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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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als er die Pferde im Hof hörte, und zählte verstohlen. Zwei, vier, sechs … sieben. Heiliger Oswald, wo soll ich Platz für all die Gäule finden?
    »Willkommen daheim, Thane.«
    Cædmon saß ab und reichte ihm die Zügel. »Danke. Wie geht es allen?«
    Der Stallknecht hob kurz die Schultern. »Gut. Es ist nur überall zu voll, im Dorf und in der Halle erst recht … ähm.« Er lachte verlegen. »Entschuldigung, Thane. Ich schätze, für den Herrn des Hauses und sein Gefolge ist immer noch Platz.«
    Cædmon fuhr fast unmerklich zusammen, denn »Gefolge« war nicht ganz der passende Ausdruck. Doch Prinz Henry lachte nur, zog sich den Helm vom Kopf und sprang aus dem Sattel. »Notfalls kann dein Gefolge ja in der Halle im Stroh nächtigen, Cædmon.«
    Ine hatte keine Ahnung, wen er vor sich hatte, und entgegnete kopfschüttelnd. »Da ist auch alles voll.«
    Wulfnoth und Ælfric saßen ebenfalls ab, und der jüngere Bruder bemerkte grinsend: »Tja, mein Prinz … Bleibt immer noch der Heuboden.«
    Ine starrte den Sohn des Thane mit offenem Mund an, dann den jungen Normannen, stammelte eine Entschuldigung und brachte hastig die Pferde in den Stall. Odric, sein Bruder Elfhelm und Gorm, die Cædmon jetzt meistens begleiteten, folgten ihm mit den übrigen Tieren.
    Cædmon führte seine Söhne und seinen Gast Richtung Zugbrücke. »Ich hoffe, du übst Nachsicht, Henry. Ganz gleich, wie mein Stallknecht darüber denkt, wir werden schon ein standesgemäßes Bett für dich finden. Und wer immer es räumen muß, wird es gern tun.«
    Der knapp achtzehnjährige Prinz sah ihn von der Seite an und grinste. »Wie kannst du so sicher sein?«
    »Weil die Ehre aller Voraussicht nach meine sein wird.«
    Lachend überquerten sie die schlüpfrigen, vereisten Bohlen der Brücke. Von dem steilen Erdwall, auf dem der Burgturm sich erhob, löste sich etwas, das wie eine große Schneekugel aussah, und walzte auf sie zu. Vor ihren Füßen rollte es aus und hatte plötzlich Arme und Beine.
    »Vater! Du bist zu Hause!«
    »Matilda!« Er hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft, wobei die ein oder andere Schneeschicht von ihr abfiel. Sie jauchzte, legte die Arme um seinen Hals und drückte ihre gerötete, samtweiche Kinderwange an seine. »Du kratzt!«
    »Und du machst mich ganz naß«, konterte er, setzte sie auf seinen linken Arm und trug sie die Treppe hinauf. »Was wird deine Mutter nur sagen, wenn sie dich so sieht?«
    »›Ma til da! Wie du wieder aussiehst‹, schätze ich.« So treffend ahmte sie den halb nachsichtigen, halb vorwurfsvollen Tonfall ihrer Mutter nach, daß ihr Vater, ihre Brüder und der Prinz wieder lachen mußten. Cædmon küßte sie verstohlen auf die Wange. Auch wenn er es nie offen zugegeben hätte, gestand er sich selbst doch ehrlich, daß er keinen seiner Söhne so liebte wie dieses kleine Mädchen. Äußerlich glich sie ihm sehr, hatte große, tiefblaue Augen, und die langen blonden Zöpfe erinnerten ihn an Hyld in dem Alter, waren nur einen Ton dunkler, eben von exakt der gleichen Farbe wie seine Haare. Doch sie hatte nicht nur den scharfen Verstand, sondern auch das sanftmütige, großzügige Naturell ihrer Mutter geerbt, und darum machte er sich keine Gedanken, daß die allzu große Nachsicht, mit der die ganze Welt ihr begegnete, sie verderben könnte. Jedes Mitglied seines Haushaltes, vor allem aber seiner Familie, vergötterte Matilda. Seit es sie gab, hatte Ælfric alle Ressentiments, die er seinen ehelichen Geschwistern gegenüber je gehegt haben mochte, stillschweigend begraben, Wulfnoth hatte seine scheinbar so unüberwindliche Scheu vor der Welt abgelegt, je mehr er in die Rolle des großen Beschützerbruders hineingewachsen war, und Richard, der nur ein gutes Jahr älter war als seine fünfjährige Schwester, war ihr glühendster Verehrer und verläßlicher Komplize in allem, was sie ausheckte.
    »Wo ist dein Bruder, hm?« fragte Cædmon, während er mit der Schulter die Tür aufstieß und die Halle betrat.
    »Bei Bruder Oswald«, klärte sie ihn auf. »Er muß doch jetzt lesen lernen.«
    Cædmon nickte zerstreut und sah sich ein wenig entsetzt in seiner Halle um. Es wimmelte von Menschen. Dichtgedrängt saßen sie auf den Bänken, selbst die zusätzlich aufgestellten Tische boten nicht genug Platz. In Gruppen hockten die Leute auf Decken im Stroh, Kinder tobten, Säuglinge plärrten, Hunde bellten, und es herrschte ein wahrhaft babylonisches Stimmengewirr.
    »Du lieber Himmel …«, murmelte

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