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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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unsägliches Jammertal für Cædmon sein würde.
    Er nahm seinen Freund beim Arm und führte ihn zur Halle. »Wie geht’s deiner Frau?«
    »Gut. Immer noch nicht schwanger, was nicht daran liegt, daß wir uns nicht bemüht hätten, aber davon abgesehen, blendend.«
    Jesus Christus, ich hoffe, die Dänen kommen bald …
    »Sie wird sich freuen, dich zu sehen«, fuhr Etienne fort. »Und ihren Bruder, natürlich … Stimmt etwas nicht?«
    Cædmon riß sich zusammen. »Nein, nein. Alles in Ordnung. Was hört ihr aus York?«
    Sie betraten die Halle, wo die Vorbereitungen für das Abendessen getroffen wurden. Tische wurden aufgebockt, makellos weiße Tücher darauf ausgebreitet, auf die Mägde und Pagen Kerzenhalter und Salzfässer stellten.
    Sie setzten sich an einen der unteren Tische und winkten einem Pagen, ihnen Wein zu bringen. Cædmon sah sich verstohlen um. Aliesa war nirgends zu entdecken.
    »Im Augenblick herrscht Ruhe in York«, antwortete Etienne. »Ich war letzten Monat noch da. Eine blühende Handelsstadt wie eh und je. Von den Aufständen im Winter ist nichts mehr zu spüren. Ich hoffe, die Leute von York, von ganz Northumbria haben endlich eingesehen, daß es klüger ist, sich in das Unvermeidliche zu fügen.«
    »Das hoffe ich auch«, stimmte Cædmon zu, aber er glaubte es nicht.Überall in England hatte es Widerstand gegen die Eroberer gegeben. Mal heftiger, mal halbherzig. Das ganze letzte Jahr hindurch war Cædmon an der Seite des Königs durchs Land gezogen und hatte geholfen, ihn niederzuschlagen. Seine Neutralität aus den Tagen von Hastings hatte er längst aufgegeben. Die Dinge hatten sich inzwischen grundlegend geändert: William war der gesalbte König von England, und wer gegen ihn rebellierte, war ein Verräter. Viele englische Lords und Thanes dachten genauso. In Devon hatte der einheimische Adel eine Revolte niedergeschlagen, und als zwei von Harold Godwinsons unehelichen Söhnen mit ein paar Schiffen aus ihrem irischen Exil herübergekommen waren und Bristol besetzen wollten, hatte die königstreue Stadtbevölkerung sie geradewegs zurück über die irische See gejagt. Nur der Norden wollte sich einfach nicht fügen. Ende letzten Jahres hatte König William einen treuen Vasallen nach Northumbria geschickt, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Er hatte mit neunhundert Mann im Bischofspalast von Durham Quartier bezogen. Die aufgebrachte Stadtbevölkerung hatte die Eingänge von außen versperrt und den Palast in Brand gesteckt. Die gesamte normannische Garnison war elend verreckt. Der »kleine« Edgar Ætheling, der im Sommer zuvor vom Hof des Königs geflohen und bei König Malcolm in Schottland Unterschlupf gefunden hatte, war, sobald ihn die Nachrichten aus Durham erreichten, mit schottischen Truppen nach York marschiert und hatte die dortige normannische Garnison belagert. Doch die Nachrichten waren ebenso schnell nach Süden gekommen. König William zog in Gewaltmärschen nach Norden, die sich nur mit Harold Godwinsons sagenhaftem Marsch nach Stamford Bridge vergleichen ließen, und kam viel eher dort an, als irgendwer erwartet hatte. Die Revolte wurde niedergeschlagen. William ließ jeden Aufrührer hinrichten, dessen sie habhaft wurden. Alle bis auf Edwin und Morcar, die beiden jungen Earls des Nordens, die damals mit zu der Abordnung gehört hatten, die William in Berkhamstead die Krone antrug. Diesen beiden verzieh der König noch einmal, nachdem sie ihm einen erneuten Treueid geschworen hatten, schickte sie aber als »Gäste« nach Rouen. Edgar Ætheling war geflohen, sobald es brenzlig wurde.
    In unmittelbarer Nähe von York ließ der König eine der befestigten Burganlagen errichten, die überall in England wie Pilze aus dem Boden schossen, und gab die Stadt selbst zur Plünderung frei, aber er ließ sie nicht niederbrennen.
    »Für dieses Mal«, hatte er warnend erklärt.
    »Ein Jammer, daß Edgar Ætheling uns durch die Lappen gegangen ist«, bemerkte Etienne. »Er wird uns noch jede Menge Ärger machen, da bin ich sicher.«
    Cædmon gab ihm recht. Trotzdem war er immer noch froh, daß der König den angelsächsischen Prinzen damals geschont hatte. »Es heißt, er sei wieder in Schottland?«
    Etienne nahm einen tiefen Zug aus seinem Becher und nickte. »O ja. Und wie es aussieht, hat er es verstanden, sein Bündnis mit Schottland zu untermauern. König Malcolm wird Edgars Schwester heiraten.«
    Cædmon mußte lachen. Um ein Haar hätte er sich verschluckt. »Prinzessin Margaret?

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