Das zweite Imperium der Menschheit
verfahren.
Vandar war mit Eis bedeckt, als er wieder rematerialisierte. Er stand ebenso
plötzlich wieder neben seiner Form, wie er vor fünfzehn Minuten verschwunden
war.
»Wo kommst du her, Vandar?«, fragte der Schotte laut. Ruhig drehte
sich der Androide zu ihnen um. In großen Flächen begann das Eis wegzutauen.
Unter der zentimeterdicken Schicht kam unversehrt die Haut des Androiden zum
Vorschein.
»Ich habe mir einige Planeten angesehen, deren Koordinaten ich in meinem
Wissen fand. Ich brauchte Bestätigung für alles, was ich wusste und
konnte. Es stimmt.«
Vandars hellgraue Augen sahen seine Schöpfer an.
»Und«, fragte Jorge gedehnt, »ist dein Verhältnis zur Umwelt
jetzt richtig?«
»Ja. Ich bin fertig und bereit, die mir gestellten Aufgaben möglichst
schnell und gut auszuführen. Ich warte auf Anordnungen.«
»Du bist mir persönlich etwas zu schnell und zu selbstsicher, mein
Freund.«
In der Stimme des Biologen lag plötzlich Schärfe. Und mit jedem Wort,
das er langsam und betont sorgfältig aussprach, wurde Jorge drohender.
»Du hast jetzt noch drei Tage Zeit, dich, mit der Literatur zu beschäftigen.
Aus diesen Quellen wirst du sehen, warum wir so handeln müssen, wie wir
es – mit eurer Hilfe – tun. Aber wir haben dir nicht alles gesagt.
Solltest du eines Tages andere Maßstäbe finden als unsere moralischen
Werte und dir anmaßen, gegen uns vorzugehen, dann werden wir dich innerhalb
einiger Stunden zu finden und zu zerstören wissen. Das, bitte ich dich,
genau zu überlegen. Das ist alles. Bedenke, dass wir Menschen sind. Mit
dieser Klassifizierung haben wir uns an die Spitze des intelligenten Lebens
gestellt. Du hingegen, und alle deine Artgenossen, ihr seid lediglich Ausdruck
unseres Wollens – Geschöpfe ohne Eigenzweck, außer dem, uns
zu gehorchen. Wir sind die Herren, merke dir das für immer.«
Jorge begegnete dem brennenden Blick der grauen Augen. Dann senkte der Androide
den Blick.
»Ich werde daran denken, Meister.«
»Für den Augenblick bin ich zufrieden. In drei Tagen sehen wir uns
wieder«, sagte Jorge und verließ das Labor. Der Deckel der zweiten
Form hob sich in Zeitlupentempo. Iron fasste die kalte Haut des Androiden an
und brachte ihn aus den Räumen des Labors hinaus. Er führte ihn in
eine geräumige Kammer, in der neben Sesseln Reihen von Bücherschränken,
Lesegeräten und Titelspeichern standen. In diesen Regalen lag das meiste
der Literatur, die sich mit der Geschichte Terras, der verschiedenen Planeten
und damit mit dem Reichsverband des Zweiten Imperiums beschäftigte.
»Der Zweck der Übung ist folgender«, sagte Iron zu Vandar. »Du
sollst dir hier unbeeinflusst ein klares Bild von den Geschehnissen machen,
die uns zu unserem Handeln führten. Es ist keine Zeile darunter, die nicht
hundertprozentig richtig ist. Lass dir Zeit – in drei Tagen kannst du ungeheure
Mengen lesen. Dann werden wir uns wieder treffen, um eure Aufgaben klarzustellen.«
Mit diesen Worten ließ der Schotte das neue Wesen allein. Vandar begann,
die Teilgeschichte des Planeten Terra zu lesen.
Neunzehn fertige Androiden stiegen aus den Lagern, schauten neugierig auf die
blitzende Umgebung des Labors, stellten sich zu einzelnen Gruppen zusammen und
– verschwanden. In kurzen Zeitabständen kamen sie zurück. Schließlich
waren sie vollzählig in jenem Raum voller Bücher zu finden. Sie lasen
ununterbrochen und tauschten ihre Gedanken über das Aufgenommene aus.
Der Roboter, der ihre Gedanken kontrollierte, war derart konstruiert worden,
dass er seine Gegenwart durch nichts verriet. Er hörte zu, blieb völlig
passiv. Also konnten seine Gedanken die Unterhaltung weder beeinflussen noch
stören. Rapin und Iron ließen sich das Wichtigste der mitgehörten
Gespräche sagen, ehe sie darangingen, den Androiden ihre Arbeit anzuweisen.
Iron trat Stunden später in ihre Mitte. Er hatte sich genau zurechtgelegt,
was er ihnen sagen wollte. Holografien, Filme und Diagramme würden seine
Arbeit unterstützen. Der Schlag gegen die Imperien musste bis ins kleinste
Detail vorbereitet werden.
»In einigen Stunden wird sich eure Gruppe teilen müssen«, begann
der Techniker bedächtig. »Dann ist jeder von euch auf sich allein
gestellt. Niemand kann euch mehr helfen oder Ratschläge erteilen. Wenn
ihr jetzt genau zuhört, ist das auch überflüssig, denn nachdem
ich fertig bin, werdet ihr
Weitere Kostenlose Bücher