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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Bachbett.
    »Cædmon of Helmsby?«
    »Ja?«
    Der Blick der dunklen Augen glitt abschätzend an seiner Erscheinung auf und ab. Dann winkte der Mann. »Mein Name ist Jehan de Bellême. Von heute an stehst du in meiner Obhut.«
    Cædmon fand in dieser Eröffnung wenig Tröstliches. Er sah hilfesuchend zu Wulfnoth, der sich langsam erhoben hatte. »Aber wieso …« Der Kahlköpfige hob abwehrend die Linke. »Das weiß ich nicht, Wulfnoth. Es tut mir leid, daß ich Euch der Gesellschaft Eures Landsmannes beraube, wirklich. Aber ich kann’s nicht ändern. Komm mit mir, Junge.« Cædmon stand auf und reichte Wulfnoth die Laute. »Was … wollt Ihr von mir?« fragte er unsicher.
    »Ich will einen Krieger aus dir machen.«
    Wulfnoth sank mit hängenden Schultern zurück auf seinen Hocker. »Geh nur, Cædmon. Komm wieder, wann immer du kannst.«
    Cædmon sah verständnislos von ihm zu Jehan. »Aber …« Er schüttelte den Kopf. »Wer immer Euch das aufgetragen hat, hat wohl vergessen zu erwähnen, daß ich ein Krüppel bin.«
    Auf dem narbigen Gesicht breitete sich ein fast hämisches Grinsen aus. »Das wird dich nicht vor mir retten, Söhnchen.«
     
    Jehan de Bellême war einer von Herzog Williams ältesten und treuesten Kampfgefährten. Als der siebenjährige William das Herzogtum von seinem Vater geerbt hatte und jeder Adlige der Normandie glaubte, die Stunde sei gekommen, da er die Macht an sich reißen könne, hatte Jehan unermüdlich über seinen jungen Herrn gewacht, hatte ihn vor zwei hinterhältigen Anschlägen bewahrt und ihn schließlich, als es in Rouen für den Jungen zu gefährlich wurde, bei Nacht und Nebel fortgebracht, auf dem Hof einfacher Bauern versteckt und ihn später wohlbehalten bei seiner Mutter in Falaise abgeliefert. Als William mit siebzehn begonnen hatte, sich die Macht in seinem Reich zu erkämpfen, stand Jehan ihm wiederum zur Seite.
    Inzwischen war er zu alt und auch zu oft verwundet worden, um noch weiter mit in den Krieg zu ziehen, doch eignete er sich hervorragend für die Aufgabe, die der Herzog ihm statt dessen übertragen hatte: Jehan war ein leuchtendes Vorbild, ein hervorragender Lehrer und ein gnadenloser Schleifer.
    »Ich weiß nicht, wie ihr barbarischen Angelsachsen dort drüben in eurem nebligen Inselreich es haltet, aber hier in der christlichen, zivilisierten Welt kämpfen Ritter zu Pferd«, eröffnete er Cædmon, als sie in den Hof hinaustraten. Der Himmel über Rouen hatte sich zugezogen, und der Morgen war kühl.
    »Wir Barbaren reiten zum Schlachtfeld, sitzen dann aber ab und kämpfenzu Fuß«, klärte Cædmon ihn auf. »Vermutlich weil unsere treuesten Feinde, die Dänen, immer mit Schiffen kommen und selten Pferde mitbringen. Es wäre also unfair.«
    Jehan blieb stehen, sah ihn scharf an und stemmte die Hände in die Seiten. Niemand hätte ahnen können, daß er nur mit Mühe ein Lächeln unterdrückte. »Na schön. Ich merke, du hältst dich für einen Schlaukopf. Aber von jetzt an machst du das Maul nur noch auf, wenn du gefragt wirst. Ist das klar?«
    Cædmon nickte langsam. »Völlig.«
    Was blieb ihm schon übrig. Harold hatte ihn zurückgelassen wie einen lahmen Gaul, Wulfnoth besaß hier keinerlei Autorität, und weil vermutlich niemand wußte, was man mit ihm anfangen sollte, steckte man ihn zu den anderen jungen Burschen auf der Burg. Er konnte sich fügen oder schon wieder ausreißen, um irgendwie nach England und nach Helmsby zurückzukehren. Aber dann würde sein Vater ihm die Hölle auf Erden bereiten, weil er in Schande heimkäme. Also konnte er ebensogut bleiben, selbst wenn, was er durchaus für möglich hielt, Jehan de Bellême nicht viel besser war als die Hölle.
    »Kannst du reiten?« fragte Jehan.
    »Ja.«
    »Gut?«
    »Ich denke schon.«
    »Ein Schwert führen?«
    »Leidlich.«
    »Eine Lanze?«
    Cædmon schüttelte den Kopf.
    Jehan brummte. »Hm. Na schön.« Er ruckte sein Kinn Richtung Burg. Aus dem Tor kam eilig eine Schar junger Burschen, die Cædmon als diejenigen wiedererkannte, deren Quartier er in der ersten Nacht hier geteilt hatte.
    Sie überquerten die Wiese, nahmen in einer halbwegs ordentlichen Reihe vor Jehan Aufstellung und erwiderten seinen Gruß höflich. Jehan führte Cædmon zum linken Ende der Reihe und sagte: »Siehst du, Lucien, so schnell kann es gehen. Jetzt bist du nicht mehr der neueste in diesem traurigen Haufen.«
    Lucien de Ponthieu nickte mit ausdrucksloser Miene und sah zu Boden, als Cædmon sich zögernd neben ihn

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