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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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und sie steckten die Köpfe zusammen.
    Cædmon wandte sich an seinen Ältesten, der die ganze Szene aus der vorderen Zuschauerreihe verfolgt hatte. »Gut gemacht, Ælfric.«
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte der junge Mann niedergedrückt. »Ich hätte das gleiche tun können wie du. Aber als sie Alfred überwältigten, dachte ich, sie würden ihn töten.«
    »Das hätten sie auch getan. Und dich vielleicht auch. Ich weiß, daß du gut und schnell bist, aber für solches Gelichter braucht man ein bißchen mehr Erfahrung als du hast.«
    Ælfric nickte mit einem etwas gedämpften Grinsen. »Vor allem hab ich keine solche Wurfhand wie du. Ich werde nie begreifen, wie du das machst.«
    Cædmon lachte leise. »Gönn mir meine kleinen Geheimnisse. Sieh nur, da sind Bruder Oswald und Richard.«
    Der Zuschauerring hatte sich aufgelöst, sobald die Vorstellung vorüber war, und so hatten der schmächtige Mönch und der kleine Junge keine Mühe, zu ihnen zu gelangen. Cædmon trat ihnen ein paar Schritte entgegen.
    »Richard!« Er hob seinen Erben hoch, küßte ihm die Stirn und stellte ihn wieder auf die Füße. Richard war, so wußte Cædmon, kein Freund von Gefühlsbekundungen in der Öffentlichkeit, ließ sich überhaupt nur von seiner Mutter und seiner Schwester freiwillig küssen, und auch das bloß, wenn niemand zusah. Er hatte keinen leichten Stand als jüngster Sohn des Thane, pochte bei jeder Gelegenheit auf seine Männlichkeit und konnte es nicht erwarten, endlich groß zu werden wie Ælfric und Wulfnoth.
    Er machte einen formvollendeten kleinen Diener vor seinem Vater, strich sich die Haare aus der Stirn und strahlte ihn dann aus diesen bestürzend grünen Augen an. »Willkommen zu Hause, Vater.«
    »Danke, mein Junge.« Cædmon begrüßte auch Bruder Oswald und befragte Lehrer und Zögling nach ihrem Befinden.
    »Es könnte kaum besser sein«, erwiderte Oswald, legte Richard die Hand auf die Schulter und sah auf ihn hinab. »Nur mit den Buchstaben will es noch nicht so recht klappen, nicht wahr? Wir haben einen ausgesprochen wachen Verstand, aber wir treiben uns lieber am Fluß und im Wald herum.«
    Cædmon zwinkerte Richard verschwörerisch zu. »Offenbar kommst du in der Hinsicht mehr auf deinen Vater als auf deine Mutter.«
    Richard wechselte diplomatisch das Thema. »Ist Wulfnoth auch mit dir gekommen?«
    »Ja. Und Prinz Henry. Komm mit nach oben. Du auch, Oswald. Es gibt Neuigkeiten, zu denen ich gern deine Meinung hören würde.«
     
    Die Hundertschaft von Helmsby bestand aus Metcombe, Helmsby und einer Handvoll kleiner Weiler in der näheren Umgebung, und so waren fast alle Männer, die sich einmal im Monat zum Folcmot in Helmsby versammeln mußten, ohnehin schon dort. Die übrigen stellten sich im Laufe des Samstag morgen ein. Alle, die beim Gerichtstag nichts zu suchen hatten, schickte Cædmon aus der Halle. Er riet den Frauen und Kindern und Unfreien, sich warm anzuziehen und für die Dauer des Folcmot in die Kirche zu gehen, denn dort sei genug Platz für alle. Den einquartierten Söldnern riet er, im Dorf ja keinen Ärger zu machen. So saß er schließlich allein mit seiner Frau, seinem Steward, seinen älteren Söhnen und dem greisen Vater Cuthbert an der hohen Tafel in der Halle, und die freien Männer der Hundertschaft hockten auf den Bänken oder im Stroh.
    »Es ist ein harter Winter für uns alle«, sagte Cædmon, nachdem er die Versammlung begrüßt hatte, »und ich kann nicht versprechen, daß der Frühling viel besser wird. Unsere Scheunen und Geldbeutel sind fast leer, und ich weiß, daß viele von euch fürchten, daß die Vorräte nicht über den Winter reichen. In solchen Zeiten gedeihen Neid und Mißgunst leider besonders gut, und ich appelliere an euch alle, euch des göttlichen Gebots der Nächstenliebe zu erinnern und dieses Folcmot vorläufig mit kleinlichen Nachbarschaftstreitigkeiten zu verschonen, denn wir haben genug ernste Sorgen. Und noch ein Gebot möchte ich euch in Erinnerung rufen: Du sollst nicht stehlen. Der Steward und ich sind uns einig, daß Diebstahl in schlechten Zeiten wie diesen noch unverzeihlicher ist als sonst, und darum wird jede hier verhandelte Aneignung fremden Eigentums bis auf weiteres als schwerer Diebstahl betrachtet. Das heißt, der überführte Dieb kommt nicht mit Rückgabe des Diebesgutes oder Zahlung einer Entschädigung davon, sondern wird dem Sheriff und dem Gericht der Grafschaft überstellt. Ich nehme an, damit seid ihr alle einverstanden.«
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