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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Guillaume de Warenne, Robert de Beaumont«, begann Henry aufzuzählen, und auf einen wortlosen, aber mörderischen Blick seines Vaters hin erhob er sich und ging zum Ausgang, wobei er unbeirrt fortfuhr: »Ralph Baynard, de Mandeville, Cædmon of Helmsby, Lucien de Ponthieu, der Erzbischof von York, der Bischof von Durham, der Earl of …« Seine Stimme verhallte, und in der unangenehmen Stille, die in der Halle zurückblieb, tauschten Cædmon und Aliesa ein sehr verstohlenes Lächeln.
    »Sire, wenn Ihr das Vertrauen in die Ergebenheit Eurer Vasallen verloren habt, gebt ihnen Gelegenheit, ihren Eid zu erneuern«, bat der Bischof. Henrys unerschrockener Widerstand hatte ihm offenbar geholfen, sein fettgepolstertes Rückgrat wiederzufinden, aber das Mißtrauen, welches der König pauschal gegen seinen Adel ausgesprochen hatte, schien ihn wirklich zu erschüttern.
    William schnaubte und schob seine Eintopfschale unberührt von sich weg. »Wie stellt Ihr Euch das vor?«
    Der Bischof zuckte die Schultern. »Nichts leichter als das. Ruft sie alle zu Eurem nächsten Hof zusammen.«
    »Der nächste Hof ist aber leider erst zu Weihnachten, Monseigneur, und das Fest gedenke ich dieses Jahr in der Normandie zu begehen.« »Dann beruft einen außerplanmäßigen Hof ein, ehe Ihr auf den Kontinent geht.« Plötzlich kam dem Bischof ein Gedanke, und seine Augen leuchteten auf. »Erweist mir die Ehre und haltet Hof in Sarum, Sire. Laßt meine Stadt der Schauplatz des neuen, unverbrüchlichen Treueids all Eurer englischen Vasallen sein!«
    Das mürrische Gesicht des Königs hellte sich plötzlich auf. »Das scheint mir eine ganz wunderbare Idee zu sein, Monseigneur. Und ich weiß Eure Einladung wirklich zu schätzen. Ihr ahnt ja nicht, welche Summen drei Hoffeste pro Jahr verschlingen.«
    Der Bischof starrte ihn mit offenem Mund an, vollkommen überrumpelt. Natürlich hatte er mit seinem Vorschlag nicht sagen wollen, daß er die horrenden Kosten einer solchen Versammlung übernehmen wollte. Plötzlich bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn, aber noch ehe er auf eine Erwiderung sinnen konnte, ehe er auch nur ganz begriffen hatte, daß er auf schamlose Weise in eine Falle gelockt worden war, kam der jüngste der Prinzen im Laufschritt zurück in die Halle. »Henry, das ist ganz und gar unentschuldbar!« donnerte der König, und Cædmon fragte sich, wer außer ihm erkannte, wie ratlos das Verhalten seines Jüngsten den König machte, wie sehr es ihm imponierte.
    Henry hob die Rechte und schnitt dem König beinah das Wort ab. »Ich weiß, Sire, aber meine Neuigkeiten sind so gut, daß ich hoffe, Ihr werdet mir noch ein letztes Mal vergeben.«
    William preßte die Lippen zusammen und verschränkte die Arme. »Darauf rechne lieber nicht. Ich höre.«
    »Ein Bote aus Canterbury ist gerade eingetroffen«, begann Henry. »Der Erzbischof hat Nachricht von einem seiner … Nachrichtensammler aus Dänemark bekommen. König Knut ist tot, Vater.«
    William sprang wie fast jeder andere in der Halle von seinem Platz auf. »Ist das sicher?«
    Henry nickte. »Es ist keine schöne Geschichte. Wäre es nicht eine solch glückliche Fügung für England, gäbe sie wirklich keinen Anlaß zur Freude. Der König von Dänemark wurde von seinen Widersachernverraten und gefangengenommen und in die Stadt Odense gebracht. Und in der dortigen Kirche wurde er ermordet.«
    Es gab einen kleinen Aufruhr in der Halle. Die Menschen redeten aufgeregt durcheinander. Nicht nur der König bekreuzigte sich und erbat Gottes Gnade für den gemeuchelten Herrscher der gefürchteten Dänen, doch genau wie alle anderen empfand er vor allem Erleichterung. Lächelnd legte er seinem Jüngsten die Hände auf die Wangen und küßte ihm zum Zeichen seiner Vergebung die Stirn. »Gottes Wege sind wahrhaftig unerforschlich, Henry. Aber wir sollten ihm danken, daß er diese Gefahr von uns abgewendet hat, und mit neuer Entschlossenheit und zum Preise seines Namens wollen wir uns all den anderen stellen, die noch auf uns warten.«
    Darauf erhoben alle gern ihre Becher. Plötzlich war die Stimmung in der Halle gelöst, beinah euphorisch. Nur Eadwig hatte den Kopf gesenkt und weinte um den König von Dänemark.
Helmsby, August 1086
    Während der Gewitter der letzten Nächte hatten sich große Pfützen im Innenhof der Burg gebildet. Doch das Gras war und blieb verbrannt. Jetzt nach dem Regen hatte es eine dunkle, bräunliche Farbe angenommen und verströmte einen betörenden Duft, wie von

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