicht mehr, als Guy Aidon das
breite Fenster öffnete. Zwischen dem Schiff und dem Eingang zum Felsen
wanderten Gestalten hin und her. Sie trugen große Dinge, die im Licht
des Mondes glänzten. Das Fenster musste offen sein, denn die Seele des
Babyloniers brauchte eine Öffnung, durch die sie hinaufschwingen konnte
zu den Sternen, in denen sie wohnte. Dor hatte ihm diesen Glauben vor Jahren
einmal erklärt.
Es lag Tod in der heißen, schweren Luft. Ein Scheinwerfer beleuchtete
notdürftig die Luke der SEARCHER. Aidon hob die Augen. Der Mond sah bösartig
aus; bereit, sich jeden Augenblick auf gerade diese Stelle des Planeten zu stürzen.
Der Geruch der Nacht war wie der Odem einer anspringenden Bestie. Dan Flamsteeds
kleine Gestalt löste sich aus dem Schatten des Schiffes. Er winkte zu Guy
hinauf. Aidon hob matt die Hand und bedeutete ihm, hinaufzukommen. Hinter sich
hörte er plötzlich ein Ächzen, dann einen lang gestreckten Seufzer.
Er wandte sich um und trat schnell zum Lager. Dor öffnete noch einmal die
Augen, dann ruckte sein Kopf zur Seite. Für einen der Wölfe war die
Jagd zu Ende.
Flamsteed kam herein. Seine Kaumuskeln bewegten sich rhythmisch. Der süßliche
Geruch des Euphokrauts schlug Guy entgegen. Knackend schloss sich die metallene
Platte. Dan schaltete das Licht ein. Dann fuhr er zurück. Seine Augen weiteten
sich vor Schreck. Seine Hand ließ den Schalter los.
»Was ist das?«, fragte er ungläubig.
Aidon sagte eindringlich: »Dor Amakron ist eben gestorben.«
Flamsteed blickte zum Fenster und nickte.
»Keine Sorge, es ist offen gewesen.«
»Woran?«, wollte der Physiker wissen.
Flamsteed ließ sich schwer auf einen Sessel nieder. Er vermied es, in
Richtung des Babyloniers zu schauen. Irgendetwas hielt ihn davon ab; noch scheute
er die Antwort.
»Ich brauche dich zu einer bestimmten Arbeit, Dan. Bist du in der Lage,
zu mikroskopieren?«, fragte Aidon nachdenklich.
»Jederzeit.«
»Pass auf: Unser Leben, unser aller Leben, hängt davon ab, ob du in
der Lage bist, innerhalb von zwei Tagen festzustellen, ob und in welcher Weise
wir uns infiziert haben. Amakron behauptet, dass wir uns an diesen Pelztieren
angesteckt haben. Er meint, dass es eine tödliche Seuche sei. Du musst
herausfinden, wie das Virus beschaffen ist, und mit welchen Mitteln wir es bekämpfen
können. Klar?«
Flamsteed war blass geworden. Er steckte nervös eine neue Tafel des Narkotikums
in den Mund und biss darauf. Dann begann er zu lachen. Es war eine hysterische
Stimme, mit der er zu sprechen begann.
»Ich habe es geahnt! Schon während des Anflugs wusste ich, dass wir
umkommen würden – aber keiner hätte es geglaubt. Meinetwegen
– ich werde versuchen, es herauszufinden.«
Aidon stand auf und fasste an den Griff des
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