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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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damit sie rechtzeitig zur Ernte auf ihre Felder zurückkehren konnten, aber uns sagte er, wir müßten bleiben. Na ja, wir haben uns nichts dabei gedacht. Bevor wir damals mit ihm nach Norden gezogen sind, habt Ihr zu uns gesagt, wir müßten ihm so ergeben sein und so treu dienen wie Euch. Und das tun wir. Aber langsam kommt uns die Sache ein bißchen seltsam vor. Und wir haben Heimweh. Elfhelmund Gorm haben Familie in Helmsby, sie wollen endlich mal wieder nach Hause. Ich bin seit zwei Tagen hier und soll morgen auf die Insel zurück. Aber als eine der Küchenmägde mir erzählte, daß Ihr hier seid, hab ich mir gedacht, ich komme her und frage Euch … Verflucht, das ist schwierig für mich, Thane, Ihr sollt nicht denken, ich mache Euch Schande und mißachte meine Befehle. Wir wissen, daß der Earl of Kent ein guter Mann und Euer Freund ist, aber ich dachte, ich sollte Euch fragen, ob … ob das alles wohl so seine Richtigkeit hat.« Er atmete tief aus, als habe er sich einer gewaltigen Bürde entledigt.
    Cædmons Gedanken rasten. Aber er ließ sich weder seine Verwirrung noch das leise Entsetzen anmerken, das ihn bei Odrics Worten beschlichen hatte. Sein Lächeln wirkte vollkommen gelöst und beruhigend, als er dem jungen Ritter wieder die Hand auf die Schulter legte. »Sei unbesorgt, Odric, du hast ganz richtig gehandelt. Also auf die Isle of Wight hat er euch geschickt. Davon hat er mir gar nichts erzählt.« Odric nickte. »Er hat ein paar Güter dort. Ich glaube, die halbe Insel gehört ihm. Wunderbar ist es dort, so mild, man kann den ganzen Sommer schwimmen. Viel anderes gibt es auch nicht zu tun. Das war’s, was uns so komisch vorkommt. Wir hocken da rum und warten – auf was, weiß Gott allein. Wir trainieren ein paar Stunden am Tag, ein normannischer Schleifer bildet die Neulinge aus, aber nichts passiert.«
    »Nun, ich bin sicher, daß sich bald irgend etwas tut. Ich hätte euch weiß Gott lieber zu Hause, Odric, aber du weißt ja, wie es aussieht. Ich schulde dem König Soldaten.«
    »Ja, natürlich, Thane. Ich hoffe, Ihr denkt nicht, ich wollte mich beklagen. Mein Bruder und ich und Gorm und Edwin, wir werden willig tun, was der König oder sein Bruder uns sagt, und gehen, wohin er uns schickt, solange wir wissen, daß das auch Euer Wunsch ist.«
    Treuer Odric, dachte Cædmon voller Wärme. »Dann sei beruhigt. Geh zurück in die Halle, und vielleicht ist es besser, wenn du niemandem erzählst, daß du mit mir gesprochen hast. Du weißt ja, die Normannen sind in manchen Dingen ein bißchen … empfindlich. Sag Gorm und Elfhelm, ihre Frauen und Kinder sind wohlauf, ich werde sie grüßen. Und ich hole euch nach Hause, sobald ich kann.«
    Er erhob sich, und Odric folgte seinem Beispiel. »Danke, Thane. Wie geht es der Lady Aliesa und dem kleinen Richard?«
    »Es könnte nicht besser sein. Mit Gottes Hilfe bekommt Richard zur Ernte einen Bruder oder eine Schwester.«
    »Ich hoffe, wir sind rechtzeitig zurück.«
    Cædmon brachte ihn zur Tür. »Wenn es nach mir geht, ganz bestimmt. Leb wohl, Odric, und gute Reise. Mögest du auf deinem Weg Freunde finden, die Führung der Engel und das Geleit der Heiligen.« Er schloß ihn kurz in die Arme.
    »Danke, Thane. Gott schütze Euch.«
    Odrics Besorgnis war verflogen, und mit seinem typischen verwegenen Grinsen glitt er lautlos auf den Gang hinaus.
    Cædmons Herz war um so schwerer. Er überlegte ein paar Minuten, was er tun sollte. Aber er konnte nichts entscheiden, ehe er nicht ein paar Antworten auf einige brennende Fragen bekam. Und seinem gewaltigen Zorn Luft gemacht hatte.
    Also verließ er sein Quartier, stieg die Treppe hinab, ging zu Odos Gemach zurück und klopfte vernehmlich.
    Die Stimme, die ihn hereinrief, klang nicht schläfrig.
    Cædmon trat ein. Der Bischof saß beim Licht zweier Kerzen mit einem Buch am Tisch, einen gefüllten Becher in Reichweite. »Nanu, Cædmon? Ist etwas passiert?«
    »Noch nicht, soweit ich weiß. Aber ich habe es versäumt, mich bei Euch zu bedanken, Monseigneur. Und das wollte ich vor dem Schlafengehen unbedingt noch nachholen.«
    »Bedanken?« fragte Odo verständnislos. »Wofür?«
    »Daß Ihr mir das Wergeld für die vier Housecarls gezahlt habt, die Ihr mir gestohlen habt.«
    Odo starrte ihn an. Seine vollen Lippen waren leicht geöffnet, aber er rührte sich nicht.
    »Als mein Steward mir von den geheimnisvollen Boten berichtete, die das Geld gebracht hatten, glaubte ich, ein unbekannter Wohltäter wolle mir die

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