Das zweite Imperium der Menschheit
Schöpfung betrachtete, wandte
sich an Andreatta.
»Wie kamst du auf diese Vermutung?«, fragte er verblüfft.
»Es war nicht ganz so einfach, wie es aussieht«, begann Jorge
langsam zu erklären. »Ich rechnete die psychologischen Daten nach,
die zusammen mit dem einfachen Wissen und den moralischen Begriffen dem Androiden
mitgegeben wurden. Ich tat es, ehe sie durch die Kaskadengeräte liefen.«
Jorge schwieg einen Moment. Die Kaskadengeräte stellten das dar, was für
jeden Menschen die Eltern, die Umwelt und die Lehrer waren. Auch die Natur,
die eigenen Überlegungen, der große Schatz direkter Erfahrung – alles
dies lief über endlose Spulen durch ein Gerät, das direkt mit den
betreffenden Hirnzentren des Androiden verbunden war. Oder mit dem, was bei
diesem unverständlichen Wesen dem menschlichen Hirn entsprach. Kaskadenmaschinen;
der Name war bezeichnend. Wenn bei dem natürlichen Vorgang der Lehrstoff
in Tropfen aufgenommen wurde, dann schafften es die Maschinen mit der tausendfachen
Geschwindigkeit. Wie von einem Wasserfall wurde das Hirn mit Informationen überschüttet.
»In den Berechnungen stimmte etwas nicht«, führte der Biologe
aus. »Es klaffte zwischen den Formeln sämtlicher natürlicher
Vorgänge und denen der geistigen Art eine Lücke. Diese Lücke
fand ich. Ich sah auch, was der Fehler war.«
»Und welcher war es?«, fragte Rapin schnell.
»Diese Formeln waren für ein menschliches Hirn, meinetwegen auch für
ein organisches. Aber bei Vandar gibt es nichts Menschliches, sogar die Zellen
sind mehr eine Mischung aus Eisen und Stein als irgendetwas, das man noch als
entfernt organisch bezeichnen könnte. Also mussten diese Formelreihen zwangsläufig
ein anderes Ergebnis zeigen – hier hast du es.«
»Aber warum hattest du vorher nie etwas gesagt?«, fragte Rapin mit
heiserer Stimme. Sie saßen sich in tiefen Sesseln gegenüber. Der
Platz, an dem noch vor zwei Minuten ein erwachender Androide gestanden hatte,
war leer. Sie sahen es auf dem kleinen Schirm des Spions.
»Ich war mir meiner Berechnungen sicher«, erklärte Jorge. »Aber
Rapin, du hast trotzdem hervorragend gearbeitet. Weder ich noch irgendein anderer
im Imperium hätte allein diesen Androiden schaffen können. Die Tatsache,
dass Vandar ein hervorragender Psi-Androide ist, ist allein dein Verdienst.
Ich hatte das nur noch bestätigen können.«
»Aber davon hatte ich nichts gewusst, das plante ich keinesfalls, weil
ich es nicht zusammenbekommen hätte!« Fast verzweifelt sprach der
Former zu dem Biologen. Er hatte sich immer noch nicht beruhigt.
»Vandar ist fähig, sich in einer Entfernung von maximal zweihundert
Lichtjahren an jeden Ort zu teleportieren und vor allem – zurückzufinden.
Ferner vermögen er und seine Artgenossen untereinander in gedanklicher
Verbindung zu stehen. Ebenfalls wurde von Iron und mir ein Robot umgebaut, so
dass wir hier eine Relaisstation haben. Wir können zwanzig Androiden, die
sich selbst in Tausende ihrer Art zu spalten vermögen, von hier aus dirigieren,
ohne einen Finger zu rühren. Was diese Wesen für eine Drohung darstellen,
das brauche ich dir nicht mehr zu sagen.«
»Ich weiß es. Aber wo ist Vandar?«, fragte Rapin entgeistert.
Jorge war immer noch ruhig und gefasst.
»Er benutzt seine Fähigkeiten, um sich von dem zu überzeugen,
was ihm als fundamentale Wahrheit mitgegeben worden ist. Er wird uns jetzt an
Ort und Stelle testen – hoffentlich können wir bestehen. Ich denke,
er sieht sich das Universum und einige seiner Planeten an, die er erreichen
kann. Er ist in einigen Minuten zurück.«
Rapin stand auf, sah den Alten lange an und schüttelte den Kopf. Immer
noch fassungslos, ging er davon. Er hatte seine Arbeit vollendet – jetzt
brauchte er nur noch eines: Ruhe. Andreatta sah ihm nach, bis er in einen Gang
abbog und sich den Blicken des Biologen entzog. Dann lachte der Alte. Er lachte
immer noch, als Iron McConell hereinkam und verwundert seinen Freund anstarrte.
Jorge erklärte ihm alles. Schlagartig begriff der Techniker. Sie würden
in einigen Tagen dem Imperium einen Fehdehandschuh hinwerfen. Sollte dieser
Staat ihn nicht aufnehmen, dann war es gut. Aber wenn sich das Imperium gegen
sie wandte, dann mussten die Gegner ihre Kräfte messen. Außerdem
hatten die Wissenschaftler noch einen anderen Gegner – die Barbaren. Mit
ihnen würden sie genauso
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