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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Schottland passiert?« raunte Lucien Cædmon zur Begrüßung zu. »Hat er sich die Augen verbinden und die Hände auf den Rücken fesseln lassen, oder wie kommt es, daß Robert ihn geschlagen hat?«
    Cædmon grinste. »Vielleicht fragst du Robert mal.«
    »Ich hoffe, der König schickt ihn bald zurück nach Rouen«, brummte Lucien. »Ich weiß nicht, was er sich davon verspricht, seine Söhne gegeneinander auszuspielen. Wenn Robert hier bleibt, kann es nur Unfrieden geben.«
    Aliesa nickte versonnen und sah zur hohen Tafel hinüber. »Der König denkt einfach nicht darüber nach«, sagte sie leise. »Wie immer. Seine Söhne sind nur Werkzeuge für ihn. Seht ihn euch an. Heute ist Robertsgroßer Tag. Aber William hat wieder einmal nur Augen für seine Königin.«
    »Das glaub lieber nicht«, entgegnete Cædmon ebenso gedämpft. »Er sieht alles.«
    Lucien nickte. »Und er hört alles. Also laßt uns übers Wetter reden.« »In East Anglia ist Tauwetter und Regen«, berichtete Beatrice prompt. Lucien verdrehte die Augen. »Und in deinem Kopf herrscht wie üblich dichter Nebel, Teuerste.«

Dover, März 1081
    »Cædmon!« Bischof Odo erhob sich von seinem kostbaren Tisch und kam auf ihn zu. »Seid willkommen. Zur Abwechslung einmal eine angenehme Überraschung.«
    »Danke, Monseigneur. Aber ich bin keineswegs sicher, ob Ihr das auch noch sagt, wenn Ihr meine Nachricht gehört habt.« Er nahm den durchnäßten Mantel ab, drückte ihn einem Diener in die Hand, trat ans Feuer und ließ sich den Rücken und das linke Bein wärmen, das ihm seit dem Winter bei schlechtem Wetter mehr zu schaffen machte als in all den Jahren seit seiner Verwundung. Ich habe dich nicht angelogen, Etienne, dachte er, jenseits der Dreißig lauern die Gebrechen des Alters …
    Nachdem der Diener sie alleingelassen hatte, fragte Odo: »Der König schickt Euch? Wo brennt es denn diesmal? An der schottischen Grenze oder auf dem Kontinent?«
    Cædmon schüttelte den Kopf. »Nirgendwo. Es schwelt nur hier und da, wie üblich. Aber der König erwägt, die Fackel nach Wales zu tragen, um bei Eurem Bild zu bleiben.«
    »Wales?« fragte Odo ungläubig. »Mangelt es meinem Bruder an Unruheherden? Hat er Langeweile?«
    Cædmon hob leicht die Schultern. »Er meint, daß wir die inneren Machtkämpfe, die Wales seit Jahrzehnten zerrütten, ausnutzen sollten, um unsere Herrschaft dort zu festigen, ehe die Waliser sich auf einen neuen Anführer einigen.«
    Der Bischof dachte einen Moment nach. »Nun ja. Der Gedanke ist nicht dumm. Und was will er von mir?«
    »Er wünscht, daß Ihr eine Truppe von zweihundert Rittern und wenigstens tausend Fußsoldaten aufstellt und anführt.«
    Odo brummte. »Und bezahlen soll ich sie vermutlich auch.«
    Der Diener kam zurück und brachte heißen Wein und ofenfrische Pasteten, so daß Cædmon nicht zu antworten brauchte. Als sie wieder allein waren, setzte Odo sich an den Tisch und lud ihn mit einem Wink ein, ihm Gesellschaft zu leisten. Cædmon nahm Platz und ergriff mit spitzen Fingern eine der glühend heißen Pasteten. Sie war mit Schweinefleisch und Apfelstücken gefüllt. »Hm! Köstlich«, urteilte er.
    Der Bischof nickte. »Ein neuer Koch. Blutjunger Bursche, aber ein Genie.«
    »Normanne?« fragte Cædmon.
    Odo schüttelte den Kopf. »Römer.«
    Cædmon sah ihn verdutzt an, aber dann fiel es ihm ein. »Natürlich. Ihr seid vergangenen Sommer nach Rom gepilgert und habt den Papst aufgesucht.«
    »Tja, man bekommt nicht jeden Tag die Gelegenheit, die Förderung seines Seelenheils mit den politischen Wünschen des Königs zu verknüpfen«, bemerkte Odo lächelnd und streckte die beringte Rechte nach einem weiteren Pastetchen aus. »Wie Ihr ja selber wißt, muß man in den meisten Fällen zwischen diesen beiden Absichten wählen.« »Wohl wahr«, murmelte Cædmon.
    »Ich nehme an, Ihr bleibt über Nacht? Oder wollt Ihr noch weiter nach Canterbury?«
    »Nein, ich komme von dort.«
    »Dann seid mein Gast.«
    Cædmon nahm dankend an.
    »Was wollte der König von Lanfranc?« erkundigte der Bischof sich scheinbar beiläufig. Aber Cædmon wußte genau, daß Odo jedesmal von Eifersucht geplagt war, wenn William den Rat des Erzbischofs als erstes suchte.
    »Gar nichts«, antwortete er. »Ich war nur dort, um nach meinem Bruder Guthric zu sehen. Er war sehr krank letzten Winter, und ich war in Sorge.«
    »Richtig, ich erinnere mich, daß er zu Weihnachten nicht in Gloucester war. Geht es ihm besser?«
    Cædmon nickte. »Er ist wieder

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