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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Erntemond schien herein und tauchte den Raum in silbriges Licht. Das ausladende Bett warf tiefblaue Schatten.
    Langsam trat er darauf zu und sah einen Moment auf sie hinab, beinah andächtig. Sie saß aufgerichtet an das breite Kopfteil gelehnt, ein Kissen im Nacken. Die dunkle Haarflut hing offen herab und reichte bis auf den Schoß ihres weißen Hemdes. Der Anblick machte seine Kehle eng.
    Er kniete sich auf die Bettkante, zog sie ungeduldig in die Arme und küßte sie.
    Ihre Finger verschränkten sich in seinem Nacken, und er spürte den nachgiebigen, aber doch so wunderbar festen Druck ihrer Brüste. Er ließ die Hand unter den Saum ihres Hemdes gleiten und schob es hoch. Aliesa löste ihre Lippen von seinen. »Ich war nicht sicher, ob du kommen würdest«, flüsterte sie.
    Er hob verblüfft den Kopf. »Wie konntest du daran zweifeln?«
    »Man erzählt sich, du habest ein Keuschheitsgelübde abgelegt. Die Meinungen gehen allerdings auseinander, ob für ein Jahr, zwei oder länger.«
    Er lachte leise und schob die Träger über ihre Schultern, sah gebannt zu, wie der spitzenbesetzte Ausschnitt abwärts glitt. »Die Mär vom Keuschheitsgelübde ist das letzte Bollwerk gegen meine drohende Eheschließung mit Beatrice Baynard. Es war nicht einmal schwierig, das Gerücht in die Welt zu setzen.« Jeder war geneigt, es zu glauben, da alle Welt wußte, daß Cædmon of Helmsby den Bau einer steinernen Kirche begonnen hatte. Ein kostspieliges Unterfangen, und man war sich allgemein darüber einig, daß es sich um eine Buße handeln müsse, die er selbst oder auch sein Beichtvater ihm für irgendeine schwere Sünde auferlegt hatte – auch wenn leider niemand sagen konnte, worum es sich dabei handelte –, und zu der eben auch das besagte Keuschheitsgelübde gehörte. »Es war ein segensreicher Einfall. Sogar der König glaubt es, und jetzt kann nicht einmal er mir wegen Beatrice die Hölle heiß machen.«
    Aliesa umfaßte seine abwärts wandernden Hände und schob sie weg. »Besser, du machst aus der Lüge Wahrheit.«
    Er ließ die Hände sinken und sah sie an. »Was hast du?«
    »Gar nichts. Aber Etienne ist seit einem halben Jahr auf dem Kontinent, Cædmon. Wenn ich jetzt schwanger würde, hätten wir wirklich ein Problem.«
    Er streckte sich seufzend neben ihr aus und zog sie zu sich herunter. »Ja, ich weiß. Du wirst nicht schwanger werden, sei unbesorgt.«
    »Aber wie willst du das verhindern?«
    »Wie?« Er lachte leise. »Komm her, du Unschuldslamm, und ich zeig’ es dir.«
     
    Er ritt mit ihr nach Helmsby und führte sie zur Baustelle seiner Kirche. Aliesa zeigte sich tief beeindruckt. »Du meine Güte! Ich wußte nicht, daß du eine Kathedrale im Sinn hattest.«
    Er warf ihr einen amüsierten Blick zu. »Nun übertreib nicht. Sie wird nicht viel größer als die Kapelle am Hof in Winchester.«
    Aber er mußte selbst gestehen, daß die hohen, massigen Mauern des Chors mit der halb fertigen Apsis wuchtig wirkten, man kam sich in ihrem Schatten immer winzig und zerbrechlich vor. Er brachte sie ins Innere, wo die ersten vier der stämmigen Säulen errichtet worden waren, die eines Tages das Deckengewölbe tragen sollten. Jeder der runden Pfeiler hatte ein anderes Muster.
    »Sie wird wunderschön, Cædmon«, sagte Aliesa mit aufrichtiger Begeisterung. »Und wie ich sehe, baust du in normannischem Stil.«
    Er nickte. »Er ist dem angelsächsischer Kirchen weit überlegen. Normannische Kirchen sehen nicht nur besser aus, ihre Dächer stürzen auch seltener ein.«
    Sie fuhr mit dem Finger das Zahnornament der vorderen linken Säule nach. »Ich hoffe, du verzeihst meine Offenheit, aber du mußt reicher sein, als ich angenommen hatte.«
    Er lächelte geheimnisvoll. »Ich würde sagen, ich kann nicht klagen. Aber sie verschlingt alles, was ich verdiene.«
    »Warum tust du es?«
    Er verengte die Augen und sah scheinbar konzentriert zum Kapitell hinauf. »Ich habe ein Geschäft mit Gott gemacht. Ich habe ihn um etwas gebeten und im Gegenzug diese Kirche geboten.«
    »Also hast du bekommen, worum du gebeten hast?«
    »O ja.«
    »Verrätst du mir, was es war?«
    »Tut mir leid. Gott und ich haben Stillschweigen vereinbart.«
    Sie lachte leise. »Ich hoffe jedenfalls, daß du trotz der hohen Kosten mit dem Geschäft zufrieden bist.«
    »Das bin ich. Anders als meine armen Bauern. Sie fanden die alte Kirche völlig ausreichend, und sie sind gar nicht glücklich über all die fremden Handwerker in Helmsby, ganz zu schweigen von

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