Das zweite Königreich
besser aufgehoben? Komm. Sie werden sich freuen, dich wiederzusehen.«
Kaum zehn Schritte von der neuen Kirche entfernt, waren sie schonbis auf die Haut durchnäßt. Aber sie beide kannten die Wolkenbrüche in East Anglia, und es war nicht kalt. Sie beeilten sich nicht sonderlich, während sie die halbe Meile zur Burg zurücklegten.
»Hast du von Hereward gehört?« erkundigte sich Cædmon.
Oswald nickte. »Ich traf Bischof Odo in Canterbury. Er wollte es nicht rundheraus zugeben, aber wie es scheint, findet er großen Gefallen an Hereward. Du hast eine kluge Entscheidung getroffen, Cædmon. Odo wird sich beim König für Hereward verwenden, ich bin sicher.«
Cædmon atmete tief durch. »Es könnte so vieles wiedergutmachen, wenn William sich entschließen könnte, ihn nicht hinzurichten oder zu blenden. Die Leute würden Waltheof of Huntingdon vergessen. Sie wollen ihn vergessen, denn er war ein Verräter und ein Feigling.«
»Auch Hereward war beim Fall von Ely ein Feigling«, bemerkte Oswald. »Das wissen du und ich«, entgegnete Cædmon. »Aber in den Augen vieler Engländer ist er der letzte angelsächsische Held. Wenn William ihn ihnen läßt, beweist er, daß er ein englischer König ist.«
»Was denkst du, Cædmon, wann kommt der König zurück nach England?«
Cædmon hob vielsagend die Schultern. »Das hängt davon ab, wie die Lage auf dem Kontinent sich entwickelt. Ob er seinem Sohn Robert nochmals sein Vertrauen schenkt. Wie das Maine und Flandern und die Bretagne, vor allem aber wie Philip von Frankreich sich verhält. Die Normandie ist von allen Seiten bedrängt und innerlich zerrissen.« »Und die Schotten verwüsten Northumbria.«
»Er wird sich darum kümmern, wenn er kann, Oswald, glaub mir.«
Der Mönch war skeptisch. »Er hat kein Herz für Northumbria.«
»Nein, das ist wahr. Aber er kann es nicht ausstehen, wenn irgendwer seine Grenzen verletzt.«
Als Aliesa und Hyld zwei Tage später heimkamen, fand Cædmon seine Frau bleich und abgespannt.
Er war in den Hof hinausgestürmt, nachdem er Alfred hatte rufen hören, und traf sie vor dem Pferdestall. Hyld war mit den Pferden in dem niedrigen Holzschuppen verschwunden und redete mit Ine. Aliesa stand wartend im strömenden Regen, und als sie ihren Mann auf sich zukommen sah, lächelte sie.
Ihre zierliche, tropfnasse Gestalt verschwand fast vollständig in Cædmons Umarmung. Er kniff die Augen zu und preßte die Lippen auf ihretriefenden, schwarzen Locken. »Gott … laß mich nie wieder so lang allein, hörst du.«
»Um Himmels willen, laß mich los, du Troll, was sollen die Leute denken?« murmelte sie mit einem Lächeln in der Stimme.
»Sie können denken, was sie wollen.« Aber er löste sich von ihr, trat einen Schritt zurück und nahm ihre Hand. »Komm ins Trockene. Es ist ungemütlich. Nicht, daß du dich erkältest. Das Wetter scheint zu halten, was St. Swithun versprochen hat …« Er spürte plötzlich einen eigentümlichen Drang zu faseln und biß die Zähne zusammen, um es zu verhindern. Mit einem verschämten Lächeln nahm er ihren Arm und führte sie ins Haus. »Geht es dir gut?« fragte er besorgt, während er sie von der Seite betrachtete. »Du bist sehr blaß.«
»Alles in Ordnung.« Aber ihr Lächeln erinnerte ihn an die Wintersonne – es wirkte zu strahlend und unecht.
Cædmon fragte vorerst nicht weiter, wartete geduldig, bis sie Alfred und Irmingard und Onkel Athelstan begrüßt hatte, und brachte sie dann zur Treppe. »Sicher willst du die nassen Sachen ausziehen.«
Sie nickte. »Wo sind die Kinder?«
»In ihrer Kammer. Stell dir vor, Bruder Oswald ist zu uns gekommen. Er wird ein Weilchen bleiben und unterrichtet sie. Ich hab mir überlegt, daß wir im Hof eine kleine Kapelle bauen könnten. Bruder Oswald könnte unser Hauskaplan werden.«
»Eine wunderbare Idee«, stimmte sie zu, während sie vor ihm die Schlafkammer betrat.
Cædmon schloß die Tür, nahm ihr den nassen Mantel ab und warf ihn achtlos auf die Truhe am Fenster. Aliesa sank auf die Bettkante. Die herabhängenden Schultern verrieten ihre Erschöpfung. Er setzte sich zu ihr und nahm ihre Hand. »Eisig«, stellte er fest. »Leg dich ins Bett, hm? Damit du warm wirst.«
Er rechnete damit, daß sie protestieren würde, doch sie ließ sich widerstandslos aus den nassen Sachen helfen. »Nur ein paar Minuten«, erklärte sie, während sie unter die Decken glitt. »Dann gehen wir zum Essen hinunter.«
»Einverstanden.«
Sie preßte seine Hand an
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