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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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den Gürtel vom Leib, fiel am Rand des Sumpflochs auf die Knie und warf seinem jammernden Bruder das rettende Seil zu.
    Cædmon beachtete sie nicht weiter, ließ den Müller nicht aus den Augen und die Axt keinen Zoll sinken – dankbar, daß Hengest nicht ahnte, wie hoffnungslos ungeübt er im Umgang mit dieser, der englischsten aller Waffen war.
    Schlammverschmiert und triefend kam Bedwyn schließlich zu Cædmon zurückgehumpelt. Er stützte sich schwer auf die Schultern seines Bruder und heulte leise.
    Cædmon sah ihn kopfschüttelnd an. »Zieh das Messer raus, dann wird es nicht mehr so weh tun«, riet er und wahrte mit Mühe ein ernstes Gesicht. »Pflück Moos und drück es auf die Wunde«, wies er den unverletzten Bruder an. »Und ihr zwei wartet hier und rührt euch nicht von der Stelle. Habt ihr verstanden?«
    Sie nickten kleinlaut.
    Cædmon sah zu Hengest und machte eine einladende Geste mit der Axt. »Du und ich gehen zu Hereward.«
    Mit bleichem Gesicht wandte der Müller sich ab, trottete vor Cædmon hügelabwärts und unternahm einen letzten, tollkühnen Versuch, das Blatt noch zu wenden und seinen Gast zu schützen: Er warf sich mit einem plötzlichen Satz nach hinten, um Cædmon zu Fall zu bringen und ihm die Waffe zu entreißen. Aber Cædmons Reflexe waren zu schnell. Mit einem beinah eleganten Ausfallschritt glitt er beiseite, und Hengest fiel hart auf den Rücken. Schweigend wartete Cædmon, bis der andere wieder auf die Füße gekommen war. Die Schultern des Müllers hingen mutlos herab und verrieten seine Resignation.
    Am Eingang der dunklen Hütte blieb Hengest stehen.
    Cædmon winkte ungeduldig. »Nach dir.«
    Sie mußten beide den Kopf unter dem niedrigen Sturz einziehen.
    Im Innern roch es nach Schafen und Fäulnis. Der Lehmboden der kleinen Hütte war feucht. Es gab keine Möbel.
    Als Cædmons Augen sich auf das Dämmerlicht eingestellt hatten, entdeckte er in einer Ecke am Boden eine reglose Gestalt.
    Cædmon packte den Müller am Arm, schleuderte ihn in die gleiche Richtung, stellte sich mit dem Rücken an die Wand neben der Tür und hielt die Axt einsatzbereit.
    »Seid so gut und steht auf, Hereward.«
    Nach einem Moment regte sich der Mann am Boden. Seine Bewegungen waren schleppend wie die eines Greises, aber er kam ohne Mühe auf die Füße, stand ungebeugt und trat einen Schritt vor.
    Etwas Licht fiel durch die Türöffnung auf ihn. Hereward mußte etwa Mitte Dreißig sein, wußte Cædmon, doch sein Haar war schneeweiß, das Gesicht tief zerfurcht. Nur die stechenden Feenaugen waren unverändert.
    Sie sahen sich lange an.
    »Sie sagen, Dunstan hat sich das Leben genommen«, sagte Hereward schließlich. Seine Stimme war so kräftig und volltönend wie damals, doch die unerschütterliche Arroganz war nicht mehr herauszuhören. »Nein, er fiel im Kampf«, hörte Cædmon sich sagen.
    »Nicht von Eurer Hand, hoffe ich für Euch beide?«
    Cædmon schüttelte den Kopf. »Aber ich habe es gesehen.«
    Hereward, den sie den Wächter genannt hatten, senkte den Blick und gestand: »Ich bin froh, daß Ihr gekommen seid. Daß es vorbei ist.«
    Cædmon verhärtete sich gegen sein Mitgefühl. »Täuscht Euch nicht. Ich bin nicht hier, um Euch zu töten. Aber wenn Ihr Euch freiwillig in meine Hände gebt, dann … dann werde ich für Euch tun, was ich kann.«
    Hereward hob den schlohweißen Kopf und sah zu Hengest. »Es tut mir leid, mein wackerer Freund. Ich bin dir dankbar für das, was du für mich getan hast, aber ich fürchte, das Angebot des Thane ist zu verlockend. Ich bin müde, Hengest.«
    Müde, dachte Cædmon, wäre ich wohl auch. Acht Jahre auf der Flucht. Acht Jahre in erbärmlichen Verstecken wie diesem, ein Gesetzloser, den jeder töten kann, der ihn erkennt, um die Belohnung zu kassieren, die auf seinen Kopf ausgesetzt ist …
    Hengest senkte den Kopf und sagte nichts.
    »Es hat keinen Sinn mehr«, versuchte Hereward zu erklären. »In Ely hatten wir eine Chance, aber jetzt … ist es zu spät. England gehört William. Seine eigenen Adligen haben versucht, ihn zu stürzen, und sind gescheitert. War’s nicht so, Thane?«
    Cædmon nickte. »So war es.«
    Hereward löste sein Schwert und gab es Cædmon. »Laßt uns gehen.« Er legte dem Müller die Hand auf die Schulter.
    Hengest nickte unglücklich, rang einen Moment um seinen Mut undsah dann zu Cædmon. »Kann ich in Metcombe bleiben, oder wird der Sheriff mir seine Bluthunde auf den Hals hetzen?«
    Cædmon winkte ab. »Von mir erfährt

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