Das Zweite Imperium
Währenddessen halfen die Lens-Träger der jungen Zivilisation – in dem Bewußtsein, daß die wertvolle Flamme in den Kindern oder Kindeskindern dieser Unglücklichen wieder aufflackern würde.
Natürlich mußte es noch lange dauern, ehe sich diese Regierung zu einer echten Demokratie wandeln konnte. Im Augenblick war sie bestenfalls eine wohlwollende Semi-Autokratie – eine Regierung, die einerseits frei, andererseits jedoch vom Galaktischen Rat abhängig war. Trotzdem stellte die neue Regierungsform für zahlreiche Lonabaraner einen derartigen Schritt zum Besseren dar, daß es ihnen wie eine politische Offenbarung vorkam, und da die Korruption, der größte Feind der Demokratie, ein für allemal unterdrückt war, fanden die Wurzeln der wirklichen Demokratie und Zivilisation von Jahr zu Jahr festeren Halt.
Nadrecks schwarzes, nicht ortbares Raumboot landete weit außerhalb der gewaltigen Schutzschirme der boskonischen Zentralkuppel. Die Lens-Träger wußten, daß hier draußen keinerlei Leben existierte und daß kein irgendwie gearteter natürlicher Wahrnehmungssinn die Verteidigungen durchdringen konnte. Außerdem hatten sie keine Möglichkeit zu beurteilen, welche anderen Hilfsmittel dem Gegner noch zur Verfügung standen; es war daher äußerste Vorsicht geboten.
»Es wäre sinnlos, Sie zu bitten, Ihre Gedankenausstrahlung zu reduzieren«, sagte Nadreck, als er sich mit seinen geheimnisvollen Kontrollen zu beschäftigen begann. »Aber Sie wissen natürlich, daß jeder störende Gedanke einen nicht wiedergutzumachenden Schaden anrichten kann. Ich möchte Sie daher bitten, Ihre Gedankenschirme nicht abzuschalten, was auch geschehen mag. Andererseits ist es erforderlich, daß Sie ständig über den Fortschritt unserer Aktion unterrichtet sind, da ich vielleicht Ihren Rat oder Ihre Hilfe brauche. Bitte nehmen Sie also diese Elektroden, die mit einem Empfänger verbunden sind. Sie brauchen keine Scheu zu haben, sich miteinander zu unterhalten und sich auch an mich zu wenden – aber bitte nicht gedanklich. Die Lens würde uns im Augenblick mehr schaden als nützen. Sind wir bereit?«
Die anderen nickten. Nadreck aktivierte seinen Bohrer – eine Energieröhre, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einer X-Helix hatte und im Bereich der Gedankenfrequenzen arbeitete. Vorsichtig verstärkte er die Energiezufuhr und vergrößerte damit den Druck des Bohrers auf den Gedankenschirm. Zuerst schien nichts zu geschehen, doch dann zeigten die Instrumente plötzlich an, daß die Energiewand durchstoßen war.
»Wir sind noch lange nicht aus dem Schneider«, wandte sich der Palainianer an seine Begleiter, ohne die Arbeit an seinen Kontrollen zu unterbrechen. »Es ist zwar feige, aber ich möchte vorschlagen, daß Sie sich an die Kontrollen unseres Schiffes setzen, Kinnison, damit wir im Notfall sofort starten können.«
»Aber natürlich!« sagte der Lens-Träger und sprang auf. »Ein wenig Feigheit tut in diesem Falle ganz gut!«
Doch die hohle Energiespitze durchdrang einen Schirm nach dem anderen, ohne einen Alarm auszulösen, und bald begannen die ersten Gedankenfetzen durch den Tunnel zu dringen. Nadreck stellte die Bohrtätigkeit sofort ein und justierte die Energieröhre, bis die Gedanken messerscharf waren – Gedanken der Eich, die sich im Innern ihrer Festung geschützt glaubten und daher keine individuellen Gedankenschirme trugen.
Die Lens-Träger waren übereingekommen, daß sie nach dem Geist eines Psychologen suchen müßten. Entsprechend war der Gedanke, den der Palainianer jetzt ausstrahlte, auf die Mentalität eines Psychologen abgestimmt. Für alle anderen Eich war er völlig bedeutungslos. Der Lockruf war so schwach und vibrierte derart an der Schwelle zum Unterbewußtsein, daß sich selbst Kinnison bemühen mußte, ihn überhaupt aufzufangen, und daß er, als er ihn endlich wahrnahm, seinen Inhalt nicht verstehen konnte. Nadrecks Geist und der Geist des gesuchten Empfängers waren zu fremdartig.
Seelenruhig hielt Nadreck diesen Gedanken aufrecht, veränderte ihn weder in seiner Intensität, noch in seinem Inhalt, sondern ließ ihn minutenlang durch die riesige Kuppel wandern – wie ein Feuchtigkeitshauch, der aus einer Düse versprüht wird. Und endlich fand er sein Opfer. Ein Geist reagierte auf den sehnsuchtsvollen heimatlosen Gedanken, nahm ihn als seinen eigenen an und verstärkte und erweiterte ihn. Jetzt setzte Nadreck erneut an.
Hierbei gab er sich keine Blöße. Er ließ den Eich in dem
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