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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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seinen Kameraden zurück und erzählte ihnen, was er gesehen
hatte. Sie entzündeten wieder das Feuer. An Schlaf war ohnehin nicht mehr
zu denken.
    »Ist deine Theorie schon fertig, nach diesem letzten Beweis?«, fragte
Marisa.
    »Ich denke, dass ich euch sofort eine Erklärung geben werde«,
antwortete Rim.
    »Das ist interessant«, sagte Duff und setzte seine Pfeife in Brand.
Seine Augen waren voller Sorge. Wie jeder Siedler, hatte er seine Gedanken auf
das Gelingen des Projekts ausgerichtet. Wenn jetzt schon die Widerstände
begannen, kaum, dass sie ihre Unterkünfte fertig hatten ... Duff sprach
weiter:
    »Das ist deshalb interessant, weil ich auch Vermutungen angestellt habe.
Du weißt, ich war Botaniker, ehe ich diese Kurse mitmachte. Mir ist einiges
aufgefallen, aber ich wollte niemand beunruhigen, ehe nicht größere
Dinge geschähen. Jetzt sind aber diese Fälle eingetroffen.« Er
machte eine Pause, sammelte seine Gedanken und starrte in die Sterne. »Die
grundlegende Überlegung bei allem ist, dass Hiorakon und seine Fauna und
Flora einem rhythmischen Wechsel von Normal und Ausfallerscheinungen unterworfen
sind. Das Skelett und die vergrößerten Tiere haben mich darauf gebracht.
    Einige Jahre lang geht alles gut, dann entstehen Überformen, wie diese
Kolosse hier unten. Sie dürften Jungtiere gewesen sein, wenn ich Recht
habe?«
    »Du hast«, sagte Duff und nickte in der Dunkelheit. Niemand sah es.
»Jeder Biologe kennt den Unterschied zwischen Modifikation und Mutation.
Wenn man gleiche Abkömmlinge einer Mutter in verschiedene Nährgebiete
verpflanzt, geschieht etwas sehr Merkwürdiges: Jeder Nachkomme wird sich
anpassen. Einer wird, wenn das Nährgebiet reich ist, fett werden und stark,
während der andere in dem kargen Gebiet verkümmert. Und jetzt kommen
wir zur Hauptsache!«
    Rim hörte aufmerksam zu. Er war Terraner, Sachverständiger für
Primitivwaffen und Überlebensfragen. Er hatte die Fertigung der Bögen
überwacht und die Jagd organisiert. Aber er würde einen guten Starkstromtechniker
abgeben, wenn die Zeit reif war. So, wie es aber im Moment aussah, bestand durchaus
die Möglichkeit, dass sie nicht mehr dazu kamen.
    »Vertauschen wir diese Nachkömmlinge; setzen wir den Kümmerling
in das fette Nährgebiet und umgekehrt, dann passen sich die beiden sofort
an, denn sie haben gleiche Erbanlagen. Das ist die Anpassung, die jederzeit
wieder rückgängig gemacht werden kann.«
    »Und was versteht man dann unter Mutation?«
    »Bei ihr werden durch chemische Einwirkungen, relativ selten, durch Fehlleistungen
einiger Samenzellen oder am häufigsten durch Beschuss von Gammapartikelchen
Gene zerstört. Gene sind Träger der Erbanlagen. Allerdings können
auch Betateilchen diese Wirkung haben. Das Ergebnis aus einer Kreuzung mit diesen
unvollständigen Genmassen ergibt einen neuen, reinen Typ. Der Sohn schleppt
zeitlebens diesen Fehler mit sich herum und vererbt ihn rein an seine Nachkommen
weiter. Das ist Mutation. Die Veränderung ist nicht rückgängig
zu machen!«
    »Ausgezeichnete Erklärung! Ich meinte dasselbe, aber meine Überlegungen
waren nicht so wissenschaftlich exakt. Ich sehe nur, dass ungefähr alle
zehn Jahre hier eine schwunghafte Veränderung stattfindet, die Riesenmarder,
Flussschlangen und Mastodonten schafft und sie nach einiger Zeit tötet.
Aber ich merkte, dass wir uns in einem solchen Prozess befinden. Das ist es,
was unseren morgigen Aufbruch bedingt und ferner einen Gewaltmarsch zurück
ins Lager!«
    »Du hast recht, Rim! Das sollten alle anderen ohne Beschönigungen
erfahren. Ich glaube, dass uns noch weitere Überraschungen bevorstehen.«
    Marisa schrak hoch. Noch schlimmere Sachen als Riesentiere, die sich aus harmlosen,
freundlichen Tierformen innerhalb einer Generation entwickelten?
    »Überraschungen welcher Art?«, fragte sie argwöhnisch.
    »Keine, mit denen wir nicht fertig werden können. Wir brauchen noch
lange dieselbe Zähigkeit, mit der wir angefangen haben.«
    »Ich glaube«, sagte Marisa eindringlich, »dass ich dich beruhigen
kann. Keiner von uns wird aufgeben wollen!«
    »Ich dachte es mir«, sagte der Botaniker. Das Lächeln, mit dem
er die junge Frau ansah, war positiv und ohne Angst. »Sobald man eine Sache
kennt, kennt man auch ihre schwierigen Seiten und kann sich darauf einstellen.«
    Rim legte den Arm um die Schultern Marisas. Er fühlte erschrocken, dass

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