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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sehnte sich halb zu Tode nach Richard.
    Unterwegs rechnete Cædmon ihr vor, wie es um sie stand: »Die Ernte ist gut, also gehe ich davon aus, daß all meine Bauern ihre Pacht in voller Höhe bezahlen können. Aber du weißt, daß nur ein kleiner Teil der Pacht in barer Münze entrichtet wird, der Großteil in Korn, Vieh und Eiern und so weiter. Ich schätze, die fünfzig Pfund machen zwei Drittel unserer diesjährigen Pachteinnahmen aus. Wir müssen aberauch noch Steuern zahlen und brauchen Geld für unseren Haushalt. Kurz und gut, ich denke, daß ich die Hälfte der Summe von Levi dem Juden borgen muß.«
    »Was ist mit den Überschüssen unserer eigenen Ernte? Können wir nichts verkaufen? Was ist mit der Wolle?«
    »Die Einnahmen aus den Wollverkäufen sind für neue Pferde draufgegangen.« Er schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Ich bin verpflichtet, dafür zu sorgen, daß meine Männer und ich vernünftig bewaffnet und ausgerüstet sind. Es ist unglaublich, was für ein Geld das verschlingt. Es tut mir leid, Aliesa. Das Geld für diesen verfluchten Halunken Hereward wirft uns ein gutes Stück zurück. Ich hätte mich erst mit dir beraten sollen, aber ich mußte mich sofort entscheiden, verstehst du.«
    Sie lachte verblüfft. »Cædmon, was redest du denn da? Es ist dein Geld.«
    Er war anderer Ansicht. »Es geht um das Wohlergehen unserer Familie und unseres Haushaltes. Und um das Erbe unseres Sohnes.«
    Sie dachte flüchtig, daß dies vielleicht nicht der günstigste Moment war, ihm zu eröffnen, daß sie wieder ein Kind bekam. Statt dessen legte sie die Hand auf seinen Arm. »Gräm dich nicht, Liebster. Es war der Preis für Herewards Leben, und du warst gewillt, diesen Preis für den Frieden zwischen Normannen und Engländern zu bezahlen. Ich bin sicher, jeder Mann und jede Frau in unserer Halle ist bereit, dafür den Gürtel ein wenig enger zu schnallen. Wir werden schon wieder auf die Füße kommen. Und wenn du Geld borgen mußt, dann geh zu deinem Schwager Erik. Er ist reich, und er wird es dir zinslos leihen.«
    »Aber das will ich nicht. Es ist mir peinlich.«
    »Das sollte es nicht sein. Er schätzt dich so sehr. Er würde noch ganz andere Dinge für dich tun, glaub mir.«
    Er nickte unwillig. »Ja, ich weiß.« Und er erzählte ihr von dem Angebot, das Erik ihm gemacht hatte, als Cædmon ein Gefangener in Dover und sie im Kloster in Caen eingesperrt gewesen war.
    Aliesa war nicht überrascht. »Da siehst du’s.«
     
    Als sie heimkamen, stellte sich jedoch heraus, daß das Problem sich auf wundersame Weise von selbst gelöst hatte. Nachdem Cædmon seine Familie und seine Housecarls begrüßt hatte, nahm Alfred ihn beiseite und raunte: »Sei so gut, komm mit nach oben.«
    Er folgte ihm die Treppe hinauf. »Was gibt es denn?«
    Sein Vetter besaß einen Zweitschlüssel für die Tür zu Cædmons Kammer. Ohne eine Antwort steckte er ihn ins Schloß, sperrte auf und führte ihn zu der Truhe unter dem Fenster. Mit einem weiteren, großen Eisenschlüssel entriegelte er auch deren Schloß, klappte den Deckel auf und förderte zwei schwere Münzsäcke ans Licht. »Hier.«
    Cædmon sah verständnislos darauf hinab. »Was ist das?«
    »Das wüßte ich auch gern. Vor etwa einem Monat kamen zwei Reiter bei Nacht und Nebel und verlangten den Steward. Die Wache holte mich aus dem Bett. Einer der Boten stellte die beiden Beutel vor mir auf den Tisch und sagte, dieses Geld sei für dich. ›Von wem und wofür?‹, frag ich ihn. Wofür wüßtest du selbst und von wem sei er nicht befugt zu sagen. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Was hat das zu bedeuten, Cædmon?«
    Der Thane schüttelte verwundert den Kopf. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Wieviel ist es? Hast du’s gezählt?«
    Alfreds Miene wurde noch besorgter. »Es sind achthundert Schilling.« »Achthundert Schilling«, wiederholte Cædmon. »Fünfundzwanzig Pfund?«
    Alfred räusperte sich. »Ja.«
    »Und der Bote hat auch seinen Namen nicht genannt?«
    »Nein.«
    »Trug er ein Wappen?«
    Der Steward schüttelte den Kopf. »Nichts. Aber beide Männer waren kostbar gekleidet und hatten gute Pferde.«
    »Normannen oder Engländer?«
    »Der, der geredet hat, war Engländer. Der andere sah zumindest aus wie ein Normanne.«
    Cædmon sank auf die Bettkante und dachte nach. Dann hob er den Kopf und sah seinen Vetter an. »Ich bin genauso verwundert wie du, Alfred. Aber du brauchst dich nicht zu sorgen. Niemand versucht, mich für irgendein Komplott zu

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