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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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verstrichen. Dann öffnete sich die Tür.
Es war Tex, ihr Hausroboter. Das Visier über den Augen glitt klickend hoch.
    »Ein Wagen wartet, Miss Andreatta.« Sie atmeten erleichtert auf. Jorge
steckte die Waffe weg. »Wir
sind fertig.«
    Der Roboter verriet mit keiner Reaktion, dass er überrascht war. Plötzlich
stimmten seine Informationen nicht mehr.
    »Hilf uns, das Gepäck herunterzubringen«, befahl die junge Frau.
    Tex ergriff die Koffer und hob sie hoch, als wären sie Papier. Dann bewegte
er sich geräuschlos die Treppe hinunter und öffnete die Haustür.
Auf dem Wagen war eine schwarze Kabine befestigt, auf der im Licht der Straßenbeleuchtung
Buchstaben schimmerten. C. G. Henderson. Spezialumzüge und Transporte las Jorge. Er lachte, dann sprang er seinem Gepäck nach, das Tex auf
der Ladefläche des geöffneten Würfels verstaut hatte. Er half
seiner Tochter, hinaufzuklettern. Als sie sich in der Dunkelheit des Würfels
befanden, merkten sie, dass sich der Wagen entfernte. Sie hörten noch,
wie die Uhr des Großen Turmes, der unzerstört geblieben war, eine
halbe Stunde nach Mitternacht anzeigte.
    Als das Fahrzeug das nächste Mal halten musste, waren weder Jorge Andreatta
oder seine Tochter noch ihr Gepäck in seinem Innern. Sie waren einfach
verschwunden, als hätten sie sich in Luft aufgelöst.
     
    Rapin Viper wurde beschattet; der Sohn des großen Viper, schlank, trainiert,
mit dem typischen Verstand der Männer, die durch die Schulen des Planeten
Khorsabad gelaufen waren. Er hatte es seit Wochen gemerkt. Rapins Augen, hellgrau
mit winzigen goldenen Punkten darin, waren schärfer als die Phantasie der
Leute vom Planetaren Sicherheitsdienst. Sein Verstand hatte reagiert, als die
ersten Zeichen auftauchten. Die Art, in der sich gewisse Störungen in seine
Privatgespräche einschlichen, die Art, in der sich plötzlich Männer
mit glatt rasierten Gesichtern an seinen Tisch in der Kantine zu setzen pflegten
und die Weise, in der man den Ablauf seiner wissenschaftlichen Forschungsarbeiten
zu betrachten pflegte.
    Rapin hatte, von Vixa gewarnt, in einem seiner hoch komplizierten Hilfsrobots
eine winzige Abhöranlage entdeckt, die aber einer Überprüfung
nicht standhielt und sich in einer Flamme auflöste, als er sie ausgeklemmt
hatte. Als er sich daraufhin beim Sicherheitsdienst beschwerte, wusste niemand
darüber Bescheid. Es machte Rapin nichts aus, dass er beobachtet wurde.
Er kannte die Macht seiner Freunde, die im entscheidenden Moment in einem durchdachten
Plan ansetzen würde. Aber er hätte ebenso gern gewusst, aus welcher
Richtung der Verräter seine Pfeile abschoss. Kannte er seinen Feind, waren
die Reaktionen leicht. Als Sohn des großen Viper kannte Rapin Dinge, die
andere Menschen nie erfahren würden. Er würde sich zu gegebener Stunde
wehren müssen, das war ihm klar – aber dieser Zeitpunkt rückte
näher, unaufhaltsam, wie der Zeiger einer Uhr.
    Rapin war Sagittaner, wie sein Vater. Das weiße, kurz geschnittene Haar,
das er sorgfältig pflegte, schimmerte auf, als er auf dem Wege zu seinem
Labor den Lichtkegel eines Tiefstrahlers durchschritt. Seine Hände waren
ruhig; er vermochte seine Unsicherheit und die Ungeduld, die ihn quälten,
geschickt zu zügeln, Rapin Viper war Former. Former bedeutete, zu jener
Gruppe Wissenschaftler zu zählen, die sich anmaßten, aus toter Materie,
Nährlösung und einem Stückchen Gewebe, das aus teilungsfreudigen
Fortpflanzungszellen bestand, neue Wesen – lebendige Wesen – zu züchten.
Einer der anstrengendsten und gleichzeitig bedeutungsvollsten Berufe innerhalb
des Zweiten Imperiums.
    Hier auf Khorsabad Nova, der wegen seines milden Klimas und der wenigen wichtigen
Siedlungen berühmt war, wurde seit Jahren versucht, künstliche Menschen
zu züchten, Androiden, Homunkuli, Humanoiden.
    Rapin streifte eine sterile Maske vor sein Gesicht und öffnete einen Schrank.
Die Tür trug seinen Namen. Er nahm Spezialkleidung heraus und schlüpfte
in den Kittel, der ihn wie eine flexible Rüstung umgab. Dann ging er zur
Kammer des Ionisators und berührte einen Knopf.
    Die Ionendusche fiel wie ein faltenreicher Vorhang herunter und badete den Mann
in einem Nebel weißer Gase. Der winzigste Keim, den er an seinen Kleidern
oder der Haut trug, wurde vernichtet. Dann öffnete sich die gläserne
Schleuse und entließ Rapin ins Labor. Er klappte den zentnerschweren

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