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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Cædmon matt. »Ist das ein Jahrmarkt?«
    Matilda schüttelte den Kopf. »Nein, Mutter sagt, es heißt ›Einquartierung‹.« Sie hob das Kinn und sah mißfällig zu Henry hinüber. »Wieso lachst du über mich? Wer bist du überhaupt?«
    »Das ist Henry fitz William, Matilda, der Sohn des Königs und deiner Patentante«, klärte Wulfnoth sie auf. »Und du mußt ein bißchen höflicher zu ihm sein, denn er ist ein Prinz.«
    »Oh.« Sie schlug eine ihrer rundlichen Hände vor den Mund. »Entschuldige bitte, Prinz Henry fitz William.«
    Er verneigte sich galant vor ihr. »Nein, du hast schon ganz recht, Matilda. Es war unfein von mir, über dich zu lachen. Ich muß mich entschuldigen.«
    Sie strahlte ihn an und klopfte ihrem Vater beiläufig auf die Schulter. »Laß mich runter.«
    Cædmon stellte sie auf die Füße, sah sich fasziniert in dem wilden Durcheinander um und suchte unter all den Menschen erfolglos nach seiner Frau.
    Matilda hatte derweil ihre großen Brüder nacheinander mit einem sehr feuchten Kuß huldvoll begrüßt, stand nun vor Henry und sah zu ihm auf. »Meine Patentante war deine Mutter?«
    Er nickte. »So ist es.«
    »Du mußt sehr traurig sein, daß sie gestorben ist.«
    Er hockte sich zu ihr herunter und sah ihr in die Augen. »Ja, schon. Aber es ist jetzt über zwei Jahre her, weißt du. Mit der Zeit wird es besser. Man ist jeden Tag ein bißchen weniger traurig.«
    »Was allerdings nicht für den König gilt«, murmelte Ælfric auf normannisch.
    Cædmon warf ihm einen warnenden Blick zu, aber ehe er etwas sagen konnte, kam Alfred durch das Menschengewirr auf sie zu. »Cædmon!«Lächelnd und ohne seine frühere Unbeholfenheit verneigte er sich vor Henry. »Willkommen in Helmsby, mein Prinz. Jungs.« Er nickte seinen Neffen zu, ehe er sich wieder an Cædmon wandte. »Bitte entschuldige, gestern haben wir noch zehn neue bekommen. Aber ich werde sie schon verteilen, keine Bange. Es dauert nur ein bißchen.«
    »Noch einmal zehn?« fragte Cædmon ungläubig. »Wer hat das angeordnet?«
    »Rate.«
    »Lucien …«
    »Natürlich. Wir haben jetzt alles in allem zweiundvierzig … Gäste hier, abgesehen von den Leuten aus Metcombe. Dein Schwager und die schöne Beatrice hingegen beherbergen sieben, heißt es. Allesamt normannische Offiziere, versteht sich.«
    Cædmon seufzte. »Und kriegen wir alle über den Winter?«
    »Ich denke schon. Wenn wir uns ein bißchen am Riemen reißen und keiner am Honigtopf nascht«, schloß er mit einem vielsagenden Blick auf seine Nichte.
    Matilda stand immer noch an Henrys Seite. Der festgepappte Schnee in ihren Haaren und der Kleidung war geschmolzen, und aus ihren Zöpfen tropfte es. Treuherzig lächelte sie zu ihrem Onkel empor, sah dann an ihm vorbei und schnitt eine koboldhafte Grimasse. »Da kommt Mutter.«
    Cædmon fuhr auf dem Absatz herum, trat seiner Frau entgegen und schloß sie ungeniert in die Arme. Einen kurzen Moment standen sie eng umschlungen, ohne zu reden, tauschten ein Lächeln tiefster Vertrautheit, und dann machte Aliesa sich los, um die anderen Ankömmlinge zu begrüßen. Schließlich sah sie auf ihre Tochter hinab und schüttelte seufzend den Kopf. »Ma til da! Wie du wieder aussiehst.« Sie wunderte sich, warum die jungen Männer über ihre Ermahnung lachten, und erklärte: »Sie wird sich den Tod holen, wenn sie bei der Kälte immerzu in nassen Sachen herumläuft. Wo ist die Amme, Matilda?«
    »Ich weiß nicht. Ich hab sie nach dem Frühstück abgehängt und seither nicht mehr gesehen.«
    »Ah ja. Nun, Wulfnoth, dann hast du die Ehre, deine Schwester nach oben zu begleiten und dafür zu sorgen, daß sie trockene Sachen anzieht.«
    »Ähm … ich?« fragte der Fünfzehnjährige entsetzt.
    »Ganz recht. Wie du siehst, haben die Mägde alle Hände voll zu tun.Und da du Matildas Eskapaden so erheiternd findest, darfst du dich ihr noch ein wenig länger widmen. Geh mit Wulfnoth, Engel. Reiß ihm nicht aus und versuch, ihn nicht um den Verstand zu bringen, ja?« Sie fuhr ihrer Tochter liebevoll über den Kopf, und Matilda nahm Wulfnoths Hand und zog ihn quer durch das bunte Treiben zur Treppe.
    »Am besten, wir gehen nach oben, und ich lasse uns etwas Heißes heraufbringen«, schlug Aliesa vor. »Ihr müßt ganz durchfroren sein.« Sie wandte sich ab, aber ehe sie ihr folgten, legte Cædmon seinem Ältesten die Hand auf den Arm und nickte auf eine dunkle Ecke am hinteren Ende der Halle zu. »Dort drüben ist deine Mutter mit zweien deiner Brüder,

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